Stärke in volatilen Marktphasen
Carl FoxLeiter Convertibles bei Union InvestmentNachdem historisch niedrige Volatilitäten das Jahr 2017 prägten, sind die Kapitalmärkte bereits Anfang 2018 kräftig durchgeschüttelt worden. Nach Rekordständen führten Inflationssorgen im Februar zu einem starken Kurssturz an den globalen Börsen. Der Vix, der die erwartete Schwankungsintensität des S&P-500-Index angibt, sprang an einem Tag von 17 auf 37 Indexzähler. Zum Vergleich: Der 200-Tage-Durchschnitt des Vix liegt bei etwa 14 Punkten. Der VDax, der die erwartete Schwankungsbreite des Dax wiedergibt, zeigte ein ähnliches Bild. Unter dem Strich unterstützt das Umfeld weiterhin eine höhere Volatilität – insbesondere getrieben durch die Verschärfungen beim Handelskonflikt. Denn es blieb von Seiten der USA nicht bei Zöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte aus China und auch anderen Regionen wie der Europäischen Union (EU), Mexiko und Kanada. Trump drohte zwischenzeitlich sogar damit, chinesische Waren im Wert von knapp einer halben Billion US-Dollar mit Zöllen zu belegen. Auch Abgaben auf EU-Autos ließ er prüfen. Auch wenn es zwischen den USA und der EU erste Anzeichen einer Entspannung gab, ist der Konflikt längst nicht ausgestanden – jeder Tweet kann die Lage weiter eskalieren lassen.Die Unsicherheit am Aktienmarkt bleibt somit hoch. Gleichzeitig sind die Renditen bei sicheren Anleihen nach wie vor mager. Eine zehnjährige Bundesanleihe rentiert derzeit bei 0,3%. Das stellt Investoren vor ein echtes Dilemma. Wandelanleihen, auch Convertibles genannt, konnten sich in diesem Umfeld gut behaupten. Insbesondere bei konservativen Anlegern sollten sie nicht im Multi-Asset-Portfolio fehlen.Bei Wandelanleihen handelt es sich um Unternehmensanleihen, die in einem fest definierten Verhältnis in der Regel in Aktien des Emittenten gewandelt werden können. Das Wertpapier besteht also strukturell aus einer festverzinslichen Schuldverschreibung, ergänzt um eine Kaufoption auf die Aktie desselben Unternehmens. Convertibles bieten damit zwei mögliche Ertragsquellen: die Kuponzahlungen der Anleihe sowie die Kursgewinne der Aktie.Bedingt durch diese Struktur weist die Anlageklasse eine weitere, besonders interessante Schlüsseleigenschaft auf, nämlich die Konvexität ihrer Preissensitivität auf die Entwicklung des Aktienmarktes. Das bedeutet: Convertibles partizipieren mittelfristig deutlich stärker an Aufschwüngen, als sie in Abschwüngen verlieren. In steigenden Aktienmärkten können Wandelanleihen durch die integrierte Kaufoption profitieren. In stark fallenden Aktienmärkten bieten sie durch ihren Anleihecharakter eine Art Schutzfunktion. Das Profil ist somit “konvex” und erklärt das langfristig attraktive Ertrags-Risiko-Verhältnis der Assetklasse. Anleger können mit dieser Assetklasse Mehrrendite und Risikokontrolle unter einen Hut bringen.Es empfiehlt sich deshalb, bereits bei der Selektion geeigneter Papiere darauf zu achten, dass die Anleihen eine gute Konvexität aufweisen. Es gilt, dezidiert die Struktur jedes Titels im Investmentuniversum zu analysieren. Wer dabei auf eine angemessene Aktienmarktsensitivität setzt, ist in Abwärtsphasen gut gewappnet. Sofern bei Einzelpapieren die erforderlichen Konvexitäten am Markt nicht attraktiv sind, lassen sich diese synthetisch nachbilden. Das bedeutet, dass eine Anleihe mit einer Call-Option auf die entsprechende Aktie kombiniert wird. Auf diese Weise kann man bei Bedarf auch andere Parameter wie Bonität, Liquidität oder Zinssensitivität maßgeschneidert herstellen.Die Eigenschaft der Konvexität hat sich im Verlauf des Jahres 2018 bewährt. Zwar bekam auch das Wandelanleihe-Marktsegment die zunehmende Risikoaversion zu spüren. Während der MSCI World Index beispielsweise im Abverkauf Anfang Februar rund 7% verlor, konnte sich der globale Wandelanleihe-Markt gemessen am Thomson Reuters Global Convertible Index mit einem Minus von rund 3% gut behaupten. Im ersten Halbjahr 2018 legte der globale Wandelanleihe-Index um 2,0% zu und entwickelte sich damit besser als der MSCI World (+0,25%). Haupttreiber dieser robusten Entwicklung des Wandelanleihe-Marktes waren US-Technologiewerte wie Palo Alto Networks und CitrixSystems.Wandelanleihen-Portfolios mit guter Konvexität sind mittelfristig weitgehend immun gegen Zinsänderungsrisiken, denn sie weisen nur eine negative oder geringe mittelfristige Korrelation zu klassischen Rentenpapieren auf – ein Vorteil im aktuellen Umfeld, in dem die Notenbanken auf einen strafferen geldpolitischen Kurs einschwenken. Die US-amerikanische Notenbank Federal Reserve bestreitet sukzessive den seit Ende 2015 begonnenen Zinserhöhungspfad. Seitdem hat sie bereits siebenmal den Leitzins angehoben. Parallel dazu verkürzt sie ihre auf mehr als 4 Bill. US-Dollar angeschwollene Bilanz. Und auch die Europäische Zentralbank hat im Juni das Auslaufen des Anleihekaufprogramms für das Jahresende 2018 angekündigt. Selbst wenn eine erste Zinserhöhung wohl erst im Herbst 2019 auf den Plan tritt, ist die geldpolitische Wende auch hierzulande eingeläutet.Hinzu kommt, dass die wieder höhere Volatilität für Wandelanleihen mittelfristig tendenziell von Vorteil ist, weil die in den Papieren enthaltene Call-Option dadurch im Wert steigt. Und das Umfeld dürfte schwankungsintensiv bleiben – schauen wir auf den schwelenden Handelskonflikt der USA mit dem Rest der Welt. Auch die geopolitischen Risiken in Syrien und dem Nahen Osten bergen Explosionsgefahr. In Europa dürften die Brexit-Verhandlungen sowie die neue Regierung in Italien für Unruhe sorgen.Dass sich die Volatilität weiter auf erhöhten Niveaus bewegen dürfte, spiegeln die Wandelanleihe-Kurse noch nicht vollständig wider. Daneben haben auch die Konsolidierung an den Aktienmärkten und eine starke Neuemissionstätigkeit dafür gesorgt, dass die Bewertung von Wandelanleihen wieder ein faires bis günstiges Niveau erreicht hat. Aus regionaler Sicht sind derzeit vor allem Japan und die übrigen asiatischen Wandelanleihe-Märkte günstig. Europa weist seit einiger Zeit zum ersten Mal ebenfalls ein attraktives Niveau auf, wohingegen die USA schon seit einer Weile etwas höher bewertet sind, worin sich auch das höhere Gewicht der Tech-Titel ausdrückt.Durch die gestiegenen Anleiherenditen in den USA sind Wandelanleihen als Finanzierungsinstrument für Unternehmen attraktiver geworden. Angesichts des globalen Marktvolumens von über 400 Mrd. US-Dollar sowie jährlicher Neuemissionen von rund 90 Mrd. US-Dollar ist die Größe längst für institutionelle Investoren ausreichend. Gerade in diesem Jahr sind die Neuemissionen am Convertibles-Markt in die Höhe geschnellt. Im ersten Halbjahr 2018 wurden beispielsweise in den Vereinigten Staaten 30% mehr Papiere emittiert als im Vorjahr. Da die Zinsen in den USA weiter moderat ansteigen sollten, wird die Wandelanleihe-Emission für US-Unternehmen attraktiv bleiben. Dies sollte dafür sorgen, dass es in den kommenden Monaten ebenfalls zu einem großen Mehrangebot kommen dürfte. Diese Marktbreite sorgt auch dafür, dass es möglich ist, Wandelanleihe-Portfolios weiter zu spezialisieren, zum Beispiel durch die Umsetzung nachhaltiger Strategien. Bereits seit 2014 bieten wir ein nachhaltiges Wandelanleihe-Portfolio an. Der Auswahlprozess der Papiere folgt einem systematischen Nachhaltigkeitsansatz und berücksichtigt ethische, soziale und ökologische Kriterien.Bisher konnte die Assetklasse die Widrigkeiten am Kapitalmarkt gut abfedern. Wie geht es weiter? Auch nach vorn gerichtet dürften Wandelanleihen ihre Vorteile ausspielen. Da die Aktie der Haupteinflussfaktor für den globalen Wandelanleihe-Markt ist, gilt generell: Alles, was die Aktienmärkte bewegt, findet auch seinen Niederschlag am Wandelanleihe-Markt, wenn auch mit veränderter Wucht. Klar ist, dass das Mehrangebot die Kurse belasten sollte und dass der sich verschärfende Handelskonflikt sowie die geopolitischen Risiken auch die Convertibles unter Druck setzen könnten. Daneben würde ein ausgewachsener Handelskrieg die Technologiewerte in den USA hart treffen. Das hätte entsprechende Implikationen, da diese Konzerne den wichtigsten Sektor im US-Wandelanleihe-Markt darstellen. Gleichzeitig lässt die erhöhte Volatilität aber die integrierte Kaufoption im Wert steigen. Und Wandelanleihen bieten ein attraktives Bewertungslevel. Trumps Steuerreform sowie das Infrastrukturprogramm, das noch im Köcher ist, könnten sich zudem positiv auf die Kurse auswirken. Genau wie die robusten Unternehmensgewinne, die in der Berichtssaison vermeldet worden sind. Auch wenn einige Risiken lauern, dürften die Chancen in den kommenden Monaten überwiegen und der Assetklasse Auftrieb verleihen. Gerade in einem schwankungsreicheren Umfeld wird sich die Konvexität der Wandelanleihen weiter bewähren können.