"Buy now pay later"

Striktere Auflagen für Verbraucherkredite

Mehr Verbraucherschutz beim Kauf von Konsumartikeln, Reisen, Autos: Für Bezahlangebote wie "Buy now pay later" kommen striktere Regeln. In der Umsetzung haben die EU-Staaten indes viel Spielraum.

Striktere Auflagen für Verbraucherkredite

Striktere Auflagen für Verbraucherkredite

EU-Parlament nimmt Verbraucherschutzreform nach neunmonatiger Hängepartie an – "Buy now, pay later" im Fokus

Mehr Schutz beim Kauf von Konsumartikeln, Reisen, Autos: Darauf zielt die Reform der Verbraucherkreditrichtlinie. Bis zur endgültigen Einigung in Brüssel hat es ungewöhnlich lange gedauert. Für Angebote wie "Buy now, pay later" kommen striktere Regeln. In der Umsetzung haben die EU-Staaten indes viel Spielraum.

rec Brüssel

Nach einer ungewöhnlichen Hängepartie von einem Dreivierteljahr sind neue Regeln für Verbraucherkredite in der EU so gut wie beschlossen. Das EU-Parlament hat sie am Dienstag angenommen. Somit fehlt nur noch die Zustimmung der EU-Staaten, die in wenigen Wochen zu erwarten ist. Die Reform zielt auf mehr Verbraucherschutz beim Kauf aller Arten von Konsumartikeln, Reisen und bei größeren Anschaffungen wie Autos. Sie ist von einiger Brisanz, wovon die lange Verzögerung zeugt. Eigentlich hatten Rat und EU-Parlament bereits vor neun Monaten eine grundsätzliche Einigung verkündet. Daraufhin brach Streit über technische Details aus.

Erschwert wurde die Reform durch den Umstand, dass es sich bei den Bezahlmodalitäten im stationären und Online-Handel sowie für private Dienstleistungen primär um eine nationale Domäne handelt. Die 27 EU-Staaten behalten erheblichen Spielraum. Sie müssen indes ihre Vorgaben zum Verbraucherschutz an einigen Stellen nachbessern.

Insbesondere geht es um ein Angebot namens "Buy now, pay later". Dabei handelt es sich um eine noch recht neue Form des Rechnungskaufs auf Raten. Sie erfreut sich vor allem bei Einkäufen im Online-Handel stark steigender Beliebtheit. So diagnostiziert die Kreditauskunftei Schufa einen Boom bei Kleinkrediten, den sie in erster Linie auf "Buy now, pay later" zurückführt (siehe Grafik).

BaFin warnt vor "Buy now, pay later"

Aus Verbrauchersicht habe diese neue Flexibilität durchaus Tücken, warnt die Finanzaufsicht BaFin. So seien nicht nur die angebotenen Konditionen, verglichen mit anderen Möglichkeiten zur Konsumfinanzierung, oft teuer. "Niedrige Einzelraten und Fälligkeitsdaten, die in scheinbar ferner Zukunft liegen, können auch zu unbedachtem Handeln verleiten."

Die EU-Gesetzgeber reagieren darauf mit einigen Neuerungen. Mehrere Arten von Kleinkrediten sind neu erfasst. Dafür entfällt die bisherige Bagatellgrenze, ab der die Auflagen für Verbraucherkredite greifen: Die EU-Staaten müssen auch für Kreditsummen unter 200 Euro eine verpflichtende Kreditwürdigkeitsprüfung einführen. Außerdem wird die Werbung für Verbraucherkredite stärker reglementiert, etwa durch Warnhinweise beim Online-Kauf.

Die EU-Staaten haben bis 2025 Zeit, die Vorgaben der Richtlinie umzusetzen. Nicht festgelegt ist, welche Informationen Banken und andere Kreditgeber einholen müssen. "Eine Schufa-Abfrage reicht für uns nicht aus", sagt Johannes Müller vom Verbraucherschutzverband vzbv. Er fordert die Bundesregierung zudem auf, "im Rahmen der nationalen Umsetzung die Wuchergesetzgebung zu reformieren". Eine Obergrenze für stark überteuerte Kreditzinsen, wie sie Müller mit Blick auf Verbraucherkredite generell fordert, schreibt die Richtlinie allerdings nicht vor.

Der Europaabgeordnete Malte Gallée von den Grünen bewertet die Reform dessen ungeachtet als Erfolg. "Was aussieht wie ein Kredit, soll auch behandelt werden wie ein Kredit", sagt Gallée. Er weist auf das Phänomen der "Klarna-Schulden" hin: Junge Menschen, die sich mit hohen Schulden im Online-Shopping brüsten. "Dem haben wir jetzt einen Riegel vorgeschoben."

Ewiges Widerrufsrecht fällt

Im Zuge der Reform der Verbraucherkreditrichtlinie fällt das ewige Widerrufsrecht. Das heißt: Kunden können Kreditverträge nur noch maximal binnen eines Jahres und 14 Tagen kündigen, selbst wenn sie bei Vertragsabschluss falsch oder unzureichend über ihre Rechte informiert worden sind. Dieses zentrale Anliegen der Bankenbranche haben die EU-Gesetzgeber ebenso in den neuen Vorgaben für den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen berücksichtigt. Das Regelwerk für Finanzgeschäfte per Internet und Telefon ist ebenfalls kürzlich reformiert worden. Immobilienkredite sind bei der jetzigen Reform für Verbraucherkredite außen vor, denn dafür gibt es seit 2014 ein eigenständiges EU-Gesetz.

Korrektur: In der ursprünglichen Version des Artikels hieß es unter Verweis auf den Bundeszentrale Verbraucherverband (vzbv): „Eine Obergrenze für Kreditzinsen, wie sie Müller mit Blick auf Dispozinsen fordert, sieht die Richtlinie allerdings nicht vor.“ Der vzbv legt Wert auf die Feststellung, dass sich die Forderung nach Kostenobergrenzen nicht gesondert auf Dispozinsen, sondern auf Verbraucherkredite generell bezieht. Dabei gehe es nicht um eine Deckelung unter Marktniveau, wie es in der Diskussion um Zinsen des Dispositionskredites von einigen Akteuren, jedoch nicht vom vzbv, gefordert werde. Wir haben die entsprechende Stelle korrigiert.

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