Stiftungen und die Finanzen
Thomas MeierGesellschafter der Sutor Bank und Vorstandsvorsitzender der Griebel-StiftungDirk C. SchochLeiter Stiftungskontor bei der Sutor BankIn vielen Stiftungen wird das Vermögensmanagement eher stiefmütterlich behandelt. Grund ist meist mangelnde Zeit oder fehlendes Know-how. Entscheidungen werden daher oft wenig strategisch, sondern mehr zufällig getroffen. Dabei ist das Finanzressort durchaus entscheidend für den langfristigen Erfolg einer Stiftung. Gerade kleine und mittlere Stiftungen haben dabei oft die gleichen Probleme. Dies fängt sehr regelmäßig bei der Zusammensetzung des Stiftungsvorstands an. Hier wird akribisch Wert darauf gelegt, dass die Fachrichtung, für die sich die Stiftung engagiert, im Vorstand kompetent abgebildet wird. Schließlich muss der Vorstand über so manchen Förderantrag aus dem Fachgebiet entscheiden. Bei der Griebel-Stiftung, die Forschung auf dem Gebiet der Augenheilkunde fördert und zudem Blinde und Augenkranke unterstützt, sind im vierköpfigen Vorstand zwei Fachärzte der Augenheilkunde vertreten. Das hilft, den Stiftungszweck zu vertreten und im besten Sinne der Stifter das Geld einzusetzen. Was aber, wenn der Vorstand nur mit Augenheilkundlern besetzt wäre? Dann liefen die Vorstandssitzungen wahrscheinlich wie in vielen Stiftungen so, dass intensiv über Förderungen, Projekte und ihre Bewertung gesprochen wird. Am Ende oder am Rande würde das Thema Finanzen behandelt. Bei der Griebel-Stiftung hat man sich dazu entschieden, im Vorstand nicht nur den Bereich des Stiftungszwecks fachlich abzubilden, sondern hat auch einen Finanzexperten sowie eine Juristin in das Gremium geholt.Das Ressort Finanzen zählt im Stiftungsvorstand nicht gerade zu den beliebtesten Aufgaben. Da werden dann lieber kleinere Brötchen gebacken, weil sich daran niemand so richtig herantraut. Eine Umfrage im Rahmen des deutschen Stiftungsbarometers ergab, dass viele Stiftungen ihre finanzielle Situation nicht ausreichend analysieren. Dabei kommt die Umfrage zu dem Ergebnis, dass fast die Hälfte der befragten Stiftungen ihre finanzielle Lage nur als befriedigend oder schlecht einschätzt. Bei der Griebel-Stiftung gibt es hier den Ausnahmefall, dass ein Banker ehrenamtlich die Finanzgeschäfte führt. Das ist von Vorteil, weil es sich direkt auf die Anlagepolitik der Stiftung ausgewirkt hat. Da sie, wie die meisten Stiftungen auch, auf langfristiges Wirken ausgelegt ist, lohnt es sich, auch über langfristige Geldanlagen nachzudenken. Seit der Gründung der Stiftung 1979 wird in Aktien und andere Wertpapiere investiert. Und nicht erst seit Beginn der Niedrigzinsphase zahlt sich diese Strategie durch Wertzuwachs und stabile Erträge aus. Hier sind andere Stiftungen wesentlich zurückhaltender. Viele Stiftungen tun sich auch heute noch mit Aktien, Anleihen und Fonds schwer. Verständlich, denn ohne professionelles Finanz-Know-how ist dies für Vorstände eine schwierige Entscheidung. Hier dominiert neben der Unsicherheit über stiftungsrechtliche Vorgaben oftmals die Angst vor Verlusten, denn die Schwankungen am Kapitalmarkt können auch Rückschläge bringen. Das ist bei der Griebel-Stiftung auch schon vorgekommen. Für solche Fälle muss vorgesorgt werden, indem Rücklagen gebildet werden. Bis zu einem Drittel der Erträge fließt in diese Rücklagen. Deshalb musste selbst im Verlustjahr nicht das Stiftungsvermögen angegriffen werden, um die Projekte am Laufen zu halten.Es ist ein Zwiespalt: Es gilt, das Stiftungsvermögen zu erhalten und zusätzlich Erträge zu generieren. Schließlich soll gefördert werden, wo man kann. Da ist die Versuchung groß, zugunsten von mehr Förderprojekten auf Rücklagen zu verzichten. Ein Fehler. Es ist immer besser, Rücklagen zur Absicherung zu schaffen und dadurch am Kapitalmarkt mit etwas mehr Risiko spürbar mehr Rendite zu erwirtschaften. Die Stiftung hat sich dabei für eine ausgewogene Anlagestrategie entschieden – mit bis zu 60% Aktienanteil in vernünftiger weltweiter Streuung. Im Depot liegen mehr als 20 verschiedene Einzeltitel. Noch stärker auf Kapitalerhalt ausgerichtete Stiftungen können eine konservative Anlagestrategie wählen, bei der der Aktienanteil 30% nicht überschreitet. Wie sieht nun die optimale Anlagestrategie einer Stiftung aus? Angesichts der Tatsache, dass viele Stiftungen das Stiftungskapital zum Teil in Immobilien gebunden, zum Teil auf Festgeldkonten liegen haben, sind schon kleine Anpassungen im Anlagemix eine Verbesserung. Das sehen mittlerweile auch die Stiftungen so. Im aktuellen Stiftungsbarometer liegt das Thema Vermögensmanagement bei der Frage nach den größten Herausforderungen der kommenden Jahre auf Platz 1. Die Basisfrage lautet: Wie sehen der zeitliche Anlagehorizont, das finanzielle Anlageziel und die Risikobereitschaft aus? In der Regel haben Stiftungen einen langen Anlagehorizont. Sie sollen und wollen laufende Erträge erzielen, um den Stiftungszweck zu erfüllen und gleichzeitig das Stiftungskapital zu erhalten. Damit ist bereits grob das Anlageziel definiert. Die Risikobereitschaft entscheidet letztlich darüber, in welchem Umfang auf chancenorientierte Anlagen wie etwa Aktien gesetzt wird. Gerade für den langfristigen Aufbau von Rücklagen sollten Aktien berücksichtigt werden. Ganz grundsätzlich stehen Stiftungen alle Anlageklassen zur Verfügung. Im Wertpapierbereich gibt es im Wesentlichen folgende Alternativen: Aktien- oder Anleihen-Einzeltitel, Robo-Advisors mit ETFs, Stiftungsfonds sowie Depots mit Vermögensverwaltung. Nicht alle Instrumente sind dabei gleichermaßen geeignet für jede Stiftung. Die Anlage in Einzeltiteln erfordern sehr viel Know-how und Zeit und ist damit sehr risikoreich. Die Auswahl der Titel ist dabei nur ein kleiner Teil der Arbeit, es gilt das Depot laufend und jederzeit im Blick zu haben und die Entwicklung der Titel zu beobachten. Dies ist arbeitsintensiv, ermöglicht es aber, sehr konkret in Unternehmen zu investieren, die zum Beispiel dem Stiftungszweck nahe sind. Oder solche zu meiden, die nicht zu ethischen oder ökologischen Grundsätzen der Stifter passen. Zudem muss für eine sinnvolle Streuung des Risikos eine gewisse Zahl an Einzeltiteln gehalten werden.Stiftungsfonds oder überhaupt Fonds bieten diese Streuung bereits in einem Produkt. Sie ermöglichen so mit kleineren Summen an einer risikomindernden Streuung der Anlagen teilzuhaben. Die Auswahl an Fonds ist riesig, auch eigens für Stiftungen aufgelegte Fonds gibt es eine ganze Reihe. Der Vorteil ist neben der Streuung die einfache Handhabung, im besten Fall liegt nur ein Wertpapier im Depot, das Berichtswesen bleibt einfach. Allerdings enthalten Fonds oft hohe “innere Kosten” wie etwa Ausgabeaufschläge und Verwaltungskosten. Diese sind nicht immer deutlich erkennbar und führen zu einer tendenziell höheren Kostenbelastung.Bislang eher ein Nischendasein führen im Stiftungsbereich Robo-Advisors. Deren Fokus liegt auf dem volldigitalen, standardisierten Zusammenstellen von Fonds-Portfolios je nach Risikoneigung. In erster Linie werden dazu Indexfonds genutzt. Durch den Verzicht auf Beratung sind die Portfolios zu geringeren Kosten zu haben. Die Nützlichkeit von Robo-Advisors gerade im Stiftungsbereich ist jedoch fraglich, da es hier um ein individuelles Austarieren von regelmäßigen Erträgen und langfristigem Kapitalerhalt geht. Hier greifen Robo-Advisors herkömmlicher Machart bislang zu kurz. Eine Vermögensverwaltung bietet demgegenüber umfassende Beratung und nimmt der Stiftung viel Arbeit ab, indem sie sich um die Portfolios genauso wie um die gesamten finanziellen Belange kümmert. Ein weiteres Beispiel: Bei der Griebel-Stiftung standen kürzlich Sanierungsarbeiten für die stiftungseigenen Immobilien an. Hier kam die fachliche Expertise aus der Vermögensverwaltung zum Tragen, nämlich dafür nicht die Instandhaltungsrücklage zu nutzen, sondern einen Kredit aufzunehmen, da die Erträge im Depot tatsächlich höher waren als die Kreditzinsen – ein echter Mehrwert, der der Stiftung zugutegekommen ist. Generell gilt: Wenn es um komplexere Themen bei den Vermögensfinanzen geht, ist eine Vermögensverwaltung mit persönlicher Beratung eine gute Wahl. Dies ist oftmals nicht teurer als etwa ein Stiftungsfonds mit seinen hohen Aufgabeaufschlägen und Verwaltungsgebühren. Nachteil bei der Vermögensverwaltung ist der Mehraufwand für die Buchhaltung gegenüber anderen Anlagevarianten. Insgesamt sind jedoch die zeitliche Entlastung des Vorstandes im Zusammenhang mit der externen Kompetenz in den Bereichen Vermögens- und Stiftungsmanagement zu betrachten. Für Stiftungen ist es unerlässlich, sich laufend über ihre Anlage Gedanken zu machen. Das bisher oft geübte Zinsinvestment, bei dem aus den Erträgen der Fest- oder Tagesgeldkonten der Stiftungszweck erfüllt werden konnte, ist angesichts der niedrigen Erträge kaum noch möglich. Die Besetzung des Stiftungsvorstands mit fachlicher Expertise spielt dabei eine wichtige Rolle. Bei neu einzurichtenden Stiftungen ist es aber auch möglich, eine sofortige Professionalisierung zu schaffen und statt einer eigenen Stiftung eine unselbständige Stiftung zu gründen. Diese wird unter dem Dach einer größeren Stiftung angesiedelt und nutzt die Ressourcen dieser Mutterstiftung. Diese Lösung ist sehr kostengünstig, bündelt administrative Aufgaben und führt zu einer effizienteren Verwendung des zur Verfügung stehenden Kapitals.