Steuermann
bl – Er ist einer der diskretesten, aber auch einer der erfolgreichsten Banker Italiens. Alberto Nagel steht seit Oktober 2008 an der Spitze der Mediobanca, der größten Investmentbank des Landes. Aber Schlagzeilen hat der 53-jährige Mailänder nie gemacht. Dabei ist Mediobanca das wohl ertragsstärkste und stabilste Institut des Landes.Das Haus weist hohe Gewinne aus, kommt auf eine harte Kernkapitalquote (Tier 1) von 14 %, hat eine fast unschlagbare Cost-Income-Ratio von 47 %, weniger als 5 % faule Kredite und nur 2,8 Mrd. Euro an italienischen Bonds im Portefeuille, die in den nächsten drei Jahren fällig werden. Die Bank ruht auf starken Säulen. Neben dem Investment Banking sind das die in den letzten Jahren stark ausgebaute Vermögensverwaltung und das Verbraucherkreditgeschäft.Nagel hat sein ganzes Berufsleben bei dem Institut an der Piazzetta Enrico Cuccia gleich hinter der Mailänder Scala verbracht. Der Manager, der süddeutsche Vorfahren hat, die im 18. Jahrhundert nach Apulien ausgewandert sind, und Wert auf die deutsche Aussprache seines Namens legt, besuchte in seiner Heimatstadt eine Jesuitenschule und ging dann auf die Bocconi-Universität. Gleich nach Abschluss des Ökonomie-Studiums trat er 1991 bei Mediobanca ein und erklomm eine Karrierestufe nach der anderen.Der Vater zweier erwachsener Kinder, der mit einer führenden Managerin des Versicherers Aon verheiratet ist, pendelt privat zwischen London und Mailand. Sonst ist wenig Privates über ihn bekannt. 2003 setzte er sich im Machtkampf um die Nachfolge des legendären Bankers Enrico Cuccia durch. Wie er gilt Nagel als Arbeitstier. Im persönlichen Gespräch wirkt er offen und sympathisch.Nagel hat die Mediobanca zu einem modernen Institut gemacht. Das Institut übernahm die italienischen Barclays-Aktivitäten und setzt stark auf Digitalisierung – auch durch Übernahmen. Die Bank, die traditionell eine führende Rolle im Mailänder Finanzgeflecht spielt und seit jeher enge Beziehungen zu Unicredit, die mit 8,7 % an Mediobanca beteiligt ist, sowie zur Versicherung Generali pflegt, an der sie 13 % der Anteile hält, hat ihre Rolle verändert. Dass der traditionelle Aktionärspakt, der Mediobanca gegen Einflussnahme von außen absichern sollte, aufgelöst wird, sieht Nagel als Chance.Trotz der schwierigen politischen und wirtschaftlichen Lage Italiens ist der geschickte Steuermann optimistisch – zumindest was Mediobanca angeht. Er will das Wealth Management weiter ausbauen, sieht Übernahmechancen, weil sich ausländische Banken aus Italien zurückziehen könnten, und will durch Akquisitionen den digitalen Footprint stärken. Außerdem plant er Aktienrückkäufe. Mit dem Verkauf eines Teils der Generali-Beteiligung hat er angesichts des niedrigen Aktienkurses keine Eile.