Basel III

Streit um die Zahlen

Was die Auswirkungen des Regelpakets Basel III auf die Kapitalanforderungen an Banken angeht, steht eine ansehnliche Bandbreite von Schätzungen zur Verfügung, auf die man sich je nach Präferenz berufen kann.

Streit um die Zahlen

Von Bernd Neubacher, Frankfurt

Die Debatte um die Effekte der Kapitalregeln Basel III drohen sich zu einer Art Kulturkampf auszuweiten zwischen den Verfechtern bankinterner Modelle und dem Lager derer, die ihren Wirkungskreis einschränken wollen. Entsprechend kontrovers werden die Folgen der Reform diskutiert. Dabei steht mittlerweile, was den Anstieg der Kapitalanforderungen angeht, eine ansehnliche Bandbreite von Schätzungen zur Verfügung, auf die man sich je nach Präferenz berufen kann.

So bezifferte Ende Oktober die EU-Kommission den Kapitalauftrieb für deutsche Banken auf 25%, die Deutsche Bundesbank dagegen auf nur 6%. Die EU-Kommission hat jedoch darauf hingewiesen, dass ihre Berechnung zu den Folgen für einzelne Staaten auf Daten der European Banking Authority (EBA) per Ende 2019 fußen und die Stichprobe gegenüber einer früheren Erhebung „signifikant reduziert“ wurde. Zudem haben diverse Erleichterungen, welche die Kommission kurzfristig in ihren Entwurf aufnahm, keinen Eingang gefunden.

Die Berechnung der Bundesbank dagegen basiert auf Übergangsregelungen, die bis Ende 2032 auslaufen. Den sich aus den danach geltenden Regeln ergebenden Anstieg beziffert der Verband der Pfandbriefbanken sogar auf bis zu 30%. Die Organisation verweist auf die Auswirkungsstudie der Kommission, die, wiederum auf Basis der mit Einschränkungen versehenen EBA-Daten, für Immobilienfinanzierer in der EU einen Anstieg der Mindestkapitalanforderungen um rund 16% ermittelt. Da der Effekt für deutsche Institute, die in größerem Ausmaß auf interne Modelle setzen als viele Wettbewerber im EU-Ausland, generell stärker ausfällt, ist zu erwarten, dass auch die deutschen Immobilienfinanzierer mit einem deutlicheren Auftrieb als im EU-Durchschnitt rechnen müssen, argumentiert der Verband deutscher Pfandbriefbanken (VDP). Zudem beziehe sich die Projektion der Kommission nur auf das Jahr 2030. Da einige Übergangsbestimmungen 2032 entfielen, sei der Anstieg nach Wegfall der Übergangsbestimmungen noch größer, heißt es. Auch Berechnungen des Verbands ergäben für deutsche Immobilienfinanzierer einen An­stieg um mehr als 25 %.

Diese Angaben stehen im Kontrast zu Einschätzungen der LBBW, die immerhin 29 Mrd. Euro an Immobilien- und Projektfinanzierungen auf der Bilanz hat. Die Auswirkungen des Regelwerks seien „nicht dramatisch“, sagte jüngst ihr Vorstandsvorsitzender Rainer Neske: „Sie sehen mich da nicht schlaflos werden.“ Ähnliche Töne sind auch andernorts bei Landesbanken zu hören. Bei Beobachtern wird dies damit erklärt, dass der interne Modelle beschränkende Output Floor nur höchster Konsolidierungsebene zu berechnen ist und Landesbanken dabei von Diversifikation profitieren.

Was die Auswirkungen von Basel III auf Deutschlands Hypothekenfinanzierer nach Ende der Übergangsfristen angeht, dürfte auch die Bundesbank Berechnungen angestellt haben. Offenbar scheut die Zentralbank aber davor zurück, elf Jahre in die Zukunft reichende Prognosen zu publizieren. Eine Übergangsperiode von mehr als zehn Jahren gebe ausreichend Zeit zur Anpassung, heißt es auf Anfrage. Eine statische Berechnung könne „so die tatsächlichen Kosten überschätzen“.

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