Streit um die Immobilienkredit-Richtlinie

Belege für einen Einbruch der Finanzierungen fehlen

Streit um die Immobilienkredit-Richtlinie

dpa-afx Berlin – Es klingt alarmierend: Vor allem ältere Menschen und junge Familien hätten in Deutschland zunehmend Probleme, ein Darlehen für die eigenen vier Wände zu bekommen, klagen Sparkassen und Volksbanken. Schuld an der Misere sei die Politik, die mit der Umsetzung von EU-Vorgaben aus Brüssel im März dieses Jahres überzogen habe. Die Bundesregierung müsse rasch handeln, fordert auch mancher Berliner Koalitionär sowie der Immobilien- und Bauverband. Nur: Wirklich belegen lässt sich ein Einbruch bei Krediten für Wohnimmobilien infolge der EU-Richtlinie bisher nicht.Dass Finanzpolitiker der Union den SPD-Justizminister Heiko Maas (SPD) auffordern, umgehend zu handeln, dürfte auch mit dem beginnenden Bundestagswahlkampf zu tun haben. Die eine oder andere rechtliche Klarstellung dürfte dennoch folgen. Denn teils geht es um Auslegungsfragen durch Rechtsexperten in Banken. Unstrittig ist in der gesamten Finanzbranche, dass die Wohnimmobilien-Kreditrichtlinie den Banken mehr abverlangt.Anfang September hatten die Sparkassen mit der Nachricht aufgeschreckt, im ersten Halbjahr seien bei ihnen rund 8,9 % weniger Wohnungsbaukredite zugesagt worden als im Vorjahr. Grund sei die EU-Richtlinie für Wohnimmobilienkredite, hatte der Präsident des Rheinischen Sparkassen- und Giroverbands, Michael Breuer, beklagt. Beim Dachverband DSGV heißt es, sicherlich spielten Unsicherheiten bei der Anwendung der Richtlinie eine Rolle.Aus aktuellen Zahlen der Bundesbank aber lässt sich kein Einbruch der Baufinanzierungen in der Bankenbranche ableiten. Angesichts der günstigen Rahmenbedingungen liege die “Vermutung nahe, dass mehr Haushalte mit solidem finanziellen Hintergrund Interesse an einer Kreditaufnahme zeigten, so dass die Banken im Ergebnis mehr Kredite vergeben konnten”, heißt es in ihrem Monatsbericht. Die an Privathaushalte ausgereichten Immobilienkredite seien Ende Juni – auf zwölf Monate gerechnet – um 3,8 % gestiegen. Ende 2015 habe das Plus auf Zwölf-Monats-Basis bei 3,5 % gelegen. Die Sparkassen argumentieren, in ihrer Statistik werde im Gegensatz zur Bundesbank das Neugeschäft betrachtet und nicht die Bestandsveränderung. Zudem bezögen sich die Zahlen auf die vergangenen sechs Monate und nicht auf zwölf Monate. “Ich habe den Eindruck, dass einige Institute dramatisieren”, sagt Dorothea Mohn vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. “Da wird jetzt viel geklappert.” Es sei nicht zu erkennen, dass Verbraucher mit guter Kreditwürdigkeit jetzt keine Darlehen mehr bekämen.