Staatliches Vetorecht bei Übernahmen schadet Deutschland

Der Investitionsstandort Deutschland würde weltweit an Attraktivität einbüßen

Staatliches Vetorecht bei Übernahmen schadet Deutschland

Prof. Dr. Christoph von Einem und Dr. Jörn-Christian SchulzePartner bei ARQIS RechtsanwälteDer Betonpumpenhersteller Putzmeister, der Autozulieferer Saargummi oder der TV-Produzent Metz: Bislang griffen Chinesen vornehmlich bei deutschen Traditionsfirmen aus dem Mittelstand zu. Nicht selten nutzten sie günstige Kaufgelegenheiten und sicherten hiesige Arbeitsplätze bei kriselnden Firmen. Doch die Vorbehalte gegen Investoren aus dem Reich der Mitte sind geblieben und verstärken sich in den letzten Monaten. Die öffentliche Debatte erreichte ihren vorläufigen Höhepunkt, als der chinesische Konzern Midea für 4,3 Mrd. Euro den Roboterhersteller Kuka übernahm und sich dadurch das Know-how der Augsburger sicherte. Die Wende in der chinesischen Einkaufspolitik löst Angst vor einem Ausverkauf deutscher Technologie aus. Das Bundeswirtschaftsministerium will Medienberichten zufolge nun Hightech-Unternehmen der deutschen Wirtschaft vor dem Zugriff von Unternehmen aus dem nichteuropäischen Ausland schützen. Ein Eckpunkte-Papier sieht Verbotsrechte der EU und der nationalen Regierungen vor, insbesondere wenn ein Käufer die Grenze zur Sperrminorität erreicht und/oder Staatsunternehmen die Finger im Spiel haben.Der deutsche Staat kann allerdings bereits auf Grundlage des Außenwirtschaftsgesetzes Transaktionen untersagen, die die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden. In der Regel sucht die Regierung Deals aus der öffentlichen Daseinsvorsorge oder Rüstungsindustrie zur Prüfung aus. Zudem können Unternehmen selbst eine Unbedenklichkeitsbescheinigung beantragen. Es sind genau diese Anträge, die das Wirtschaftsministerium aktuell nutzt, um den Verkauf des Chipanlagenbauers Aixtron und des klassischen Lampengeschäfts von Osram nach China genau zu prüfen. Spannend dürften der Umfang und die Begründung eines Vetorechts sein, das über die heutige Rechtslage hinausgehen soll. Dieses wird auf die Vereinbarkeit mit EU-Recht, internationalen Verträgen und dem Verfassungsrecht zu überprüfen sein. Industrielles Know-how gehört schließlich den Unternehmensaktionären, und wenn sie es gegen das beste Geldangebot tauschen wollen, muss das in einer freien Marktwirtschaft möglich sein. Nicht zu unterschätzen ist, dass mit einem protektionistischen Verstoß pauschal alle ausländischen Investoren vor den Kopf gestoßen werden – einschließlich der Briten nach deren Austritt aus der EU. Private-Equity-Unternehmen aus London investieren enorm viel Geld in den deutschen Markt und sehen sich ebenfalls ständig Vorwürfen zu ihren Absichten ausgesetzt. Es ist vorstellbar, dass bestimmte Interessengruppen auch hier das Vetorecht bemühen würden. Der Investitionsstandort Deutschland würde weltweit an Attraktivität einbüßen. Schließlich will sich die Bundesregierung eines Instruments bedienen, das andere Länder bewusst zur Abschottung ihrer Industrie nutzen. Besser wäre es, wenn sie sich über internationale Handelsabkommen (Ceta u. a.) oder den G7/8- bzw. G 20-Prozess dafür einsetzen würde, dass Länder wie China und Indien ihre eigenen protektionistischen Hürden umgehend beseitigen. Dabei ist der Verkauf nach China, Japan oder Indien zugegeben oft die einzige Möglichkeit für viele deutsche Unternehmen, um wettbewerbsfähig zu bleiben und den Anschluss an die Globalisierung zu erhalten. Ausländische Unternehmen können auch nur deswegen zugreifen, weil das Interesse der europäischen Unternehmen nicht stark genug ist oder die fortschrittlicheren Wettbewerber gar nicht hier ansässig sind. Eine Förderung der hiesigen Wirtschaft und Forschung ist also dringender gefragt als ein Protektionismuswettlauf.