Trippelschritte zur Kapitalmarktunion

Studie sieht erste Fortschritte - Deutschland nur im Mittelfeld - Arbeit geht nach Europawahl weiter

Trippelschritte zur Kapitalmarktunion

Drei Jahre nach dem Start hat der Kapitalmarktverband AFME eine umfassende Bestandsaufnahme zur EU-Kapitalmarktunion vorgelegt. Die Erfolge sind bisher überschaubar – auch in Deutschland, das sich in den Länderrankings nur Mittelfeldplätze sicher konnte. Klar wurde aber auch, dass die Union ein Langfristprojekt ist. ahe Brüssel – Die Weiterentwicklung und Integration der europäischen Kapitalmärkte hat im vergangenen Jahr nach Einschätzung des Marktverbands AFME (Association for Financial Markets in Europe) Fortschritte gemacht. Eine Studie des Verbands zur Umsetzung der EU-Kapitalmarktunion kommt zu dem Ergebnis, dass sich unter anderem die Investitionen privater Haushalte in Kapitalmarktinstrumente, die Bereitstellung von Risikokapital sowie vor allem der Anteil der nachhaltigen Finanzierung in der EU verbessert haben.Dass die europäische Wirtschaft sich im Wesentlichen über Banken finanziert, daran hat sich allerdings auch 2017 nicht viel geändert. Lediglich 14 % der Unternehmensfinanzierung kam über die Kapitalmärkte. In den Jahren 2012 bis 2016 waren es im Schnitt 13 % gewesen. Verschlechterungen registrierte der Verband sogar beim Kredittransfer der Banken und bei grenzüberschreitenden Finanzierungen mit Drittstaaten (siehe Infokasten).AFME hat die Studie in Zusammenarbeit mit neun weiteren internationalen Organisationen erstellt, unter anderem der Climate Bonds Initiative (CBI), Business-Angels-Vertretungen, dem europäischen Fonds- und Assetmanagementverband Efama, aber auch dem europäischen Börsenverband Fese. Geplant ist, künftig jährlich ein Update zum Stand der Umsetzung der Kapitalmarktunion zu veröffentlichen.Bisher hat die Europäische Kommission im Rahmen der Kapitalmarktunion 17 Gesetzesvorschläge veröffentlicht, von denen bislang allerdings erst vier auch durch die Co-Gesetzgeber in Brüssel angenommen wurden. Zahlreiche Projekte dürften bis zur Europawahl im kommenden Mai nicht mehr abgeschlossen werden.”Unser Bericht zeigt, dass die Kapitalmarktunion ein langfristiges Projekt sein wird”, erklärte AFME-Chef Simon Lewis. Es gehe nicht darum, kurzfristige Ziele abzuhaken, sondern darum, “dass dieses wichtige Projekt seinen langfristigen Zweck erfüllt”.Diego Valiante, der als Senior Economist in der zuständigen Generaldirektion für Finanzstabilität und Kapitalmärkte (FISMA) an den Gesetzesvorschlägen mitgearbeitet hat, verwies bei der Vorstellung der Studie in Brüssel ebenfalls darauf, dass die Arbeit auch nach der Europawahl weitergehen werde. Bei der Kapitalmarktunion gehe es um strukturelle Reformen, betonte er. Das werde die EU-Kommission auch in den nächsten Jahren noch beschäftigen.Aus Sicht der Brüsseler Behörde haben derzeit vier Dossiers Priorität, weil sie essenzielle Grundlagen für die weitere Entwicklung der Kapitalmarktunion legen: Dazu gehört nach Angaben von Valiante allen voran der neue Handlungsrahmen für die europäischen Finanzaufsichtsbehörden (ESAs), die Einführung eines europäischen Produkts der Altersvorsorge (Pepp) sowie die Aktionspläne zur künftigen Regulierung im Bereich von Fintechs und zur Förderung von mehr Nachhaltigkeit in der Finanzierung.Die AFME-Studie bietet erstmals auch aktuelle Länderrankings der EU-Staaten in Bezug auf die Schlüsselindikationen der Kapitalmarktunion. Deutschland ist dabei zwar meist in der oberen Hälfte zu finden, allerdings nie unter den Top-5-Ländern. Bei der Integration des Kapitalmarkts innerhalb der EU findet man Deutschland lediglich auf Platz 23 unter den 28 Staaten.Deutschland hat ebenso wie Luxemburg und Österreich inzwischen vergleichsweise höhere Sparquoten als der Rest der EU, wie AFME erläuterte. Jedoch investierten die Haushalte ihre Ersparnisse in konservative Nicht-Kapitalmarktinstrumente wie Bargeld und Bankeinlagen. Großbritannien und Irland führen dagegen die EU-Länder mit dem höchsten Anteil einer kapitalmarktgetriebenen Unternehmensfinanzierung an (über 25 %).Spanien, Italien, Irland, Griechenland und Portugal, also Länder mit hoher Kreditausfallquote, gehörten 2017 zu den führenden EU-Ländern bei der Umwandlung von Bankkrediten in handelbare Wertpapiere wie Pfandbriefe oder Verbriefungen. Dies sei ein ermutigender Trend zum Einsatz von Marktinstrumenten bei der Veräußerung von notleidenden Aktiva, hieß es.