CLEARING

Überfällig

Die Bedeutung der zentralen Gegenparteien (CCPs) für den Finanzmarkt kann gar nicht hoch genug angesetzt werden. Die Dimension des Clearings, seine Komplexität und das grenzüberschreitende Geschäft werden immer größer. Den Stempel "systemrelevant"...

Überfällig

Die Bedeutung der zentralen Gegenparteien (CCPs) für den Finanzmarkt kann gar nicht hoch genug angesetzt werden. Die Dimension des Clearings, seine Komplexität und das grenzüberschreitende Geschäft werden immer größer. Den Stempel “systemrelevant” hat sich vielleicht nicht jedes einzelne Unternehmen, aber zumindest die Clearingbranche insgesamt redlich verdient.Vor gut einem Jahr hat die EU bereits in der Regulierung der zentralen Gegenparteien nachgelegt und die Clearingaufsicht reformiert. Der neue Rahmen war insbesondere durch den Brexit notwendig geworden, da Europas Marktführer ja in London beheimatet ist.Jetzt ist es den europäischen Gesetzgebern endlich gelungen, eine weitere noch offene Regelungslücke im Clearinggeschäft zu schließen. Es geht um die Vorbereitung auf finanziell schwierige Situationen, die – aus welchen Gründen auch immer – das Geschäft in eine Schieflage bringen können. Was für die wichtigen europäischen Banken schon seit einigen Jahren gilt, wird nun auch für die CCPs Pflicht: Auch sie müssen künftig Notfallpläne in den Schubladen haben, um im Falle eines Falles zunächst schnell eine Sanierung und, wenn dies nicht hilft, auch eine geordnete Abwicklung einleiten zu können.Dies war überfällig und wird im Grundsatz auch von niemandem in Frage gestellt. Unverständlich bleibt, dass Europaparlament und EU-Staaten dreieinhalb Jahre gebraucht haben, um nach den ersten Gesetzesvorschlägen zu einer Einigung zu kommen. Dabei ging es schon damals vor allem darum, Lehren aus der letzten Finanzkrise umzusetzen. Und die besagten, dass Notfälle bei systemrelevanten Unternehmen zum einen nicht die Finanzmarktstabilität beeinträchtigen dürfen und zum anderen nicht dazu führen dürfen, dass erst einmal der Steuerzahler einspringen muss.Der jetzt gefundene Kompromiss wird selbst von der Branche als ausgewogen gelobt. Die kroatische Ratspräsidentschaft, die in den letzten Monaten wegen der Pandemie wenig Gelegenheiten hatte, sich auszuzeichnen, kann damit zumindest einmal einen kleinen Achtungserfolg verbuchen.Und jetzt? Jetzt rücken beim Clearing wieder sehr schnell die Brexit-Verhandlungen zurück in den Fokus. Denn noch immer gibt es keine Äquivalenzerklärungen für britische CCPs. Natürlich sind diese Erklärungen Teil des ganzen Verhandlungspakets. Aber mit Blick auf das Jahresende scheint der ein oder andere Marktteilnehmer so langsam schon nervös zu werden.