"Überraschende Kombinationen beim Marktzugang"

Bain prognostiziert Einstieg der großen Tech-Unternehmen ins US-Privatkundengeschäft

"Überraschende Kombinationen beim Marktzugang"

Bloomberg New York – Die Banken in den USA könnten schon bald im großen Stil Kunden verlieren. Laut einer Erhebung des Beratungsunternehmens Bain & Co sind fast 60 % der Bankkunden in den USA dazu bereit, es mit einem Finanzprodukt eines Technologieunternehmens zu versuchen, mit dem sie bereits in anderen Bereichen Geschäfte machen. Besonders hoch ist das Interesse bei den jüngeren Umfrageteilnehmern: Rund 73 % der Befragten im Alter von 18 bis 34 Jahren würden Angebote zu Kreditkarten, Konten, Kapitalanlagen und Hypothekendarlehen eines Technologieunternehmens ausprobieren, wie sie angeben.”Sie sind dazu bereit, wenn die Erfahrungen, die sie dabei machen, genauso einfach und leicht wie bei einem Einkauf bei Amazon sind”, sagt Gerard du Toit, Partner bei Bain und Co-Autor der Erhebung. “In China ist es bereits üblich, viele Bankgeschäfte über Wechat, Alipay oder ähnliche Anbieter abzuwickeln.” Für die Studie hat Bain 133 171 Personen in 22 Ländern befragt, die sehr unterschiedliche Einstellungen hatten. Weit über 80 % der in Indien und China lebenden Umfrageteilnehmer gaben an, sie seien bereit, neue Finanzangebote von Technologieunternehmen auszuprobieren – damit war die Akzeptanzrate dort mehr als doppelt so hoch wie in Frankreich, wo sich die Menschen den Offerten gegenüber am zurückhaltendsten zeigten.Während Technologiekolosse wie Amazon, die Alphabet-Tochter Google und Facebook in den USA schon in Bereiche wie Bezahldienstleistungen und Kreditvergabe expandieren, sind die von ihnen eingesammelten Einlagen noch überschaubar. Der Grund ist ein Bundesgesetz, das die Kombination aus kommerziellen Unternehmen und Vollbanken verhindert.Daher, so prognostiziert es du Toit, werden Banken mit Amazon und anderen Anbietern zusammenarbeiten. Dabei würden die Kreditinstitute die Finanzprodukte fertigen und die Technologiegiganten die Vertriebs- und Servicekanäle zur Verfügung stellen und damit also genau das tun, was Amazon schon jetzt bei Konsumgütern praktiziert.Da der Vertrieb laut einer Studie von McKinsey zwei Drittel der Bankgewinne ausmacht, dürften es die Institute allerdings kaum goutieren, zu bloßen Fabriken für Hypothekendarlehen und Kreditkarten degradiert zu werden. Und da Amazon für die Akquise von Kunden nicht zahlen müsse, da die Gesellschaft bereits Millionen davon habe, könne das Unternehmen es sich leisten, digitale Konten anzubieten, die ohne “all die lästigen Gebühren und relativ hohen Mindestguthaben” auskommen, sagt du Toit.Dabei ist sicher hilfreich, dass Amazon eine hohe Reputation bei den Kunden genießt. Nach einem Ranking der Vertrauenswürdigkeit von Finanz- und Technologieanbietern gefragt, benoteten die Teilnehmer an der Erhebung typischerweise Banken am besten. Es folgten Paypal und Amazon. Apple, Google und Microsoft wurden als Nächstes genannt und landeten damit vor Social Media.”Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir sehen werden, dass die großen Technologie-Player in den USA in das Privatkundengeschäft der Banken einsteigen”, sagt du Toit. “Wir werden einen darwinistischen Kampf zwischen Banken und Technologieunternehmen erleben sowie einige überraschende Kombinationen beim Marktzugang.”