Tief unter Wasser

Europas Banken fehlten 125 Mrd. Euro, um 2014 das Aktionärsvermögen zu halten - Nur Häuser im Norden verdienen die Kapitalkosten

Tief unter Wasser

Rund 10 Prozentpunkte Eigenkapitalrendite fehlten Europas Banken 2014, um die Kapitalkosten zu verdienen. Die Banken sollten radikaler über ihr Geschäftsmodell nachdenken, meint das Beratungshaus Strategy&.bn Frankfurt – Europas Banken verdienen nur in Ausnahmefällen ihre Kapitalkosten. Dies hat eine Auswertung des Beratungshauses Strategy&, früher Booz & Company, heute Teil von PwC, ergeben. In gerade einmal sieben der 46 untersuchten Banken aus dem Index Stoxx Europe 600 lag 2014 demnach das Niveau der Eigenkapitalrendite über jenem der Kapitalkosten. Sechs dieser sieben Institute stammen aus Skandinavien, dessen Bankenmarkt als weniger wettbewerbsintensiv als etwa in Deutschland gilt, hinzu kam Komercní Banka, tschechische Tochter der Société Générale, mit umgerechnet 35 Mrd. Euro Bilanzsumme. Deutlich ausgeweitetDie 39 übrigen Banken standen dagegen unter Wasser, und nicht zu knapp. Der negative Economic Spread, also die Differenz zwischen Eigenkapitalverzinsung und Kapitalkosten, liegt im Median aller 46 Banken bei knapp 10 %. Damit hätten diese Institute allein 2014 rund 125 Mrd. Euro mehr verdienen müssen, nur um Aktionärsvermögen weder zu schaffen noch zu vernichten. Deutsche Bank und Commerzbank lagen mit Werten von minus 8,5 % und minus 9,1 % 2014 leicht über dem Durchschnitt, allerdings hat sich der Spread für die Deutsche Bank im vergangenen Jahr nochmals deutlich ausgeweitet, stürzte ihre Eigenkapitalverzinsung 2015 infolge hoher Rechtskosten und Abschreibungen doch von 2,7 % auf rund minus 9,8 % ab.Für Philipp Wackerbeck, als Partner bei Strategy& zuständig für Finanzdienstleister im deutschsprachigen Raum, zeigt die Erhebung, dass “viele Banken durch den Zyklus hindurch ihre Kapitalkosten einfach nicht verdienen. Und das ist nicht gesund.” Die Ertragsschwäche hat längst die Bankenaufseher der EZB auf den Plan gerufen, welche das “Risiko im Zusammenhang mit Geschäftsmodell und Ertragskraft” der Institute zu einem ihrer Tätigkeitsschwerpunkte im laufenden Jahr erklärt hat. Neben hartnäckig auf tiefem Niveau verharrenden Zinsen und Folgen der Digitalisierung setzen den Instituten auch Kosten und Effekte der Regulierung zu, welche Anstrengungen um Einsparungen oft konterkarieren. So haben viele deutsche Finanzinstitute in den vergangenen Jahren zwar bereits in größerem Umfang Arbeitsplätze gestrichen, zugleich mussten sie aber die Bereiche Compliance und Risikosteuerung aufstocken, so dass die Zahl der Beschäftigten insgesamt kaum merklich abnahm.Am Kapitalmarkt scheint die Ertragsschwäche der Institute ungeachtet des heftigen Ausverkaufs am Aktienmarkt nach Jahresbeginn noch nicht vollständig in die Kurse eingearbeitet zu sein. Schließlich wird ein Drittel der von Strategy& untersuchten Banken ungeachtet eines negativen Economic Spread am Aktienmarkt noch mit einem Aufschlag auf den Buchwert gehandelt. “Der Markt denkt, die bekommen den Swing noch hin”, meint Wackerbeck, der da aber seine Zweifel hat. Denn die regulatorischen Neuerungen, die Entstehung neuer Wettbewerber wie Schattenbanken oder Fintechs sowie auch makroökonomische Entwicklungen haben Strategy& zufolge ein Umfeld kreiert, in dem es mit klassischen Management-Werkzeugen wie Kostensenkungsprogrammen nicht mehr getan ist. Vielmehr sollten Banken “radikaler über ihre Wertschöpfungskette und über ihr Geschäftsmodell nachdenken”, sagt Wackerbeck. Drei VorbilderStrategy& regt dazu einen Wandel nach einem von drei Vorbildern an: einer von der Automobilindustrie inspirierten “OEM-Bank”, einer Fintechs ähnlichen “Plattform-Bank” sowie einer “digitalen Bank”. Eine “OEM-Bank” bediene sich verstärkt externer und hoch spezialisierter Dienstleister für Arbeiten, mit denen sie sich nicht vom Wettbewerb abhebe und die für Kunden irrelevant seien, heißt es. Durch Platzierung von Kreditforderungen bei Pensionskassen, Versicherern und anderen Häusern ohne direkten Zugang zum Kunden könne sie ihre Profitabilität steigern, da sie für die Schaffung des Kredits, dessen Strukturierung und Servicing Provisionen erhalte, sagt Wackerbeck. Eine “Plattform-Bank” wiederum bette Dienste externer Adressen in ihr Angebot ein und konzentriere sich aufs Management der Kundenbeziehung. Die “digitale Bank” schließlich digitalisiere ihre Prozesse vor allem im Back-Office und fokussiere sich auf ein standardisiertes Angebot sowie innovative Ansätze in der Produktentwicklung.