Total hip
Wer sich einmal daran gewöhnt hat, bargeldlos zu bezahlen, kann sich gar nicht mehr vorstellen, mühsam nach Scheinen und Münzen im Portemonnaie zu kramen. Mitleidige Blicke erhält, wer an der Kasse im Einzelhandel Pfennige – Pardon: Cents – zusammensucht, um einen genauen Betrag zu bezahlen: Ein Mensch von gestern halt. Denn die Zukunft beim Bezahlen vor Ort heißt Mobile Payment und setzt sich immer mehr durch. Die Basis dafür liefert in Deutschland allen voran die Girocard, die mit 100 Millionen von Banken und Sparkassen ausgegebenen Debitkarten das hierzulande am weitesten verbreitete kartengestützte Zahlungssystem ist.
Den Trend zu Kartenzahlungen befeuert hat die Kontaktlos-Technologie, wobei die Karte nicht mehr händisch in ein Terminal gesteckt, sondern nur noch darangehalten werden muss. Praktisch, dass kontaktloses Bezahlen schon vor Jahren eingeführt wurde und damit technisch ausgefeilt werden konnte, denn während der Corona-Pandemie ließen sich damit Abstand und Hygiene einhalten. Entsprechend haben kontaktlose Zahlungen einen wahren Boom erlebt. Deren Anteil an Zahlungen mit der Girocard schnellte im ersten Halbjahr auf 64% hoch nach bereits 46% im ersten Halbjahr des Vorjahres. Dies ist umso bemerkenswerter, als der stationäre Handel in diesem Jahr sogar stärker infolge von Lockdowns ausgebremst war als vor Jahresfrist. Offenbar tritt neben Abstand und Hygiene noch ein weiterer Faktor hinzu, der für den rasanten Anstieg kontaktloser Zahlungen sorgt: Bequemlichkeit. Abzulesen ist dies am sinkenden Durchschnittsvolumen je Transaktion, weil immer öfter auch kleinere Beträge auf diese Art bezahlt werden, sei es inzwischen auch beim Bäcker oder Metzger.
Noch bequemer aber ist es, erst gar keine physische Karte in die Hand zu nehmen, sondern sie virtuell im Smartphone zu hinterlegen. Es ist total hip, nur noch das Smartphone – das ohnehin jeder in der Hand hat – lässig ans Terminal zu halten. Da gibt es dann eher neidische Blicke der Barzahler, die immer noch nicht die App ihrer Bank aufs Handy geladen haben.
Die Anzahl der Barzahler dürfte weiter sinken, wie eine Umfrage der Euro Kartensysteme zeigt. Von 1200 befragten Verbrauchern gaben 47% im Juni an, an der Kasse am liebsten mit der Girocard zu bezahlen, nur noch 45% nannten Bargeld. 13% nannten Kreditkarten und 10% Sonstiges, wobei Mehrfachnennungen möglich waren. Für knapp die Hälfte der Verbraucher sind Scheine und Münzen heute wesentlich weniger wichtig als noch vor zehn Jahren.