Südwest-Sparkassen verdreifachen Vorsorge

Institute in Baden-Württemberg wappnen sich mit 382 Mill. Euro für Kreditausfälle im laufenden Jahr

Südwest-Sparkassen verdreifachen Vorsorge

Die baden-württembergischen Sparkassen verdreifachen 2020 im Vergleich mit dem Vorjahr ihre Kreditrisikovorsorge. In der im Juni verkündeten Übernahme eines Geschäftsfelds der BayernLB durch die LBBW sieht der Sparkassenpräsident Südwest ein vielversprechenderes Modell in der Neuorientierung der Landesbanken als in Fusionen.spe Stuttgart – Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie schlagen auf die Kreditbücher der Sparkassen im deutschen Südwesten durch. Wie der Präsident des Sparkassenverbands Baden-Württemberg (SVBW), Peter Schneider, bei der Vorstellung der Halbjahreszahlen in Stuttgart sagte, rechneten die 51 Institute nach derzeitigem Stand damit, ihre Kreditrisikovorsorge im laufenden Jahr deutlich auf insgesamt 382 Mill. Euro aufstocken zu müssen. Davon führte Schneider drohende Kreditausfälle im Volumen von 250 Mill. Euro auf die Corona-Pandemie zurück. Im vergangenen Jahr hatte das Bewertungsergebnis noch bei 127 Mill. Euro gelegen.Schneider betonte, dass die Bildung der avisierten Risikovorsorge für die Südwest-Sparkassen verkraftbar sei. Am Ende werde sich der verfügbare Gewinn zwar mehr als halbieren, aber immer noch positiv sein. Zum Vergleich: Unmittelbar nach der Finanzkrise hatten die Institute im Jahr 2009 Wertberichtigungen von 600 Mill. Euro ausgewiesen. “2021 wird das Jahr der Wahrheit für die Folgen von Corona”, sagte Schneider. Auch dann rechnet er mit einer erhöhten Risikovorsorge. Wirecard schlägt durch In einigen Wochen werde eine Kreditlinie, welche die LBBW dem insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard eingeräumt hat, “ergebnisrelevant”, so Schneider. Nach Erkenntnissen der Nachrichtenagentur Bloomberg beträgt die Kreditlinie 200 Mill. Euro.Für das erste Halbjahr 2020 berichtete der Sparkassenpräsident von rekordhohen Werten sowohl auf der Einlagen- als auch auf der Kreditseite. So stiegen die Kundeneinlagen um insgesamt 5,4 % auf 150,7 Mrd. Euro. Parallel dazu legten die Kreditbestände bei Privatpersonen um 5,0 % auf 66,4 Mrd. Euro und bei Unternehmen um 4,5 % auf 66,4 Mrd. Euro zu – eine Entwicklung, die Schneider mit dem anhaltenden Vertrauen in die Sicherheit der Sparkassen begründete. Ungeachtet der Coronakrise entwickelte sich auch der Markt für Immobilienkredite weiterhin mit hohen Wachstumsraten. Angesichts eines Zuwachses von 6,4 % auf einen Bestand von 72,4 Mrd. Euro in diesem Bereich konstatierte Schneider, dass es keinen Nachfrage-Einbruch nach Immobilienkrediten gebe.Unterm Strich registrierten die 51 Sparkassen im Südwesten im ersten Halbjahr rekordhohe Kreditzusagen von 15,1 Mrd. Euro, wovon ein substanzieller Anteil Corona-Hilfen zuzuordnen ist. Seit Beginn der Krise haben die baden-württembergischen Sparkassen in 51 000 Fällen Kreditraten von Privat- und Firmenkunden ausgesetzt, was insgesamt Stundungen im Volumen von 1,14 Mrd. Euro ausmacht. Insgesamt haben die Institute aktuell 1,3 Millionen Kredite mit einem Volumen von 139 Mrd. Euro vergeben. Bei der Diskussion über die Neuordnung der Landesbanken lenkte Schneider das Thema auf eine Vereinbarung zwischen Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) und BayernLB, die die beiden Institute vor Kurzem verkündet hatten (vgl. BZ vom 25. Juni). Demnach soll die LBBW voraussichtlich zum 1. Januar 2021 von der BayernLB das Geschäftsfeld Zins-, Währungs- und Rohstoffmanagement für Firmenkunden der Sparkassen übernehmen. Schneider nannte diese Vereinbarung “einen sehr relevanten Schritt der Südschiene” und machte dabei deutlich, dass er bei der Neuausrichtung der Landesbanken derartige Fokussierungen auf Kompetenzfelder etwaigen Fusionen vorziehe. Eine Entscheidung, ob sich DekaBank und Helaba möglicherweise zusammentun, wird es nach Ansicht Schneiders nicht vor 2022 geben. Kritik an Dividenden-VotumHarsche Kritik übte der Sparkassenpräsident indessen an der Empfehlung der Europäischen Zentralbank (EZB) an die Banken, bis zum 1. Januar 2021 keine Dividenden auszuschütten, sondern weiter Kapital- und Liquiditätspuffer aufzubauen. Bekanntlich hält der SVBW gut 40 % an der LBBW, deren Anteilseigner, neben den Sparkassen das Land Baden-Württemberg und die Stadt Stuttgart, nach der Finanzkrise das Institut mit 5 Mrd. Euro frischem Eigenkapital stützen mussten. Die Zinsen für die dafür aufgenommenen Mittel konnten bisher aus der Ausschüttung der LBBW bedient werden. Bei einem “Dividendenverbot”, das Schneider höchstproblematisch nannte, fehlten den Sparkassen aber diese Mittel. Von den in Aussicht gestellten 259 Mill. Euro an Dividende hätten die Sparkassen 105 Mill. zu erwarten gehabt. Sollten sich Geldgeber auf derartige Annahmen nicht mehr verlassen können, stelle sich die Frage, wer künftig Banken überhaupt noch Kapital zur Verfügung stellen solle.