Stärkung des Geschäfts in Osteuropa
mic München
Die Allianz hat sich in einem Bieterwettkampf in Polen gegen den italienischen Konkurrenten Generali und den niederländischen Wettbewerber NN durchgesetzt. Sie übernimmt von der britischen Aviva deren Lebens- und Sachversicherungsgeschäft sowie die Pensions- und Vermögensverwaltung. Darüber hinaus erwirbt sie jeweils 51% an den Bancassurance-Joint-Ventures von Aviva mit Santander in der polnischen Lebens- sowie in der Schaden- und Unfallversicherung.
Der Kaufpreis beträgt 2,7 Mrd. Euro. Allerdings ist davon eine Dividende von 0,2 Mrd. Euro abzuziehen, die die Aviva-Landesgesellschaft auf Druck der Aufsicht bisher nicht ausschütten konnte, so dass der Transaktionswert auf 2,5 Mrd. Euro sinkt.
Allianz-Vorstandschef Oliver Bäte wertete den Zukauf als Fortsetzung der Wachstumsstrategie in der Region. Die Allianz erwartet in den Jahren 2025 bis 2035 ein durchschnittliches jährliches Wachstum im polnischen Geschäft mit biometrischen Risiken von 8%. Auch aus Sicht von Klaus-Peter Röhler, der im Allianz-Vorstand unter anderem die CEE-Region verantwortet, soll der Zukauf das Wachstum in Polen wieder ankurbeln. Er bewirke zudem einen Skaleneffekt in der gesamten mittel- und osteuropäischen Region.
Die Allianz erwirtschaftete in den Jahren 2015 bis 2020 ein durchschnittliches Gewinnwachstum von 10,5% in ihrem Versicherungsgeschäft in Mittel- und Osteuropa. Zuletzt betrug das operative Ergebnis 661 Mill. Euro. Der Zukauf bringt zusätzlich 225 Mill. Euro ein, so dass pro forma im vergangenen Jahr 886 Mill. Euro erreicht wurden.
Region wird Schwergewicht
Damit befindet sich die Allianz auf Augenhöhe mit dem Konkurrenten Generali, der den Münchnern bisher die Rücklichter gezeigt hatte. Die Italiener kamen im vergangenen Jahr auf 913 Mill. Euro, rechneten allerdings Österreich und Russland ein.
Mit der Akquisition sei Mittel- und Osteuropa auf gutem Weg, zu einer der Schlüsselregionen der Gruppe werden, kommentierte die Allianz zudem. Das Geschäft erhält konzernintern eine neue Bedeutung, weil es in Schlagdistanz zu einem operativen Gewinn aus dem Versicherungsgeschäft in Höhe von 1 Mrd. Euro kommt. In dieser Liga spielen bisher Deutschland (2,4 Mrd. Euro im Jahr 2020), Italien (1,1 Mrd. Euro), Frankreich (1,0 Mrd. Euro) und die Vereinigten Staaten (0,9 Mrd. Euro allein aus der Lebensversicherung).
In Polen steigt die Allianz mit dem Zukauf zum fünftgrößten Versicherer des Landes auf. Aviva bringt einen Umsatz 2020 von gut 0,7 Mrd. Euro ein, so dass gemeinsam mit den bisherigen polnischen Allianz-Beitragseinnahmen (mehr als 0,5 Mrd. Euro) addiert rund 1,3 Mrd. Euro erlöst würden – die Differenz ist rundungsbedingt (siehe Grafik). Den operativen Gewinn der kombinierten Einheit gibt die Allianz mit gut 300 Mill. Euro an, davon 82 Mill. aus dem bisherigen Allianz-Geschäft. Die hohe Profitabilität von Aviva Polen speist sich aus einer Neugeschäftsmarge in der Lebensversicherung von mehr als 10% und einer Schaden-Kosten-Quote von rund 80% in der Sachversicherung.
Ungewöhnlicher Zukauf
Ein guter Teil der Aviva-Beitragseinnahmen stammt aus Lebensversicherungen. Den Zukauf von derlei Policen scheuen die Münchner wegen des Niedrigzinsumfelds und des Risikos alter Garantieversprechen gewöhnlich. In Polen würden jedoch schon seit langem nur biometrische Produkte wie Risikolebensversicherungen oder Krankenversicherungen verkauft, hieß es. 75% des Neugeschäft stammten aus diesem Produktspektrum, der Rest seien Lebensversicherungen ohne traditionelle Garantien.
Die Allianz erwartet einen Nettogewinn von Aviva Polen 2021 von rund 170 Mill. Euro. Sie will den Zukauf im ersten Quartal 2022 konsolidieren. Er soll den operativen Gewinn der Allianz anfangs um 2% und das Ergebnis pro Aktie nach Kaufpreiseffekten um 1% erhöhen. Die Einheit soll 1 Mrd. Euro Cash innerhalb von fünf Jahren generieren. Die Synergien werden mit netto 40 Mill. Euro angegeben. Im Jahr 2025 erwartet die Allianz ein operatives Ergebnis von rund 300 Mill. Euro und einen Nettogewinn von mehr als 200 Mill. Euro. Die Return on Investment (cash) soll im Jahr 2025 rund 8% betragen. Der Zukauf senkt die Solvenzquote um 6 Prozentpunkte.