Transaktionskosten: Mythen und Realität

Mifid II und Priips fordern Gebührentransparenz

Transaktionskosten: Mythen und Realität

Zum Jahreswechsel 2018 sind zwei EU-Vorschriften in Kraft getreten – die zweite Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (Mifid II) und die Verordnung über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte (Priips). Diese zielen unter anderem auf die vollständige Transparenz und Vergleichbarkeit der Kosten ab, die mit Anlagen in Produkten wie Investmentfonds einhergehen. So schreiben sie die Offenlegung aller Kosten und Gebühren vor, die mit der Anlage in Investmentfonds verbunden sind; betreffen also auch die Transaktionskosten, die beim Kauf und Verkauf der Basiswerte eines Fonds anfallen. Herausforderung für IndustrieZiel der neuen Vorschriften ist, für die Anleger Vorteile zu bringen, indem Vertrieb sowie Handel von Finanzprodukten transparenter und effektiver gestaltet werden. Derzeit ist die Thematik aber noch mit einigen Herausforderungen für die Industrie ebenso wie Anleger verbunden. So hat die Offenlegung von Transaktionskosten im Zusammenhang mit der Verwaltung von Investitionen zunächst für Missverständnisse gesorgt, wie die Daten zu verstehen sind. Es haben sich bereits einige Mythen rund um die Transaktionskosten gebildet, die es aufzuklären gilt:Mythos 1: Transaktionskosten sind neue Kosten Die Transaktionskosten, die gemäß der Finanzmarktrichtlinie Mifid II offengelegt werden müssen, sind keine neuen, zusätzlichen Kosten. Diese Kosten fallen bei der Verwaltung eines Fonds seit jeher an und sind bereits vollständig in den Nettoerträgen enthalten. Sie müssen nun jedoch zum ersten Mal vollständig offengelegt und sowohl prozentual als auch in Geldbeträgen ausgewiesen werden.Mythos 2: Niedrige Transaktionskosten lassen auf bessere Anlageergebnisse schließenBei der Beurteilung des Ergebnisses einer Anlage in einen Fonds muss dessen Wertentwicklung nach Abzug der Kosten und unter Berücksichtigung der eingegangenen Risiken betrachtet werden. Ein Fonds mit geringer Handelsfrequenz weist möglicherweise niedrige Transaktionskosten aus. Seine Strategie kann jedoch darauf ausgerichtet sein, nur moderate Erträge gegenüber einem Vergleichsindex zu erzielen. Dagegen kann ein Fonds, der eine aktivere Handelsstrategie verfolgt, höhere Transaktionskosten verursachen, um höhere langfristige Erträge zu erzielen. Transaktionskosten ebenso wie andere Gebühren müssen also immer im Zusammenhang mit der Strategie und den erzielten Nettoerträgen eines Fonds betrachtet werden.Mythos 3: Durch die Offenlegung von Transaktionskosten kann ein besserer Vergleich zwischen Wettbewerbern gezogen werdenDie Offenlegung von Transaktionskosten kann Fondsmanager dazu motivieren, Wege zur nachhaltigen Senkung der Handelskosten zu suchen, was zu begrüßen ist. Jedoch sind die unterschiedlichen Berechnungswege, die derzeit für die Kostenberechnung herangezogen werden können, für Anleger oft irreführend und verwirrend – und machen den Vergleich zwischen verschiedenen Fonds leider schwierig.Wichtig zu verstehen ist, dass die Nettorenditen, die heute für alle Fonds ausgewiesen werden, bereits die Transaktionskosten enthalten. Die Fähigkeit, diese Kosten zu minimieren, indem so effizient und kostengünstig wie möglich gehandelt wird, sollte für die Branche eine wichtige Priorität sein, um bestmögliche Nettoerträge zu erzielen. Denn angesichts zukünftig niedrigerer Ertragserwartungen ist eine adäquate, möglichst niedrige Kostenbelastung für die Gesamtrendite der Anleger von großer Bedeutung. Besseres VerständnisWir begrüßen die höhere Transparenz für Anleger, denn sie hilft dabei, dass diese besser verstehen, wofür sie bezahlen. Wir hoffen auch, dass die Transparenz der Transaktionskosten dazu führt, dass die Fondsindustrie weiter daran arbeitet, ihre Prozesse im Sinne der Anleger zu optimieren, um diese Kosten zu senken. Es ist jedoch wichtig, dass wir Kosten nicht mit Mehrwert im Sinne von aktivem Mehrertrag („Alpha“) verwechseln. Was am Ende des Tages für die Investoren von Bedeutung ist, ist die Performance abzüglich der Kosten. Liefert der Fonds risikoadjustierte Renditen im Einklang mit seiner angegebenen Anlagestrategie? Sind die Kosten des Fonds durch die Höhe der erwarteten Rendite gerechtfertigt, die oberhalb seiner Benchmark liegt? Bei aller Relevanz der Kostendiskussion darf also nicht diese relevanteste aller Kennzahlen aus den Augen verloren werden.Die Investmentindustrie ist es ihren Anlegern schuldig, vergleichbare und aussagekräftige Kennzahlen zur Verfügung zu stellen, damit sie ihre Investments richtig analysieren können und in der Lage sind, fundierte Entscheidungen zu treffen. Es gilt also unverändert, einheitliche Standards zu entwickeln, denn noch besteht aufgrund unterschiedlicher Ansätze die Gefahr, dass Äpfel mit Birnen verglichen werden. Damit die Offenlegung der Transaktionskosten den beabsichtigten Erfolg hat und die höhere Transparenz zu Preissenkungen führt und damit die Anleger stärkt, müssen die Informationen konsistent und aussagefähig sein. Katalysator für die BrancheDie größere Transparenz durch die Offenlegung von Transaktionskosten und die Zusammenfassung aller Gebühren über einen Fünfjahreszeitraum wird damit zu einem Katalysator für die Branche: Wer sich kostenseitig nicht wettbewerbsfähig aufstellt, wird im anhaltenden Niedrigzinsumfeld durch eine niedrigere Nettoperformance aus Anlegersicht weniger attraktiv sein.—-Christoph BergweilerLeiter J.P. Morgan Asset Management in Deutschland, Österreich, Zentral- und Osteuropa sowie Griechenland