EMIR - EUROPEAN MARKET INFRASTRUCTURE REGULATION - SERIE: DERIVATE-REGULIERUNG (5)

Strikte Vorgaben für die Besicherung

Börsen-Zeitung, 14.3.2013 Die Emir-Verordnung basiert auf drei Säulen. Die zentrale Clearingpflicht wird flankiert von der Pflicht, sämtliche OTC-Derivategeschäfte an Transaktionsregister zu melden. Ebenfalls sind bilaterale...

Strikte Vorgaben für die Besicherung

Die Emir-Verordnung basiert auf drei Säulen. Die zentrale Clearingpflicht wird flankiert von der Pflicht, sämtliche OTC-Derivategeschäfte an Transaktionsregister zu melden. Ebenfalls sind bilaterale Risikomanagementvorschriften anzuwenden.Es besteht für sämtliche Akteure am OTC-Derivatemarkt die große Herausforderung, sich im Hinblick auf die Notwendigkeit der regulationskonformen Umsetzung mit dem Thema der Besicherung (Collateral) in allen drei Bereichen auseinanderzusetzen. Diese gilt es, unter Berücksichtigung weiterer regulatorischer Vorgaben durch den Dodd-Frank Act, Basel III/CRD IV, Solvency II und zukünftig Mifid II möglichst effizient zu lösen.Eine Besicherungsanforderung besteht im Fall des zentralen Clearings per se in Form der Initial- sowie der Variation Margin. Während die Variation Margin ausschließlich in Barmitteln geleistet werden kann, orientieren sich die zusätzlich möglichen Wertpapiersicherheiten der Initial Margin an hochliquiden Wertpapieren bester Qualität. Selbst für qualitativ hochwertige Sicherheiten werden seitens der Zentralen Gegenparteien (CCPs) Haircuts veranschlagt. So müssen zum Beispiel für Staatstitel der EU-Peripherie bis zu 117 % unterlegt werden, um eine volle Besicherung herzustellen. Das Angebot an akzeptierten Wertpapiersicherheiten der CCPs und den damit verbundenen Haircuts wird ein Wettbewerbsfaktor sein, aber auch eine herausfordernde Risikoposition, welche die CCPs mit ihren Risikosystemen steuern müssen. Optimierung von AktivaFinanzinstitute und deren Collateral Manager werden sich zusehends mit der Optimierung von Aktiva befassen müssen, um neben der Liquiditäts- und Sicherheitenbeschaffung für das Clearinggeschäft auch die Vorgaben der CRD IV – wie Liquidity Coverage Ratio (LCR) und Net Stable Funding Ratio (NSFR) – zu steuern. Ein Collateral muss entweder für LCR und NSFR verwendet werden oder zu Clearingzwecken. Eine Doppelbelegung ist nicht zulässig, was zu einem klassischen Trade-off hinsichtlich der Widmung der Wertpapiere führt.Clearing Broker und Wertpapierverwahrer bieten für Kunden mitunter einen Collateral Management Service an, der sowohl Marginforderungen gegenüber CCPs als auch bilaterale Besicherungsanforderungen umfasst. Hierbei werden die vorhandenen Wertpapiere optimal auf die unterschiedlichen Anforderungen allokiert. Dabei werden nicht CCP eligible Wertpapiere in akzeptierte Sicherheiten transformiert oder per Leihe zur Verfügung gestellt. Zur Kostenoptimierung wird dieser Service häufig mit weiteren Wertpapierleiheaktivitäten verknüpft. Die Komplexität steigt naturgemäß mit der Anzahl von CCPs und unterschiedlichen Assetklassen in Zukunft noch stärker an.Für die Eigenmittelunterlegung gilt im Clearing-Fall eine Durchschaumöglichkeit auf das Gegenparteirisiko des CCPs. Dieser Umstand wird in Form des privilegierten Risikogewichts zur Exposure-Berechnung berücksichtigt. Für diese Privilegierung gelten nach jüngstem Stand der CRD IV die Voraussetzungen, dass gezahlte Margins segregiert auf der Ebene des CCP verwahrt werden, die im Vergleich zu sogenannten Omnibus Accounts einen erweiterten Insolvenzschutz aufweisen. Ebenfalls muss die Portierung des Kundenportfolios “sehr wahrscheinlich” sein. Für die Erfüllung beider Kriterien gilt ein privilegiertes Risikogewicht von 2 %. Sollten beide oder eines der Kriterien nicht erfüllt sein, gelten 4 %. Im Falle einer treuhänderischen Verwahrung der Sicherheiten würde das Risikogewicht sogar entfallen. Aufgrund des Wegfalls der CVA-Charge bei gecleartem Geschäft ist eine Kosten-Nutzen-Analyse ratsam, welche vor allem bei freiwilligem Clearing Unterschiede in Eigenmittelkosten versus ggf. günstigerem Clearing aufzeigen kann.Neben den Finanzinstituten werden auch die Versicherer in den Anwendungskreis der Emir-Verordnung und dadurch erforderliche Collateral-Optimierungsmaßnahmen einbezogen. Versicherer als regulierte, langfristige Investoren profitieren dabei einerseits von der Senkung der Kontrahentenrisiken. Andererseits werden durch die Besicherungspflichten die Herausforderungen bei der Steuerung der Kapitalanlagen im Niedrigzinsumfeld zusätzlich verstärkt. Der Einsatz von Derivaten ist Versicherungsunternehmen aktuell nur als Absicherungs-, Erwerbsvorbereitungs- oder Ertragsvermehrungsgeschäft im Rahmen der aufsichtsrechtlichen Grenzen erlaubt. Derivate werden primär im Rahmen des Asset-Liability-Managements eingesetzt und stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Versicherungsgeschäft. Eine Zuführung zum gebundenen Vermögen ist unzulässig. Dem Treuhänder einer Versicherung ist es daher nicht gestattet, Vermögensgegenstände des gebundenen Vermögens unmittelbar als Sicherheitenstellung im Rahmen der Emir-Verordnung einzusetzen. Die Stellung von Wertpapiersicherheiten ist somit lediglich aus dem freien Vermögen abbildbar.In der derzeit durchgeführten Auswirkungsstudie zu langfristigen Garantien unter Solvency II wird die Absicherungswirkung von OTC-Derivaten nur anerkannt, sofern diese den Anforderungen der Emir-Verordnung entsprechen. Dies gilt sowohl für den Direktbestand als auch für im Sondervermögen gehaltene OTC-Derivate. Tägliche MeldungSämtliche nach dem 16. August 2012 abgeschlossenen OTC-Derivatekontrakte müssen voraussichtlich ab dem 23. September 2013 an Transaktionsregister gemeldet werden. Hinzu kommt eine tägliche Meldung der Besicherung des jeweiligen Geschäfts. Diese Meldung ist Ereignisbezogen, d. h., bei Statusänderungen des betreffenden Derivats sollte eine laufende Meldung durch einen reduzierten Meldesatz bestehend aus dem Unique Trade Identifier (UTI) und der Besicherungsposition ausreichen.Teile der allgemeinen ESMA-Standards werden am 15. März 2013 in Kraft treten (rechtzeitige Bestätigung und Bewertung). Sechs Monate danach gilt es auch, die erweiterten Risikominderungstechniken umzusetzen. Die technischen Standards zur bilateralen Besicherung sind aus diesen allgemeinen Standards herausgelöst, da ein größerer internationaler Abgleich durch den Basler Ausschuss für Bankenaufsicht und die Internationale Vereinigung der Wertpapieraufsichtsbehörden notwendig ist. Die hieraus erwachsenden Pflichten treten zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft.Die Pflicht, auch bilaterale Derivatgeschäfte zu besichern, trifft laut Aussagen des Internationalen Währungsfonds auf ein Drittel aller Zins- und Kreditderivate und zwei Drittel aller übrigen Derivate zu. Diese sind nicht standardisiert und liquide genug, um sie über CCPs zu clearen. Ab 50 Mill. EuroIn Zahlen basierend auf den jüngsten Statistiken ergeben sich somit für 165 Bill. Dollar nicht clearingfähige Zinsderivate, für 9 Bill. Dollar Kreditderivate und für 79 Bill. Dollar sonstige Derivate. Eine Besicherung selbiger war bislang noch nicht regulatorisch vorgeschrieben. Zukünftig wird nach jüngstem, nahezu finalem Arbeitsstand dieses Geschäft per Variation Margin voll zu unterlegen sein. Bei der Initial Margin gilt eine Besicherungspflicht, sobald diese zwischen den Gegenparteien 50 Mill. Euro übersteigt. Es werden für die Besicherung ebenfalls hochliquide und hochqualitative Sicherheiten zu unterlegen sein. Demnach ist davon auszugehen, dass auch durch diesen Anteil des nichtclearbaren Geschäfts ein weiteres Drehrad in der Liquiditäts- und Collateral-Steuerung hinzukommt, was ebenfalls Auswirkungen auf die hochqualitativen Assets und deren Nachfrage haben wird. Die Summe nachgefragter, hochliquider und hochqualitativer Aktiva aus Gründen bilateraler sowie geclearter Besicherung könnte einen Collateral-Crunch auslösen. Die Zahlen des Margin Reports der Handelsorganisation ISDA weisen bereits einen erheblichen Anstieg der Marginstellungen auf.Für Akteure am Markt für OTC-Derivate gilt es nun, Entscheidungen zu treffen, um eine möglichst optimale Erfüllung sämtlicher Vorschriften zu ermöglichen. Dafür ist eine ganzheitliche und strategische Diskussion mit den jeweiligen Clearing Brokern maßgeblich.—-Zuletzt erschienen:- 7. März: Direkte Mitgliedschaft oder Client Clearing- 26. Februar: US-Regulierung nach Dodd-Frank offenbart Unterschiede zu EU-Regeln