Rückversicherer legt Halbjahresergebnis vor

Swiss Re will berechenbarer werden

Swiss Re hat im ersten Halbjahr 2,1 Mrd. Dollar verdient und die Erwartungen der Investoren deutlich übertroffen. Unter dem neuen CEO Andreas Berger ist der Konzern auf gutem Weg, das Jahresgewinnziel von 3,6 Mrd. Dollar zu übertreffen. Berger macht alles dafür.

Swiss Re will berechenbarer werden

Rückversicherung

Swiss Re will berechenbarer werden

Neuer CEO verschafft sich Spielraum mit kräftigen Nachreservierungen im Halbjahr

dz Zürich

Seit Anfang Juli steht der frühere Allianz-Manager Andreas Berger an der Spitze der Swiss Re. Das ist der offizielle Termin. Tatsächlich aber dürfte der 58-jährige Deutsche die Zügel im Management der Münchner-Rück-Konkurrentin schon länger in den Händen halten. Vielleicht schon seit Oktober, wie Berger am Donnerstag auf der Pressekonferenz mit einem Versprecher selbst sagte.

Als Sanierer bewährt

Wie auch immer: Der neue CEO weiß schon lange, was er will. Als Sanierer der Unternehmenssparte Corporate Solutions hat man seinen einfachen Stil beim Schweizer Rückversicherer sechs Jahre kennengelernt. Berger ist kein Strategiegenie, wie es sein Vorgänger Christian Mumenthaler gerne eines gewesen wäre. Berger ist ein Macher, ein entschlossener Aufräumer. Das mag ein Nachteil sein, wenn sich Unternehmen strategisch im Schwebezustand befinden. Für Swiss Re hat der neue CEO im Moment aber offensichtlich genau das richtige Profil.

Jedenfalls reagierten Investoren geradezu begeistert, als er am Donnerstag auf seiner ersten Pressekonferenz als Konzernlenker den Semestergewinn von 2,1 Mrd. Dollar präsentierte, für den es aufgrund des Wechsels von US GAAP zu IFRS 17 nur eingeschränkt vergleichbare Vorjahreswerte gibt. Die Aktien stiegen an der Six Swiss Exchange zeitweise um 4% auf über 115 sfr in der Erwartung, dass der prognostizierte Gewinn von mindestens 3,6 Mrd. Dollar für das ganze Jahr schon fast in trockenen Tüchern ist.

Aktien performen gut

So und nicht anders will es auch Andreas Berger. Er versprach seinen Aktionären, deren Erwartungen mindestens zu erfüllen oder eher noch zu übertreffen. Swiss-Re-Aktien zeigen seit einigen Monaten eine gute Performance, eine bessere sogar als Munich Re, die ihrer unberechenbaren Schweizer Konkurrentin an der Börse jahrelang vorausgeeilt war.

Auch im Versicherungsgeschäft hat Berechenbarkeit viel mit dem Prinzip kaufmännischer Vorsicht zu tun: Sorge in guten Zeiten für schwierigere Zeiten vor! Dazu bot sich Swiss Re im Berichtshalbjahr eine hervorragende Gelegenheit. Der Konzern blieb von kostspieligen Naturkatastrophen fast gänzlich verschont. Zwei Überschwemmungen kosteten unter 100 Mill. Dollar. Dieses Bild kann sich durch die anlaufende Hurrikansaison in Nordamerika noch ändern.

Der Finanzchef von Swiss Re, John Dacey, rechnet mit weiter steigenden Preisen für Rückversicherungsdeckung. „Wir gehen derzeit von einer anhaltend starken Nachfrage nach Rückversicherungsschutz aus“, sagte er Reuters.

Unberechenbares Geschäft

Von den nicht benötigten Rückstellungen für Katastrophenschäden von rund 600 Mill. Dollar hat Swiss Re in der Halbjahresrechnung nur 100 Mill. Dollar aufgelöst. Stattdessen wurden weitere 650 Mill. Dollar Rückstellungen für US-Haftpflichtrisiken gebildet. Das US-Prozessfinanzierungssystem mit seinen üppigen Erfolgsprämien für Klägeranwälte und die Urteile der oft sehr verbrauchernahen Geschworenengerichte machen das US-Haftpflichtgeschäft seit Jahren unberechenbar. „Wenn wir Risiken nicht modellieren und verstehen können, exponieren wir uns nicht“, sagt Berger.

Nach diesem Motto wickelt Swiss Re nun auch den White-Label-Versicherer Iptiq ab. Eine weitere Wertberichtigung von 111 Mill. Dollar gibt dem Konzern Spielraum für eine undramatische Abwicklung. Keine negativen Überraschungen mehr, das ist die Devise von Berger.

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