Stiftungen bleiben für große Vermögen auch im aktuellen Marktumfeld effektiv

Für kleine und mittlere Kapitalbeträge gibt es attraktive Alternativen

Stiftungen bleiben für große Vermögen auch im aktuellen Marktumfeld effektiv

Andreas SchiemenzLeiter Philanthropie und Stiftungen, HSH Nordbank AGIm vergangenen Jahr wurden pro Tag etwa zwei Stiftungen gegründet – die Anzahl der rechtsfähigen Stiftungen erreichte damit annähernd 20 000. Mit 16 bis 17 Mrd. Euro Ausschüttungen sind die Stiftungen mittlerweile ein wichtiger Geldgeber für zahlreiche soziale, kulturelle, künstlerische oder ökologische Projekte in Deutschland. Ohne diese Unterstützung müssten viele Projekte in Zeiten knapper öffentlicher Kassen und eines härter werdenden Wettbewerbs um Spenden gekürzt oder gar gestrichen werden.Entsprechend scheint für viele Kunden des Wealth Management, die den Wunsch haben, sich mit einem Teil ihres Vermögens nachhaltig und wirkungsvoll gesellschaftlich zu engagieren, die Gründung einer eigenen Stiftung naheliegend. Dass dies aber kein Automatismus sein sollte, zeigt nicht zuletzt die Ernüchterung vieler Stiftungen, die sich angesichts der niedrigen Zinsen kaum mehr in der Lage sehen, ihren Stiftungszweck zu erfüllen.Da Stiftungen gesetzlich dazu verpflichtet sind, ihr Kapital zu erhalten, müssen sie ihr Vermögen sicher anlegen. Aber auch für Stiftungen gilt: Je sicherer die Anlage, desto geringer die Rendite – in der aktuellen Niedrigzinsphase erwirtschaften viele Stiftungen nicht einmal 1 %. Problematisch ist dies für alle Stiftungen, denen es nicht gelingt, die Rendite-Lücke durch Spenden zu schließen, da nur die Erlöse aus dem Vermögen für den Stiftungszweck ausgegeben werden können. Laut Bundesverband Deutscher Stiftungen verfügt die Hälfte aller rechtsfähigen Stiftungen nur über ein Kapital von maximal 250 000 Euro, lediglich 25 % verfügen über ein Vermögen von 1 Mill. Euro oder mehr. Daher sind die jährlichen Ausschüttungen der meisten Stiftungen sehr gering. So erzielt eine Stiftung mit 250 000 Euro Vermögen im Jahr lediglich 5 000 Euro Erträge. Wenn die Stiftung davon für eigene Ausgaben maximal 20 % verwenden darf, können für Verwaltungskosten nicht mehr als 1 000 Euro ausgegeben werden. Mit den verbleibenden 4 000 Euro ist eine effektive Förderung gemeinnütziger Projekte kaum möglich.Die dürftige Ertragslage, verbunden mit einer deutlichen Unterkapitalisierung, stellt viele Stiftungen vor große Herausforderungen. Der Elan aus der Gründungseuphorie ist nicht selten verflogen. Die zur Verfügung stehenden Erträge stehen in keinem Verhältnis zu dem geleisteten Investment. Die Folge sind berechtigte Zweifel daran, ob die Stiftungsgründung der richtige Weg war.Doch trotz der geringen Erträge kann es richtig sein, eine Stiftung zu gründen. Nach wie vor gibt es kein besseres Instrument, um sein Vermögen auf Dauer zu erhalten und vor den Zugriffen künftiger Generationen zu schützen. Und noch immer ist die Stiftung ein mögliches Instrument, um gesellschaftliche Verantwortung dauerhaft, auch über den eigenen Tod hinaus, zu übernehmen. Das Stiftungskapital sollte allerdings mindestens 5 Mill. Euro betragen, darin sind sich viele Akteure der Stiftungsszene einig. Die Erlöse aus einem Vermögen dieser Größenordnung ermöglichen die wirkungsvolle Unterstützung von Projekten und zugleich die Finanzierung der Organisation und Verwaltung der Stiftung.Für kleinere und mittlere Vermögen gibt es attraktive Alternativen. Neben den rechtsfähigen Stiftungen gibt es eine Vielzahl von nicht rechtsfähigen Stiftungen, die keine Mindestanforderungen an das Kapital stellen und auch nicht der Prüfung der Stiftungsaufsicht unterliegen. Diese Stiftungen werden in der Regel mit deutlich weniger Geld ausgestattet und verfügen über keinen eigenständigen Rechtskörper. Sie benötigen daher einen Treuhänder. Je nach Quelle wird ihre Zahl in Deutschland auf 20 000 bis 50 000 geschätzt. Deutlich größer ist der Effekt, wenn das Vermögen nicht in eine eigene Stiftung, sondern in eine bereits bestehende Stiftung eingebracht wird. Eine solche Zustiftung erhöht das Kapital einer bestehenden Stiftung und dadurch deren jährliche Erlöse. Der Stifter profitiert dabei vom Kompetenzvorsprung einer bereits seit längerer Zeit aktiven Stiftung sowohl bei der Vermögensanlage als auch bei der Projektförderung. Das Rad muss nicht neu erfunden werden und der Stifter kann prüfen, welche Stiftung seine Projekte mit der größten Kompetenz und Wirkung unterstützt.Einen direkten Mittelzufluss in ein Projekt ermöglicht die Spende. Der gesamte Betrag wird unverzüglich zur Verfügung gestellt, um das Anliegen des Spenders zu unterstützen. Gerade große Beträge, die statt in eine Stiftung direkt in ein Projekt fließen, können die Arbeit einer bestehenden Stiftung oder gemeinnützigen Organisation erheblich unterstützen. Mit Großspenden in fünf-, sechs- oder siebenstelliger Höhe kann kurz- und mittelfristig gesellschaftlichen Problemen effektiv begegnet werden. Die Investition in eine gemeinnützige Stiftung oder Organisation bedarf jedoch einer umfangreichen Vorarbeit. In den meisten gesellschaftlichen Themenfeldern bewegen sich mehrere Organisationen mit bisweilen sehr unterschiedlichen Ansätzen und Methoden. Eine ausführliche Analyse der Ansätze und deren Wirkung sowie Gespräche mit den Finanz- und Projektverantwortlichen gehen einer solchen Großspende idealerweise voraus.Bei vielen Menschen, vor allem bei Unternehmern und Managern, erfreuen sich Investitionen in Social Businesses immer stärkerer Beliebtheit. Durch die Unternehmensbeteiligung kann der Investor unternehmerisches und gesellschaftliches Engagement verbinden. Dabei ist das Erzielen von Gewinn, anders als bei den Non-Profit-Organisationen, ein unternehmerisches Ziel. Anders als bei traditionellen Unternehmen steht allerdings nicht die Gewinnmaximierung, sondern die effektive Lösung einer gesellschaftlichen Aufgabe im Mittelpunkt.Hier sehen Stiftungsexperten durchaus einen Trend für die kommenden Jahre. Gleichzeitig bleiben Stiftungsgründungen für große Vermögen auch im aktuellen Marktumfeld effektiv. Nach sorgfältiger Prüfung und Abwägung lässt sich somit das gesellschaftliche Engagement für jeden Vermögensbetrag entsprechend den individuellen Zielen optimal gestalten.