EURO FINANCE WEEK 2019

Streit über Scholz-Pläne

Kukies verteidigt Initiative zur EU-Einlagensicherung - Söder warnt vor Risiken

Streit über Scholz-Pläne

Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat Pläne zur Vollendung der Bankenunion präsentiert und dabei auch Bereitschaft für eine einheitliche EU-Einlagensicherung signalisiert. Der Vorstoß spaltet nicht nur die Bankenbranche, sondern sorgt auch für Streit in der Bundesregierung. Die EZB dagegen lobt die Pläne. ms Frankfurt – Der Vorstoß von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zur Vollendung der Bankenunion und vor allem für eine einheitliche EU-Einlagensicherung erhitzt weiter die Gemüter und sorgt für Streit in der Bundesregierung. Finanzstaatssekretär Jörg Kukies verteidigte die Initiative gestern zum Auftakt der Euro Finance Week und erhielt dabei Rückendeckung von EZB-Vizepräsident Luis de Guindos. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und der CDU-Wirtschaftsrat stellten sich gegen die Pläne.Anfang November hatte Scholz überraschend Pläne zur Vollendung der Bankenunion präsentiert und im Zuge dessen auch Bereitschaft für eine europäische Sicherung für Sparguthaben signalisiert. Zwar knüpfte er dies an Bedingungen. Trotzdem wurde dies als Signal gewertet für eine höhere Kompromissbereitschaft seitens der deutschen Regierung, die den baldigen Einstieg in die EU-Einlagensicherung (Edis) erlaube. Vor allem die deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken laufen Sturm gegen dieses Vorhaben. “EU-Stabilitätsinitiative””Die Europäische Bankenunion ist im Moment viel zu fragmentiert”, sagte Kukies gestern in Frankfurt. Seit der Finanzkrise habe die europäische Integration sogar nachgelassen. Die Folge sei ein strategischer Wettbewerbsnachteil der europäischen Realwirtschaft gegenüber großen Wirtschaftsräumen wie den USA und China. “Das muss dringend angegangen werden”, so Kukies. Ein wichtiger Schritt sei dabei die Einlagensicherung. Diese mache ökonomisch Sinn und könne korrekt ausgestaltet und mit den richtigen Anreizen versehen sogar “zu einer europäischen Stabilitätsinitiative” werden.Kukies lobte in diesem Zusammenhang die großen Fortschritte in Ländern wie Griechenland und Italien beim Abbau der faulen Kredite (NPLs): “Das könnte durchaus in zwei, drei, vier Jahren ein Niveau erreicht haben, wo wir sagen können, dass Europa seine Ziele erreicht hat.” Damit wäre eine große Hürde bei der Umsetzung von Edis aus dem Weg geräumt. Zugleich trat Kukies Kritik von Sparkassen und Genossenschaftsbanken entgegen: “Unser Vorschlag ist voll und ganz kompatibel mit der Institutssicherung. Er steht in keinerlei Widerspruch mit dem Drei-Säulen-System der deutschen Banken, er könnte sich sogar damit ergänzen”, sagte er.Zustimmung zur deutschen Initiative kam von EZB-Vizepräsident de Guindos. Der Vorschlag sei “ein richtiger Schritt”, sagte der Notenbanker bei der Konferenz in Frankfurt. Nun gehe es darum, auf dieser Basis weitere Gespräche zu führen. Befürworter von Edis hoffen, dass sich die Eurogruppe bei ihrer nächsten Sitzung Anfang Dezember zumindest auf einen weiteren Zeitplan für Verhandlungen einigen kann.In der Bundesregierung gibt es aber noch viel Widerstand gegen die Scholz-Pläne. “Da sind wir grundlegend skeptisch”, sagte etwa Bayerns Ministerpräsident Söder gestern dem “Handelsblatt”. Zum einen müssten derart grundlegende Beschlüsse in der Koalition gemeinsam getroffen werden. Zum anderen würden die Banken nach wie vor auf faulen Krediten sitzen; deshalb sei das Risiko einer europäischen Einlagensicherung zu hoch. “Die deutschen Sparer leiden schon genug unter den Niedrigzinsen. Dass sie jetzt noch zusätzlich mit Risiken aus anderen Ländern belastet werden sollen, halte ich für unvertretbar”, sagte Söder.Ähnlich äußerte sich gestern auch der CDU-Wirtschaftsrat. “Deutschland darf hier keinen Blankoscheck ausstellen”, sagte Generalsekretär Wolfgang Steiger: “Seit Jahren werden in den Eurostaaten, allen voran Italien, die Risiken im Bankensektor nicht abgebaut – im Gegenteil. Mit der Niedrigzinspolitik sind massiv neue Schuldenberge und Risiken aufgebaut worden. So lange nicht alle Eurostaaten die ihnen lange aufgetragenen Hausaufgaben gemacht haben, ist eine europäische Einlagensicherung konsequent abzulehnen. Es kann nicht sein, dass am Ende deutschen Sparern diese völlig unkalkulierbaren Risiken aufgebürdet werden, die ohnehin schon unter der Niedrigzinspolitik leiden.” Eine überhastete Umsetzung von Edis wäre “ein katastrophaler Irrweg”. Debatte über FTTStreit gab es zum Auftakt der Euro Finance Week zwischen Kukies und Hessens Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) über die Einführung einer Finanztransaktionssteuer (FTT). Kukies nannte die Kritik an den Plänen überzeichnet und verwies darauf, dass Großbritannien seit Jahrzehnten mit einer ähnlichen Steuer lebe, ohne dass das dem Finanzstandort London geschadet habe. Schäfer kritisierte, dass die Pläne ausgerechnet in der aktuellen Niedrigzinsphase den Vermögensaufbau fürs Alter via Aktien oder Aktienfonds erschwere. “Das kann nicht die Antwort auf die Herausforderungen dieser Tage sein.”