Steiniger Weg an die Spitze

Der neue Co-Chef des Wealth Management bei der UBS setzt erste Akzente - Entscheidungsprozesse werden beschleunigt

Steiniger Weg an die Spitze

Iqbal Khan, der neue Co-Chef des Wealth Managements bei der UBS, muss jetzt bei der Schweizer Großbank zeigen, was er kann. Erste Ankündigungen für eine Umstrukturierung seines Bereichs haben den Aktienkurs bereits beflügelt. Doch es muss noch mehr kommen, will er sich als nächster CEO empfehlen. Bloomberg Zürich – Als in Zürich Weihnachten näher rückte, machten sich die Privatbanker der UBS auf ihren eigenen Wintereinbruch gefasst. Die 60-Tage-Frist für eine Überprüfung des Wealth-Management-Bereichs war für den neuen Co-Chef Iqbal Khan abgelaufen. Viele machten sich Sorgen um die Zukunft der einstigen Vorzeigesparte, die der Größe nach globaler Branchenprimus ist. Wie zu hören war, blieben einige vor den Feiertagen bis zum letzten Moment in ihren Büros – in der Befürchtung, im Januar möglicherweise keinen Job mehr zu haben. Schweigen gebrochenAls Khan am 7. Januar sein Schweigen brach, löste er die größte Neuordnung im Wealth Management aus, seit Bankchef Sergio Ermotti das Geschäft fast ein Jahrzehnt zuvor zum Mittelpunkt seiner Strategie gemacht hatte. Schlüsselbereiche wurden umstrukturiert oder demontiert, 500 Stellen, bis zur Ebene geschäftsführender Direktor, fielen dem Rotstift zum Opfer.”Khan muss nun Akzente setzen”, sagt Andreas Venditti, Analyst bei Vontobel. “Er möchte, dass die Ergebnisse, die er erzielt, sagenhaft ausfallen.” Zwar fallen die Stellenstreichungen geringer aus als bei vielen Konkurrenten. Aber zum ersten Mal seit Jahren spüren die Privatbanker den Druck. Ein Jahrzehnt lang waren sie die Wachstumstreiber, als Ermotti die UBS neu ausrichtete, weg vom Investment Banking und mehr in Richtung des Geschäfts mit der Verwaltung des Vermögens reicher Kunden. Nach der Finanzkrise, als die ultraniedrigen Zinsen zu einer Welle des weltweiten Vermögensaufbaus führten, funktionierte diese Strategie auch gut.Mit der Zunahme passiver Investmentstrategien änderte sich allerdings das Umfeld und das Geschäftsmodell des Wealth Management wurde auf den Kopf gestellt. Konkurrenten wie Credit Suisse, wo Khan bis zu seinem umstrittenen Wechsel Mitte 2019 arbeitete, holten kontinuierlich auf. Sowohl unter UBS-Aktionären als auch in der Belegschaft wuchs Insidern zufolge die Sorge, das Management reagiere möglicherweise zu langsam.Der Aktienkurs der UBS kam 2019 nicht voran. Dagegen legten die Titel der Credit Suisse 21 % zu. Seit der Ankündigung der Umstrukturierung im Wealth Management in der vergangenen Woche haben die Titel 3 % zugelegt. Die UBS lehnte es ab, sich zu diesem Artikel zu äußern.Um die Investoren zufriedenzustellen, ließ Ermotti Khan und Co-Leiter Tom Naratil einen Plan zur Belebung der Wealth-Sparte ausarbeiten. Die kurze Frist zur Problemlösung im wichtigsten UBS-Geschäftsfeld bot dem ehrgeizigen Khan die Möglichkeit radikaler Maßnahmen – und eine frühe Chance zu zeigen, dass er als zukünftiger CEO geeignet wäre.Beim Umbau der Credit Suisse war Khan die Hauptantriebskraft, und sein Ehrgeiz hat Kreisen zufolge eine Rolle bei seinem Zerwürfnis mit CEO Tidjane Thiam gespielt. Nach seinem Antritt bei der UBS im Oktober – nach einer kurzen Pause, die von einem Beschattungsskandal beherrscht war – setzte Khan darauf, durch eine vermehrte Kreditvergabe an reiche Kunden schnelle Erfolge zu erzielen.Vieles, was Khan jetzt vorschlägt, folgt dem Rezept, das er schon bei Credit Suisse angewandt hat: Er versucht, die Kreditvergabe über schnellere Entscheidungsprozesse zu steigern. Die Kosten sollen durch weniger Bürokratie reduziert werden sowie durch die Umstellung von Kunden, die keine komplexen Leistungen benötigen, auf günstigere Modelle.Innerhalb der UBS hatte die Ankunft von Khan unmittelbare Auswirkungen. Personen, die an der jährlichen Weihnachtsfeier des Wealth Managements im Zürcher Klub Kaufleuten teilnahmen, sagten, dass die Stimmung lockerer gewesen sei als in den Vorjahren. Damals war die Veranstaltung allerdings auch von einer Korrektur am Aktienmarkt und dem plötzlichen Abgang von Jürg Zeltner, dem früheren Chef des Wealth Management, überschattet. Voller EnergieKollegen beschreiben den in Pakistan geborenen Khan als enthusiastisch, voller Energie und talentiert. Frühere Mitarbeiter bezeichneten ihn auch als selbstbewusst, zu selbstbewusst. Er kennt das Geschäft aus verschiedenen Perspektiven: Khan war bei Ernst & Young Wirtschaftsprüfer der UBS und bei der Credit Suisse ihr Top-Konkurrent.Mit seinen 44 Jahren stammt er zudem aus einer anderen Generation als Ermotti oder Martin Blessing, Khans unmittelbarem Vorgänger, der als zu bürokratisch galt. In Mitarbeiterversammlungen stellt Khan Spitzenperformer heraus, spricht aber auch an, was nicht so gut gelaufen ist. Er sagte seinen Risiko- und Strukturierungsteams, dass er mindestens zwei Transaktionen pro Woche sehen wolle. Diese Haltung hat abgefärbt: Eine Führungskraft drohte damit, Khan zu informieren, wenn ein anderer Manager nicht innerhalb von zwei Tagen helfen würde, einen Kredit für einen Kunden zu organisieren.Einige UBS-Veteranen waren von Tempo und Ausmaß der Neuordnung überrascht. Andere begrüßten diese vorbehaltlos. Seitdem sich die Bank 2012 zum letzten Mal neu erfunden hat, hat sie mit Erfolg die Vermögensaufbauwelle gesurft. Aber nachdem die sich weiter entwickelnden Märkte Veränderungen notwendig gemacht haben, gab es eine gewisse Untätigkeit: Die falschen Hebel könnten gedrückt werden und das Modell Schaden nehmen.Ermotti nahm zwar gewisse Veränderungen vor, so konzentrierte er die Wealth-Management-Aktivitäten der UBS in einen einzigen Geschäftsbereich mit einem verwalteten Kapital von 2,5 Bill. Dollar, um Skaleneffekte zu erzielen. Der Schritt brachte Kosteneinsparungen, aber keinen Schub für das Wachstum und kam bei den Investoren nicht an. Khan leitete nun eine Kurskorrektur ein und verlieh den regionalen Aktivitäten mehr Befugnisse.2019 hatte die UBS sogar einen Deal mit der Deutschen Bank in Betracht gezogen – erst eine Fusion ihrer Vermögenverwaltungsbereiche, dann ein komplettes Zusammengehen. Die Gespräche verliefen letztlich im Sande.Vorerst hat die Ankunft von Khan den Druck vom CEO genommen, eine größere strategische Neuordnung vorzunehmen. Der neue Mann hat den von Joseph Stadler geleiteten Bereich mit Ultrareichen sowie eine Miniinvestmentbank innerhalb des Wealth-Bereichs demontiert, die als Bremsklotz bei Kreditgenehmigungen und als Kostenquelle gesehen wurde. Er hat auch das Geschäft für Europa, den Nahen Osten und Afrika in drei Segmente aufgeteilt.”Oberflächlich betrachtet erscheinen die Veränderungen nicht groß, und es gibt gewisse Ähnlichkeiten mit dem, was er bei Credit Suisse gemacht hat”, sagte Venditti von Vontobel. “Aber wenn man sich stärker die Details anschaut, so ist das eine große Veränderung, insbesondere für die UBS. Sie haben die Veränderungen heruntergespielt, weil das Topmanagement weiterhin sagt, dass alles gut ist.” Schöne Zeiten sind vorbeiDie daraus folgenden Stellenstreichungen machen weniger als 1 % der Arbeitsplätze bei der UBS aus. Aber für die Privatbanker, die in den vorherigen Jahren von den Entlassungen in der Investmentbank abgeschirmt waren, sind sie ein Signal, dass die schönen Zeiten vorbei sind.Khan wird nun die Umstrukturierung in die Tat umsetzen müssen. Er braucht dabei mehr schnelle Erfolge und muss gewährleisten, dass die rascheren Kreditgenehmigungen nicht größere Risiken bringen. Und in Zeiten harten Wettbewerbs um Privatbanker und ihre Kunden muss er dafür sorgen, dass beide bei der Stange bleiben. “Khan hat noch eine gewisse Zeit, sich zu beweisen, und die beste Art und Weise, sich zu beweisen, besteht darin, Ergebnisse zu liefern”, sagt Venditti. “Dann kann er sich sicherlich besser positionieren für die CEO-Nachfolge.”