Streit im Sparkassenlager

Westfalen-Lippe fordert Haftungsdeckelung - Andernfalls droht Abwanderung zum VÖB

Streit im Sparkassenlager

ab Münster – Die deutschen Sparkassen feilschen um die Neuausrichtung ihres Haftungsmodells unter den geänderten Rahmenbedingungen der europäischen Bankenunion. Während der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) das bisherige System der Institutssicherung fortschreiben will – nicht zuletzt um die gewährten Vorzüge bei der Eigenkapitalunterlegung nicht zu gefährden -, begehren die Sparkassen aus Westfalen-Lippe auf. Sie monieren, dass die Vor- und Nachteile in dem vom DSGV vorgestellten Modell nicht ausgewogen verteilt sind, wie Rolf Gerlach, Präsident des Sparkassen- und Giroverbands Westfalen-Lippe (SVWL), vor der Presse ausführte.Nach Einschätzung von Gerlach zählen die Landesbanken, die die größten Haftungsrisiken im Verbund bergen, in dem DSGV-Modell zu den größten Nutznießern. Zudem würden jene Sparkassen begünstigt, die über große Beteiligungen an Landesbanken verfügten. Denn sie, argumentiert Gerlach, profitierten am deutlichsten von der Freistellung zur Eigenkapitalunterlegung von Verbundunternehmen.Benachteiligt seien dagegen die Sparkassen, die nur geringfügig an Landesbanken beteiligt sind. Dazu gehören beispielsweise die ostdeutschen Sparkassen, aber auch die Sparkassen aus Nordrhein-Westfalen. Bei Letzteren ist nach Einschätzung des SVWL-Präsidenten zudem in Anrechnung zu bringen, dass sie auf Altlasten im Zusammenhang mit der untergegangenen WestLB sitzen.Während sich die übrigen Landesbanken an der Haftung für die WestLB nur mit 200 Mill. Euro bzw. 100 Mill. Euro je NRW-Sparkassenverband beteiligten, mussten die Eigentümer der WestLB 18 Mrd. Euro an Risikoabschirmung aufbringen, macht Gerlach die Rechnung auf und fordert eine Deckelung der Haftung für seine 71 Institute. Es sei nicht einzusehen, warum die Sparkassen des SVWL mit einem höheren Betrag für Risiken von Landesbanken haften sollten. Nicht um jeden PreisObwohl sich die Situation für den Rheinischen Sparkassenverband (RSGV) ähnlich darstellt, haben sich die Düsseldorfer zu dem Thema bislang nicht öffentlich geäußert. Gerlach versicherte jedoch, dass die Kollegen des RSGV die gleichen Ziele verfolgten. “Wir unterscheiden uns aber in den Argumentationssträngen”, räumte der Sparkassenmann ein, ohne ins Detail zu gehen. “In dieser Debatte zahlt sich aus, dass es zwei Verbände gibt”, sagte er lediglich. Gerlach bekennt sich zwar grundsätzlich zur Institutssicherung der Sparkassen, doch verdeutlichte er, dass seine Institute nicht bereit seien, den Haftungsverbund um jeden Preis zu erhalten. Anstatt unüberschaubare Risiken in Kauf zu nehmen, plädiert Gerlach dafür, sich dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands der Öffentlichen Banken (VÖB) anzuschließen und daneben ein freiwilliges System zur Institutssicherung zu etablieren.Der Vorteil daran: Haftungszusagen könnten in diesem Modell beispielsweise auch über Garantien ausgesprochen werden. Im DSGV-Modell müssen dagegen noch mehr als 2 Mrd. Euro eingezahlt werden. Auch in diesemPunkt steckt Sprengkraft, ist die Beitragsgestaltung doch noch nicht geklärt. Auch hier gibt es divergierende Vorstellungen unter den Haftungsteilnehmern. Der DSGV hat bis Ende April Zeit, einen Antrag auf Genehmigung des Sicherungssystems bei der Aufsicht auszuarbeiten. Werden die Einwände aus Westfalen-Lippe nicht ausreichend berücksichtigt, droht Gerlach auszuscheren. Denn bindende Wirkung hätte ein DSGV-Beschluss nicht.—– Wertberichtigt Seite 6