Tore lassen auch Aktionäre jubeln
In den kommenden vier Wochen wird sich dank der Europameisterschaft in Frankreich wieder alles um das Thema Fußball drehen. Was für viele Deutsche die schönste Nebensache der Welt ist, bedeutet für den Ausrichter, die Uefa, hohe Einnahmen dank der offiziellen Sponsoren und der Vermarktung der Fernsehrechte. Wachstumsbranche FußballDer Fußball hat sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten nicht nur auf der Ebene der Nationalmannschaften, sondern auch im Vereinsfußball zu einer Wachstumsbranche entwickelt. Laut einer Studie von McKinsey aus dem vergangenen Jahr wächst der Profifußball in Deutschland überdurchschnittlich im Vergleich zu anderen Wirtschaftssektoren. So ist die reale Wertschöpfung zwischen 2008 und 2014 jährlich um 6,1 % angestiegen. Zum Vergleich: Der Sektor Automobilbau wuchs im gleichen Zeitraum um 3,2 %, die Wirtschaft in Deutschland insgesamt um 0,6 % jährlich. Bis zur Bundesligasaison 2019/2020 geht die Studie von einem potenziellen Wachstum um bis zu 48 % aus. Das ist eine Prognose, die den Sport als Branche auch für Anleger interessant macht.Insbesondere für Fußballfans ist es ein Traum, in den eigenen Lieblingsverein zu investieren und so auch finanziell von Erfolgen des favorisierten Teams zu profitieren. Allerdings ist eine Investition in nur einen einzigen Fußballverein hochspekulativ. Denn das Geschäftsmodell eines Clubs unterscheidet sich stark von dem eines normalen Wirtschaftsunternehmens. Die Strategie ist nicht dem finanziellen Gewinn, sondern dem sportlichen Erfolg untergeordnet. Gleichzeitig sind es die Ergebnisse auf dem Platz, die die Aktienentwicklung antreiben. An sie sind häufig lukrative Einnahmen aus dem internationalen Geschäft, TV-Gelder und Sponsoreneinnahmen gekoppelt. Erfolg steht über GewinnAm Beispiel des einzigen börsennotierten Vereins der Bundesliga – Borussia Dortmund – lässt sich dies verdeutlichen: So brach die BVB-Aktie in der weniger erfolgreichen Saison 2014/2015 über die gesamte Spielzeit hinweg um etwa ein Drittel ein. Nach der Hinrunde belegte die Mannschaft nur den 17. Rang. Trotz Erreichen der Europa League am Saisonende blieb das Team weit unter den Erwartungen.Auch einzelne vor allem richtungsweisende Spiele können starke Auswirkungen haben: So hatte das diesjährige Ausscheiden von Borussia Dortmund in der Europa League gegen Liverpool nicht nur Fans, sondern auch Anteilseignern einen Schlag versetzt. Die Aktien des börsennotierten Fußballclubs sackten in der Spitze um fast 3 % ab. Im Zuge des 4:1-Siegs im Halbfinale der Champions League gegen Real Madrid im Jahre 2013 hingegen legte der Titel zwischenzeitlich um fast 7 % zu. Im Extremfall können so einzelne Schiedsrichterentscheidungen oder die Verletzung des besten Torschützen oder Spielmachers über Baisse oder Hausse entscheiden. Anleger, die bewusst vom Wachstum des Wirtschaftszweigs Profifußball profitieren möchten, sollten die Sympathien für ihren Lieblingsverein daher ruhen lassen und über mehrere Clubs hinweg diversifizieren. Nur 22 kicken auf ParkettIn der Regel sind ETF auf Branchenindizes ein einfacher und kosteneffizienter Weg, um breit diversifiziert in einzelne Industrien zu investieren. Indexanbieter identifizieren die jeweiligen Titel einer Branche – etwa mit der sogenannten ICB-Klassifizierung (Industry Classification Benchmark) – regelbasiert und sorgen mit intelligenter Auswahlmethodik für eine hohe Liquidität. Anleger erhalten so einfach Zugang zu einer Branche. Der Wirtschaftszweig Fußball unterscheidet sich allerdings grundlegend von anderen Industrien. So gelten auch für einen Fußballindex maßgeblich andere Voraussetzungen.Der wesentlichste Unterschied zu vielen anderen Branchen ist, dass die wenigsten Vereine börsennotiert sind. Investoren können beispielsweise in einen Großteil der Champions-League-Teilnehmer nicht investieren. Nur 22 Fußballvereine sind in Europa inklusive der Türkei an der Börse gelistet: Darunter sind neben den türkischen Rivalen Besiktas, Fenerbahce und Galatasaray aus Istanbul auch einige weitere international bekannte Clubs wie Juventus Turin, AS und Lazio Rom, Ajax Amsterdam, Olympique Lyon und Borussia Dortmund. Vereine aus Dänemark sind am stärksten vertreten, da dort die Vorschriften über die Eigentumsstrukturen von Vereinen weniger strikt sind. Der Weg an die Börse ist daher einfacher.Alle 22 Vereinsaktien sind im Stoxx Europe Football Index gelistet. Er gewichtet die Vereinstitel entsprechend der Marktkapitalisierung und begrenzt die Gewichtung auf maximal 10 %. Dies verhindert, dass einzelne Aktien zu großen Einfluss auf die Gesamtentwicklung nehmen. So entwickelte sich der Index 2006 trotz des Zwangsabstiegs von Juventus Turin im Zuge des Manipulationsskandals positiv. Hohe SchwankungsbreiteInsgesamt unterlag der Fußballindex seit seiner Auflegung 2002 starken Schwankungen. So brach er in der Finanzkrise nach August 2008 innerhalb von sieben Monaten um fast 90 % ein. 2010 hingegen legte er um 50 % zu, bevor er von Januar 2011 an innerhalb eines Jahres erneut um 75 % nachließ. Ein Grund dafür könnte sein, dass lange Zeit teure Transfers, hohe Spielergehälter und infolgedessen Überschuldung über eine gesunde wirtschaftliche Basis gestellt wurden. Erst seit einiger Zeit findet bei vielen Vereinen ein Umdenken statt. Die Performance des Stoxx Europe Football Index hat sich seit etwa vier Jahren stabilisiert und bewegt sich seither seitwärts. Seit Jahresbeginn stieg die Benchmark jedoch um mehr als 20 % an, während nahezu alle internationalen Märkte unter starken Einbrüchen litten und sich nur langsam erholen.Aufgrund der Besonderheiten des Wirtschaftszweigs Profifußball entspricht der Index nicht den hohen Standards an Repräsentativität, Liquidität und Marktkapitalisierung, die Investoren von vielen anderen Indizes auf die klassischen Anlagemärkte kennen. Die Abbildung durch passive Produkte wird dadurch erschwert. Dennoch ist der Index ein Gradmesser für das weitere Wachstum des boomenden Wirtschaftszweigs Profifußball. So hilft er interessierten Anlegern, die Situation des Markts einzuschätzen, und hilft bei Überlegungen, in Fußballaktien zu investieren. Nische für FansWie bei nahezu allen Investmentthemen und Brancheninvestments lohnt es beim Profifußball über verschiedene Aktien hinweg zu diversifizieren. Indizes geben hier Orientierung, können aufgrund der Branchencharakteristika allerdings noch nicht als Underlying fungieren. Dies ist auch ein Grund, warum die Investition in den Profifußball aktuell noch eine Nische für Fans ist. Über den Index gelingt es zudem, Fußballfans für die wirtschaftlichen Hintergründe und damit auch für Indizes und das Börsengeschehen zu interessieren.—Christian Bahr, Head of Product Development bei Stoxx/Deutsche Börse Group-Index Services