Statt Negativzinsen höhere Gebühren in Italien
bl Mailand – Als die italienische Großbank Unicredit unlängst angekündigt hat, von 2020 an für Einlagen von mehr als 1 Mill. Euro auf Kontokorrentkonten Negativzinsen zu verlangen, hat dies anders als erwartet bis jetzt keine Kettenreaktion ausgelöst. Die Mutter der HypoVereinsbank (HVB) bleibt mit diesen Plänen allein. Die Konkurrenz dreht stattdessen lieber an der Gebührenschraube.Als eine der letzten Banken hat nun auch die Online-Bank Fineco, die bisher für Gratiskonten stand, nachgezogen. Von Februar an verlangt sie monatlich 3,99 Euro Kontogebühr. Sie gehört damit nach einer Aufstellung der Finanzzeitung “Milano Finanza” zu den preisgünstigsten Instituten. Zuvor hatte bereits die zur Mediobanca gehörende Online-Bank Che Banca Gebühren eingeführt.Die Institute geben die hohen Kosten weiter, die ihnen durch die Gebühren entstehen, die sie selbst als “Strafzinsen” für ihre Einlagen bei der Europäischen Zentralbank (EZB) entrichten müssen, und die durch den wachsenden Regulierungsaufwand sowie höhere Zahlungen für die Einlagensicherung Fitd anfallen. Der Fitd hatte zuletzt zweimal, bei der Genueser Carige und bei der Volksbank von Bari, intervenieren müssen. Unterschiedliche ModelleDie Gebührenmodelle sind unterschiedlich. Es gibt Basispakete nur für das Online-Banking, solche für Filialkunden, für Familien und Einzelpersonen oder Angebote, die alle Einzelbuchungen enthalten, oder wieder andere, bei denen für jede Transaktion gezahlt werden muss. Meist wird aber ein symbolischer Zins von 0,01 % gewährt – sowohl für Firmen- als auch für Privatkunden.”Vorreiter” beim Drehen an der Gebührenschraube war Intesa Sanpaolo, gemessen am Börsenwert die größte Bank des Landes. Die Bank, die Negativzinsen nach wie vor ablehnt, hatte schon 2017 die Gebühren für Einlagen ab 40 000 Euro deutlich angehoben. Auch Monte dei Paschi di Siena (MPS), Ubi Banca, Bper und BMP schließen Negativzinsen zwar nach wie vor aus, verlangen von ihren Kunden aber deutlich mehr Geld für die Kontoführung.Unicredit-CEO Jean Pierre Mustier beklagt die Verlogenheit dieser Politik. De jure werden zwar keine Negativzinsen erhoben, de facto entspricht die starke Anhebung der Gebühren jedoch durchaus einer Weitergabe dieser Negativzinsen. Die Erhöhungen sind gesalzen. Für Einlagen über 100 000 Euro verlangt Intesa Sanpaolo beispielsweise 33 Euro im Monat. Begrenzte AngeboteEinige Institute versuchen, neue Kunden mit zeitlich begrenzten Lockvogelangeboten zu gewinnen, und gewährten bis Ende 2019 etwa Boni von 150 Euro (Unicredit) für Neukunden. Doch schon nach relativ kurzer Zeit steigen die Gebühren in der Regel deutlich. Alle Institute versuchen außerdem, ihre Kunden in für sie ertragreichere Anlageformen zu locken. Laut Bankenverband Abi haben die Italiener immerhin 1 500 Mrd. Euro in Sichteinlagen geparkt.Bank of America hat festgestellt, dass sich die Einnahmestruktur der Banken stärker in Richtung Gebühren verschoben hat. Damit lasse sich ein Teil der durch Negativzinsen und Regulierung verursachten Mehrkosten auffangen.Kunden können die hohen Gebühren, die sich laut “Milano Finanza” auf bis zu 223,90 Euro pro Jahr addieren, nur umgehen, indem sie auf eine billigere Bank ausweichen oder Angebote der Banken annehmen. Einige von ihnen, darunter Intesa Sanpaolo oder Crédit Agricole Italia, gewähren Kunden, die etwa auch Aktienfonds kaufen, Nachlässe bei den Gebühren auf Girokonten. Dafür muss für den Erwerb von Aktien oder Fonds gezahlt werden.