FINANZEN UND TECHNIK

Sprachassistenten stoßen auf Skepsis

Alexa und Co. erobern das Bankgeschäft - Datenschutzrisiken schrecken jedoch auch viele junge Nutzer ab

Sprachassistenten stoßen auf Skepsis

Im Zuge von Kosteneinsparungen und Personalabbau greifen Unternehmen und Banken immer öfter auch in der Kommunikation mit Kunden zu digitalen Alternativen. Sprachassistenten wie etwa Amazons Alexa sollen ständige Verfügbarkeit garantieren. Doch die smarten kleinen Helfer bergen Risiken – vor allem im Datenschutz.Von Carina Iris Kautz, FrankfurtDie Digitalisierungswelle von Alltag und Berufsleben ist noch lange nicht an ihrem Ende angekommen: Auf dem Weg zum umstrittenen Langzeitziel “künstliche Intelligenz” lautet der aktuellste Zwischenstopp “Chatbots”. Diese “chattenden Roboter” standen Nutzern bislang via Textnachrichten Rede und Antwort – nun können sie auch noch zuhören und sprechen.”Digitale Sprachassistenten” lautet das Zauberwort, und sie erobern zunehmend die Kommunikation zu Hause und am Arbeitsplatz. Ganz vorn mit dabei: Alexa, die Frauenstimme im “Amazon Echo”, einem zumeist zylinderförmigen Lautsprecher-Mikrofon-Mix etwa in der Größe einer Konservendose, der immer öfter auf heimischen Couchtischen zu finden ist – und schon bald auch in Autos von BMW und Seat. Größter Rivale ist “Google Now”, die smarte Variante der Alphabet-Tochter. Aber auch Cortana, die Windows-Assistentin, kann Nutzern “mündlich” Auskunft geben. Das Internet der Dinge macht es möglich, das eigene Heim smart zu vernetzen, und bequem ist es allemal. Da scheint es nur naheliegend, dass auch immer mehr Unternehmen und Banken sich dem Trend zur Roboterisierung des Dialogs anschließen.Kürzlich wurde bekannt, dass die Sparkassen derzeit an der Einführung eines “Alexa-Skill” arbeiten. In einer Stellungnahme der IT-Dienstleister Finanz Informatik und Star Finanz heißt es, man sei “überzeugt, dass Voice Banking insbesondere für Standardfunktionen zukünftig an Bedeutung gewinnen wird”. Die erste Stufe sei der Abruf von Kontoständen und Umsätzen mittels Sprachbefehl. Der zweite Schritt, die Überweisung von “Kleinstbeträgen”, solle noch in diesem Jahr mit ausgewählten Sparkassen erprobt werden. Abfragen von Kurs- und Depotinformationen könnten bald folgen.Die neuen Möglichkeiten werfen jedoch auch Fragen auf: Knapp die Hälfte der Befragten gibt in einer Studie des Hamburger Marktforschungsinstituts Fittkau & Maaß Consulting an, der Nutzung digitaler Sprachassistenten aufgrund von Datenschutzbedenken eher skeptisch gegenüberzustehen. Das Überraschende: Gerade junge Menschen im Alter bis 30 Jahre, die “Generation Y”, sehen das Thema kritisch. 54 % der Befragten begründen dies damit, sie würden sich bei entsprechender Nutzung “immer beobachtet oder belauscht” fühlen. Bei der Personengruppe zwischen 30 und 49 Jahren denkt dies immer noch die Hälfte; hingegen ist es bei den über 50-Jährigen nur etwas mehr als ein Drittel. Eine virtuelle Beratung via Chatbot oder Sprachassistent würden insgesamt nur 3,5 % der befragten Nutzer bevorzugen, 60 % sprachen sich dagegen aus. Die Umfrage wurde unter rund 61 600 deutschsprachigen Internetnutzern durchgeführt. “Dauerüberwachung” drohtPrinzipiell ist der Einsatz von Chatbots durch Unternehmen keine ganz neue Entwicklung: Vor allem im Kundenservice bieten sich diese kostensparenden Alternativen zur schriftlichen Vorsortierung von Nutzeranliegen an, um geschulte Mitarbeiter bei “anspruchsvolleren” Aufgaben einzusetzen. Weitgehend neu ist jedoch der Einsatz via Sprachsteuerung.Die Behörde BfDI (Bundesbeauftragte für Datenschutz und die Informationsfreiheit) geht mit Sprachassistenten hart ins Gericht und spricht von “Dauerüberwachung”: “Intelligente Sprachassistenten, die ihre Umgebung ständig ,belauschen`, sind aus Sicht des Datenschutzes kritisch zu bewerten”, kommentiert ein Sprecher der BfDI die zunehmende Popularität von Alexa und Co. Schließlich sei oft nicht ausreichend nachvollziehbar, “wie, in welchem Umfang und wo die erfassten Informationen verarbeitet werden und für wie lange die Daten gespeichert werden.” Vor allem mit Blick auf aktuelle Sicherheitslücken vieler Internetdienste lasse sich die Datensicherheit nicht zu 100 % garantieren, heißt es in einem Statement. Nutzer sollten “sorgsam abwägen, ob die praktischen Vorteile eines digitalen Assistenten die mögliche Rund-um-die-Uhr-Überwachung ihrer Privatsphäre rechtfertigen”. Solche Daten könnten etwa von Unternehmen zu Nutzerprofilen für die Marktforschung zusammengestellt werden – ganz abgesehen davon, dass Sprachassistenten für bequemeres Online-Shopping mitunter Zugriff auf Zahlungsdaten haben. Chatbots im Alltag unbekanntEs dürfte jedoch noch etwas dauern, bis der alltägliche Umgang mit Chatbots in der deutschen Bevölkerung angekommen ist. Eine Studie der Neuen Mediengesellschaft Ulm kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Mehrheit der Deutschen künftig nicht über Chatbots kommunizieren möchte. Demnach lehnen mehr als 70 % der befragten 1 300 deutschen Internetnutzer im Alter ab 18 Jahren diese Assistenten kategorisch ab. Auch beim niedrigsten Wert, dem der unter 30-Jährigen, sind es noch mehr als die Hälfte. Allerdings spielt hierbei auch eine geringe Wahrnehmung der Chatbots im Alltag eine Rolle: Der Umfrage zufolge können rund 46 % der Befragten mit dem Begriff noch überhaupt nichts anfangen. Ein Drittel glaubt dennoch, dass Chatbots sich langfristig durchsetzen werden – unter denjenigen, die nicht daran glauben, sehen jedoch nur 15 % die Ursache in Datenschutzproblemen.Um sicherzustellen, dass Banking- oder Zugangsdaten nach Einführung des Alexa-Skill eben nicht, wie von der BfDI befürchtet, bei Amazon gespeichert werden, legen die Sparkassen Wert darauf, dass die Registrierung in der hauseigenen Internet-Filiale erfolgt, wie es vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) heißt. Dabei solle jeder Kunde selbst festlegen können, welche Alexa-Funktionen er zulassen will. Dies gelte auch im Falle der “perspektivisch angedachten” Implementierung anderer Sprachassistenten.Die Comdirect bietet schon länger die Abfrage von Börsenkursen und News zu börsennotierten Unternehmen über Alexa an; neuerdings erweitert um visuelle Funktionen, wiederum auf Basis einer Amazon Echo-Variante. Dies seien aber “für sich genommen keine persönlichen Daten, die dem Datenschutz unterliegen”, erklärt eine Sprecherin der Commerzbank-Tochter. “Wir wissen auch gar nicht, welche Personen den Alexa-Skill nutzen.”Vom nächsten Schritt, dem der Sprechererkennung, ist man zurzeit noch ein gutes Stück entfernt. Eine elektronische Stimm-Autorisierung wäre die Basis für eine unmittelbare Befehlsauslösung – birgt jedoch wiederum neue Datenschutzrisiken.