Strafen für Ex-Oppenheim-Banker
Von Antje Kullrich, KölnEs ist eng und warm im dunkel getäfelten Raum 210 des Kölner Landgerichts. Und die Luft wird im Laufe der mehr als acht Stunden, die Richterin Sabine Grobecker im Oppenheim-Prozess das Urteil begründet, immer stickiger. Es ist nach den Worten der Juristin “ein Kraftakt so wie das gesamte Verfahren”. Die Verwaltung hat zur Urteilsverkündung in einem der größten Wirtschaftsprozesse der vergangenen Jahre extra eine Reihe Presseplätze mehr eingerichtet. Die Journalisten vorne sitzen nur eineinhalb Meter hinter Josef Esch und seinen Verteidigern.Der Troisdorfer Immobilienunternehmer – schillernde, aber schweigsame Figur und in der Vergangenheit immer wieder als graue Eminenz im Bankhaus Sal. Oppenheim bezeichnet – kommt am Ende am glimpflichsten davon. Seine Verurteilung zu einer Geldstrafe von knapp einer halben Mill. Euro wird im Zuschauerraum mit höhnischem Gelächter kommentiert, was die Richterin sichtlich verärgert. Haft für Ex-RisikomanagerDie angeklagten ehemaligen persönlich haftenden Gesellschafter des traditionsreichen Bankhauses dagegen sieht die Kammer unter Vorsitz von Richterin Sabine Grobecker nach mehr als zwei Jahren Verhandlungsdauer für schuldig wegen Untreue in zwei besonders schweren Fällen an. Drei von ihnen, Matthias Graf von Krockow, Dieter Pfundt und Christopher Freiherr von Oppenheim, erhalten Bewährungsstrafen. Bitter ist das Urteil vor allem für Friedrich Carl Janssen. Der ehemalige Risikomanager von Sal. Oppenheim, der erst am Ende seiner beruflichen Laufbahn im Jahr 2004 in den Partnerkreis berufen wurde, erhält eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten.Als eine der zentralen Figuren in der Bank hatte Janssen im Prozess versucht, seine Rolle herunterzuspielen. Die Kammer machte deutlich, dass sie den Darstellungen von Janssen, der nicht gestanden, aber sich umfangreich geäußert hatte, in mehreren Punkten nicht glaubte. Das gilt zum Beispiel für die Frage nach dem Motiv für seine Zustimmung zur Kapitalspritze für Arcandor Ende September 2008 über fast 80 Mill. Euro. Obwohl der Handelskonzern schon tief in der Krise steckte, hatten die Oppenheim-Partner an einem hektischen Wochenende kurz nach der Lehman-Pleite noch eine Kapitalerhöhung über 59,8 Mill. Euro sowie einen Kredit von 20 Mill. Euro gewährt. Aufsicht lange getäuschtGrobecker führte aus, Janssen habe mit seiner Zustimmung das bereits existierende Klumpenrisiko bei Arcandor weiter verschleiern wollen. Schon 2005 habe Sal. Oppenheim die Bundesbank und spä-ter auch die luxemburgische Bankenaufsicht über das wahre Ausmaß der Engagements im Zusammenhang mit Arcandor und deren Großaktionärin Madeleine Schickedanz getäuscht. “Es wäre die Aufgabe gerade des Risikomanagers gewesen, dieses Klumpenrisiko zu verhindern”, sagte die Richterin. Eine Insolvenz von Arcandor im Herbst 2008 hätte Janssens Versagen aufgedeckt. Er hätte als Risikomanager auch als Erster aufsichtsrechtliche Konsequenzen befürchten müssen. Strategie geht aufAufgegangen ist die vor einem halben Jahr geänderte Verteidigungsstrategie von Graf Krockow. Als Sprecher der Partner hatte er im Bankhaus im Zentrum gestanden. Bei ihm war die von der Kammer festgestellte Vermischung von persönlichen und geschäftlichen Interessen besonders deutlich. Doch er hatte sich Anfang Februar, nachdem die Kammer erklärt hatte, von einer Schuld der Angeklagten auszugehen, zu einem umfangreichen Geständnis entschlossen und Worte der Reue gefunden. Die Verteidiger von Graf Krockow teilten mit, ihr Mandant sei erleichtert, dass das Urteil ihm mit Blick auf die Zukunft eine Lebensperspektive lasse. Ähnliches gilt für Christopher Freiherr von Oppenheim, der allerdings vom Gericht nicht als treibende Kraft hinter den Taten angesehen wurde. Dass beide Ex-Partner sich mit der Deutschen Bank als heutiger Oppenheim-Eignerin einigen wollen und dabei wohl große Teile ihres Vermögens verlieren werden, wertete die Kammer als strafmildernd.Zugunsten aller Angeklagten wertete die Kammer den Umstand, dass die Aufsichtsgremien ihre Kontrolle äußerst nachlässig ausgeübt hätten. Es sei eigentlich nirgendwo nachgefragt worden. “Die Taten wurden leicht gemacht”, resümierte Grobecker. Die Verteidiger der Ex-Banker dürften Revision vor dem Bundesgerichtshof einlegen. Ihre Mandanten können sich damit nicht schlechter stellen. Im Falle der zur Bewährung verurteilten Ex-Banker dürfte es weniger darum gehen, das Strafmaß zu drücken. Die Revision ist vor dem Hintergrund der hohen zivilrechtlichen Ansprüche gegen die ehemaligen persönlich haftenden Gesellschafter zu sehen.