Stabil durch die Coronakrise und wieder hinaus
Dr. Ulrich NetzerPräsident des Sparkassenverbands BayernSchon wenige Tage nach den abrupten Einschränkungen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens im März war für die ersten Mittelständler das Ausmaß des heraufziehenden wirtschaftlichen Dramas spürbar: Wer ein Geschäftsmodell pflegt, das nah an Menschen ausgerichtet ist, braucht bald Beistand. Als Hotelbesitzer, Restaurantbetreiber oder Konzertveranstalter stand rasch die Frage nach Liquiditätshilfen im Raum. Wohin wendet sich ein Hoteliersehepaar, das nicht mehr mit Gästen schäkert, kein Abendessen mehr serviert und auch keinen Roomservice mehr organisieren muss? Exemplarisch für viele haben diese Kunden einer bayerischen Sparkasse erkannt: Letztlich bleibt als verlässlicher Partner die Hausbank, ihre Sparkasse, mit der man schon lang zusammenarbeitet. Denn hier werden bei Umsatzeinbrüchen Kontokorrentlinien ausgedehnt, Kredite erweitert, Konditionen verhandelt – passend zu den Erfordernissen, die sich akut stellen, und Zeit bleibt nicht viel. Viele haben da ihre gute Beziehung zu ihrer Hausbank neu schätzen gelernt – zu einer Bank, die bereits weiß, wer ihr gegenübersteht und was er unter normalen Umständen leistet.Die Sparkassen sehen sich nicht nur als Kreditgeber, sondern als Begleiter ihrer mittelständischen Kunden in allen Finanzthemen. In den Krisenmonaten wie auch für die Zukunft geht es uns daher als Hausbanken darum, mit Orts- und Branchenkenntnis den richtigen Finanzierungsmix für Liquiditäts- und Investitionsbedürfnisse des Mittelstands zusammenzustellen. In den akuten Monaten bis zum Oktober haben die bayerischen Sparkassen dann auch insgesamt über 1,8 Mrd. Euro Förderdarlehen von Förderbanken weitergereicht. Im gleichen Zeitraum verzeichnen sie aber auch über 13 Mrd. Euro Kreditneugeschäft, das sind fast 25 % mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum. Das Rückgrat der Fremdfinanzierung ist also der Sparkassenkredit selbst. Das heißt: Sparkassen nehmen damit den größten Risikoanteil in die eigenen Bücher.Sehr viele mittelständische Betriebe erfahren allerdings gar keinen strikten Liquiditätsengpass, sie verzögern aber Investitionen. Eine differenzierte Betrachtung nach Branchen tut also not: Wie stark sind die Umsatzeinbrüche und wie schnell ist eine Erholung zu erwarten? Wir erwarten Kreditausfälle – Wertberichtigungen und Bonitätsverschlechterungen. In der Sparkassenorganisation haben wir für die Banksteuerung ein Coronaszenario entwickelt und darin die Prognose des Umsatzwachstums 2020 für rund 70 Einzelbranchen eingewertet. Dabei zeigt sich, dass die bayerischen Sparkassen im Durchschnitt gut risikodiversifiziert sind. Umsatzeinbußen bis 48 % erfahren lediglich 6 % unserer Kreditengagements. Gut die Hälfte davon kommt aus den schwierigen Branchen Beherbergung und Gastronomie. Im Vergleich dazu haben wir die Top-Wachstumsbranchen mit mehr als 15 % unseres gewerblichen Krediengagements finanziert.Jetzt geht es darum, die wirtschaftliche Genesung zu unterstützen und den unabwendbaren Strukturwandel zu bewältigen. Kreditwirtschaft und Mittelstand müssen umrüsten, auch angesichts der Gefahr, dass sich eine länger anhaltende Krise der Realwirtschaft zur Finanzkrise auswächst. Daher ist es gerade jetzt als Hausbanken unser Anliegen und auch unser Auftrag, die Unternehmen bei ihrer Eigenkapitalstärkung zu unterstützen, damit sie resilienter werden. Dabei bauen wir darauf, dass jüngste regulatorische Erleichterungen, die uns mehr Flexibilität erlauben, auch weiterhin beibehalten werden. So werden wir auch in Zukunft eine wirksame Stütze für die bayerische Wirtschaft bleiben.