Syndizierung - das unterschätzte Instrument
Die Syndizierung beziehungsweise die Konsortialfinanzierung ist in der gewerblichen Immobilienfinanzierung eines der klassischen Instrumente zur Bereitstellung großvolumiger Finanzierungen. Jedoch kommt der Syndizierung sowohl bei Darlehensgebern als auch bei Darlehensnehmern derzeit vielfach kein größerer Stellenwert zu. Zu groß ist bei den Finanzierern aktuell der Bedarf, eine Finanzierung komplett alleine auf die Bilanz zu nehmen, und zu groß ist bei den Darlehensnehmern das Ansinnen, nur mit einer einzigen Finanzierungspartei zu sprechen. Dabei hat die Syndizierung unbestreitbare Vorteile. Im Kreditwesen ist die Syndizierung eines der wichtigen Werkzeuge des Kreditrisikotransfers und leistet damit auch einen wichtigen Beitrag zur Einhaltung regulatorischer Vorgaben.Was bedeuten die häufig synonym verwendeten Begriffe Syndizierung beziehungsweise Konsortium? Das Wort Syndizierung leitet sich letztlich aus dem Griechischen ab. Syndikat bedeutet Verwalter. Das Wort Konsortium ist lateinischen Ursprungs und bedeutet Gemeinschaft. Im Kreditwesen spricht man dann von Syndizierung, wenn eine Gruppe von Finanzierern gemeinsam eine Finanzierung bereitstellt. In der Regel fungiert dabei ein Finanzierer als Verwalter beziehungsweise als Agent der Finanzierung – bei größeren Finanzierungen kann die Rolle des Agents auch an eine dritte Partei ausgelagert werden. Diverse VariantenBei der Syndizierung gibt es diverse Ausgestaltungsvarianten. Typischerweise initiiert eine Bank als sogenannter Arranger die Bildung eines Konsortiums und lädt als Konsortialführerin weitere Kreditgeber ein, sich an einer Finanzierung zu beteiligen. Die gängigsten Ausprägungen der Syndizierung sind der Club Deal und das Underwriting. Bei einem Club Deal verabreden sich mehrere Finanzierer, eine großvolumige Finanzierung gemeinsam bereitzustellen.Beim Underwriting hingegen stellt ein einzelner Finanzierer die gesamte Finanzierung zunächst alleine dar, sucht aber parallel oder im Nachgang zum Closing weitere Finanzierer, die sich später mit Teilbeträgen an der Gesamtfinanzierung beteiligen. Das Underwriting hat somit für den Darlehensnehmer den Vorteil, dass er nur mit einem Vertragspartner spricht und im Idealfall von der Syndizierung nur wenig oder gar nichts mitbekommt.Die Notwendigkeit zur Bildung eines Syndikats kann ganz unterschiedliche Gründe haben. Der wichtigste Grund ist, dass durch Konsortien deutlich größere Finanzierungen bereitgestellt werden können, als es durch einen einzelnen Finanzierer möglich wäre. Insbesondere Banken sind aufgrund meist regulatorisch induzierter Restriktionen, wie zum Beispiel Großkreditvorschriften, Risikotragfähigkeit und anderen Eigenkapitalvorschriften, in der Kreditvergabe limitiert. Weitere typische Gründe für eine Syndizierung können zum Beispiel die Risikodiversifizierung oder die Verbesserung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit durch Margenskimming sein.An Gründen zur Syndizierung mangelt es also nicht. Insbesondere im aktuellen Umfeld mit recht weit fortgeschrittenem Immobilienzyklus und immer weiter steigenden regulatorischen Anforderungen sollten Syndizierungsaktivitäten eigentlich an der Tagesordnung sein. So wird beispielsweise in den Stresstests der Aufsicht regelmäßig der Ausfall der größten Kredite im Portfolio der Banken simuliert. Je kleiner hierbei die Finanzierungen sind, deren Ausfall simuliert wird, desto niedriger ist der zu erwartende Eigenkapitalverbrauch. Eine höhere Granularität im Portfolio der Bank wirkt somit spürbar eigenkapitalentlastend. Somit könnten Banken, die typischerweise größere Finanzierungen vergeben, durch konsequentes Absyndizieren von Darlehensteilen die Granularität im Portfolio erhöhen. Relativ ruhig am MarktIn Zeiten hoher und steigender Eigenkapitalanforderungen bei Banken wäre es somit eigentlich zu erwarten, dass die Syndizierungsaktivitäten zunehmen. Allerdings scheint das Gegenteil der Fall zu sein. Schenkt man dem Research und den “League Tables” (regelmäßig publizierten Rankings der aktivsten Syndizierer) Glauben, sind die Syndizierungsaktivitäten bei gewerblichen Immobilienfinanzierungen in den letzten beiden Jahren zurückgegangen. Auch in den ersten Monaten dieses Jahres war es am Syndizierungsmarkt relativ ruhig.Was sind die Gründe? Der wohl wichtigste Grund ist der hohe und sich immer noch verschärfende Wettbewerb unter den Immobilienfinanzierern. Neben Banken und Versicherungen, die nach wie vor zum Teil sehr hohe Neugeschäftsziele haben, finden auch immer mehr Investoren Geschmack an der Bereitstellung von Finanzierungen für gewerblich genutzte Objekte. Die recht hohe Anzahl an neu aufgelegten Kreditfonds ist ein deutlicher Beleg hierfür. Aus Sicht der Investoren ist die Bereitstellung von Finanzierungen für Immobilien im Vergleich zum direkten Erwerb von Immobilien risikoärmer und mit geringerem Analyse- und Managementaufwand verbunden. Somit verschärft sich der Wettbewerb durch das seit Jahren steigende Angebot an Finanzierungsprodukten.Hinzu kommt, dass die Nachfrage nach Finanzierungen stagniert oder sogar leicht zurückgeht. Zwar bewegt sich das Investitionsvolumen bei gewerblichen Immobilien in Deutschland seit Jahren auf einem sehr hohen Niveau, in einigen Teilmärkten ist aber die Anzahl an Transaktionen gesunken. Steigerungen beim Investitionsvolumen waren daher vermehrt preisgetrieben, da Investoren zwar weniger Objekte gekauft haben, dafür aber höhere Preise zahlen mussten. Weiterer Druck auf die Finanzierungsnachfrage kommt auch daher, dass viele Immobilien rein aus Eigenkapital gekauft werden. Weniger Transaktionen bedeutet aber auch, dass weniger Kredite nachgefragt werden.Der Mangel an Transaktionen führt dazu, dass Finanzierer, die ihre Neugeschäftsziele erfüllen wollen, verstärkt versuchen, die gesamte Finanzierung auf den eigenen Büchern zu halten. Eine Absyndizierung von Darlehensteilen, selbst wenn sie aus einem der genannten Gründe Sinn macht, wird vermieden. In vielen Fällen ist eine Syndizierung zudem auch gar nicht mehr möglich. Da der Wettbewerb in den allermeisten Fällen über die Marge gewonnen wird, findet der erfolgreiche Finanzierer kaum mehr Partner, die sich an dieser Finanzierung auf dem niedrigen Margenniveau beteiligen können. Öffentliche WahrnehmungAktuell erlangen im Wesentlichen die Club Deals, mit denen Finanzierungen in einer Größenordnung von mehreren hundert Millionen gestemmt werden, eine größere öffentliche Aufmerksamkeit. Und Finanzierer, die sich an diesen Finanzierungen beteiligen, belegen meist auch die vorderen Plätze in den publizitätswirksamen “League Tables” für Syndizierungen. Die Fokussierung der Wahrnehmung auf die wenigen, aber besonders öffentlichkeitswirksamen Großtransaktionen verzerrt jedoch das Bild auf das Syndizierungsgeschehen. Sie lassen die Syndizierung in Deutschland volumenmäßig zu gering erscheinen. Denn ein nicht unerheblicher Teil der Syndizierungsaktivitäten ist deutlich kleinteiliger und findet meist unbemerkt von der öffentlichen Wahrnehmung statt.In der Tat muss eine Syndizierung nicht zwangsläufig mit großen Partnern beziehungsweise mittels großer Abschnitte erfolgen. Kleinteilige Syndizierungen sind denkbar und werden auch intensiv genutzt. So beteiligen zum Beispiel die großen genossenschaftlichen Immobilienfinanzierer MünchenerHyp, DG Hyp und WL Bank gerne die Volks- und Raiffeisenbanken an ihren großvolumigen gewerblichen Immobilienfinanzierungen. Und auch viele große Landesbanken bieten ihren Eigentümern, den regionalen Sparkassen, Beteiligungen an ihren Finanzierungen an. Dabei sind die Beteiligungsbeträge meist eher klein. Beteiligungen von 2 bis 10 Mill. Euro sind keine Seltenheit – selbst wenn die zugrunde liegende Finanzierung weitaus größer ist.Die Münchener Hypothekenbank möchte im Rahmen ihrer “Originate to distribute”-Strategie die sogenannte Verbundsyndizierung weiter ausbauen. Die eher auf kleine Beteiligungsbeträge ausgerichtete Verbundsyndizierung wird von der MünchenerHyp als ideale Ergänzung zur klassischen, eher auf größere Syndizierungsabschnitte ausgerichteten Syndizierung angesehen. Während die meisten klassischen Immobilienfinanzierer in der Regel eher an größeren Syndizierungsbeträgen interessiert sind – unter 20 Mill. Euro lohnt sich für viele Banken der Prüfungsaufwand nicht -, sind die Volks- und Raiffeisenbanken auch gerne bereit, deutlich kleinere Volumina zu übernehmen.Gerade für einen eher mittelgroßen Immobilienfinanzierer wie die MünchenerHyp, der nur selten Finanzierungen über 100 Mill. Euro bereitstellt und der sich bei mittleren Finanzierungsvolumina in Höhe von 25 bis 60 Mill. Euro besonders wohl fühlt, bringt die Möglichkeit, auch kleinere Beträge abzusyndizieren, viele Vorteile. Zum einen wird dadurch die Zusammenarbeit im genossenschaftlichen Finanzverbund intensiviert und der Verbundgedanke gestärkt. Zum anderen bietet die kleinteilige Ausplatzierung aber auch die Möglichkeit, die Kreditrisiken auf der Bilanz der Bank besser auszusteuern.Unter Portfoliogesichtspunkten – zum Beispiel Risikotragfähigkeit – haben viele kleinere Finanzierungen eine stabilisierendere Wirkung als wenige große Finanzierungen. Das wiederum gibt der Bank größere Spielräume für mehr Neugeschäft. Die Syndizierung bietet daher der Bank die Möglichkeit, einerseits dem Kunden den Wunsch nach einer großvolumigen Finanzierung zu erfüllen und andererseits wichtige Bilanzrelationen einzuhalten.Wie wird sich die Syndizierung in Zukunft verändern? Die Digitalisierung ist im Bankensektor eines der wichtigsten Themen und wird auch auf die Syndizierung Auswirkungen haben. Der absolute Mindeststandard wird die Einrichtung von digitalen Datenräumen bei den einzelnen Finanzierern sein. Viele Banken haben solche Datenräume bereits aufgebaut oder nutzen Angebote Dritter, um dort alle für eine Syndizierung relevanten Daten zu speichern. Über eine Zugriffs- und Berechtigungsverwaltung gesteuert, kann dann allen an einer Beteiligung interessierten Finanzierern Zugang zu den Daten eingeräumt werden. Sofern bei den an einer Syndizierung beteiligten Banken auch noch die internen Analyse- und Entscheidungsprozesse digitalisiert sind, kann unter anderem der zeitliche Aufwand für eine Syndizierung deutlich reduziert werden. Damit können dann auch kleinere Syndizierungen deutlich effizienter durchgeführt werden. Prinzip der PlattformenWelche Rolle künftig Plattformen in der Syndizierung spielen werden, ist noch nicht ganz sicher. In den letzten Jahren gab es eine Reihe von Fintechs, die in diesem Segment Lösungen anbieten. Das Prinzip ist einfach: Ein Plattformbetreiber schafft einen digitalen Marktplatz, auf dem sich alle an einer Syndizierung interessierten Parteien – Finanzierer, Anwälte, Gutachter, Servicer etc. – treffen und Angebote machen können.Die Plattform ermöglicht es Finanzierern, die für eine ihrer Finanzierungen Syndizierungspartner suchen, alle relevanten Daten zur Syndizierung auf die Plattform zu stellen. An einer Beteiligung interessierte Finanzierer können sich dann alle zur Beteiligung angebotenen Finanzierungen anschauen – zunächst anonymisiert und mit reduziertem Informationsgehalt, später, nach Vereinbarung der Vertraulichkeit, in vollem Umfang. Plattformen haben das Potenzial, den Kreis an Finanzierern, die an einer Syndizierungsbeteiligung interessiert sind, insbesondere international zu erweitern.Die Digitalisierung wird die Syndizierungen einfacher und effizienter machen. Ob die Digitalisierung Effekte auf das Syndizierungsvolumen haben wird, ist aber schwer vorauszusagen. Kurz- und mittelfristig wird das Ausmaß der Syndizierungsaktivitäten im Wesentlichen durch die Finanzierungsmärkte und die regulatorischen Anforderungen beeinflusst werden. Sofern sich die Finanzierungsmärkte zum Beispiel durch steigende Zinsen wieder normalisieren oder sofern sich die Eigenkapitalvorschriften für Finanzierer weiter erhöhen, wird das Syndizierungsgeschäft wohl wieder an Bedeutung gewinnen.—-Bernhard Heinlein, Vorstandsmitglied der Münchener Hypothekenbank—-Renata Kornek, Leiterin Syndizierung und Konsortialgeschäft bei der Münchener Hypothekenbank