Unbesicherte Bankengläubiger müssen bluten

Haftungskaskade greift bei Abwicklung - Kabinett bringt umfassendes Finanzmarktpaket auf den Weg

Unbesicherte Bankengläubiger müssen bluten

wf Berlin – Inhaber unbesicherter Schuldverschreibungen müssen sich künftig auf höhere Risiken einstellen. Die Bundesregierung bringt heute einen Gesetzentwurf auf den Weg, der die Gläubiger unbesicherter Schuldtitel gegenüber anderen, insolvenzrechtlich ebenbürtigen Gläubigern schlechterstellt, wenn die Bank in die Abwicklung gerät. Damit soll die Finanzaufsicht im Fall einer neuen Finanzkrise die Ansteckungsgefahr im Markt bannen können, die von großen Kreditinstituten in einer Schieflage ausgehen kann. Dies ist nach Informationen aus Regierungskreisen eine der wesentlichen Änderungen aus einem umfassenden Gesetzespaket zur Reform des Finanzmarktes, welches das Bundeskabinett heute auf den parlamentarischen Weg bringt. Umsetzung von EU-RechtKonkret werden mit der neuen Gesetzgebung einheitliche Vorschriften aus EU-Richtlinien in deutsches Recht umgesetzt. Dabei geht es zum einen um das SRM-Anpassungsgesetz, mit dem nationales Recht an die Vorgaben des Single Resolution Mechanism (SRM) zur Abwicklung systemrelevanter Banken und Sparkassen angepasst wird. Zum anderen geht um es die Umsetzung der geänderten EU-Transparenzrichtlinie. Diese betrifft allerdings nicht nur die Kreditwirtschaft, sondern alle Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind. Die Abgeordneten im Bundestag werden – nach einer Stellungnahme des Bundesrates – über die Gesetzentwürfe in den nächsten Wochen beraten.Mit der neuen Tarierung der Gläubigerrechte vollzieht die Berliner Regierung im Kreditwesengesetz (KWG) als erste in der EU den Schritt, faktisch ein Sonderinsolvenzrecht für den Bankensektor zu schaffen. Das neue Bail-in-Regime für Eigentümer und Gläubiger eines Kreditinstitutes sieht vor, dass die Abwicklungsbehörde im Krisenfall solche Gruppen von Gläubigern ungeschoren lassen darf, die bei einem Schuldenschnitt den Finanzmarkt als Ganzes ins Wanken bringen könnten. Werden diese Gläubiger – etwa die Halter von Derivatekontrakten – gegenüber anderen, insolvenzrechtlich gleichberechtigten Gläubigern – wie den Haltern unbesicherter Anleihen – bevorzugt, würde für die benachteiligten Gläubigern ein Schadenersatzanspruch gegenüber dem von der Kreditwirtschaft gespeisten Bankenfonds entstehen. Dies wird nun mit der Novelle ausgeschlossen.Schon bei der Einführung der vorrangigen Haftung von Eigentümern und Gläubigern, dem Bail-in, ist Deutschland vorausgeeilt. Diese Regelung gilt hierzulande bereits seit Jahresbeginn – und damit ein Jahr früher als nötig. Bei der besonderen Insolvenzregelung setzt die Regierung in Berlin darauf, dass die anderen EU-Länder zügig nachziehen, um ein vergleichbares Wettbewerbsumfeld am Finanzmarkt zu wahren. Problematisch scheint die Novelle weniger für die Banken. Es sind die Versicherer, die in diese Anlageklasse investieren. Für die Assekuranz folgt daraus, dass sie mehr Eigenkapital vorhalten oder die Bestände reduzieren muss.Geregelt wird mit diesem Gesetz auch die Zukunft der bereits gezahlten Mittel der deutschen Bankenabgabe. Rund 2,3 Mrd. Euro sind im Topf. Anders als von der Branche erhofft, will der Bundesfinanzminister die Gelder nicht auf die Zahlungsverpflichtungen für den neuen europäischen Bankenfonds anrechnen. Sie sollen vielmehr als Reserve bleiben, bis im EU-Topf in den nächsten acht Jahren die vereinbarten 55 Mrd. Euro europaweit angesammelt sind.Nicht aus der EU-Richtlinie, sondern aus dem schwarz-roten Koalitionsvertrag stammen die neuen Informationspflichten für die deutsche Finanzaufsicht BaFin gegenüber Steuerbehörden. Sie gelten künftig für alle Steuerstrafverfahren. Mehr Transparenz am MarktDie Umsetzung der EU-Transparenzrichtlinie in deutsches Recht reduziert die Pflicht zu Zwischenmitteilungen für kleine und mittlere Unternehmen. Die Börsen können die Vorgaben aber dennoch weithin anders handhaben. Verschärft werden die allgemeinen Stimmrechtsmeldungen über Unternehmensbeteiligungen. Bußgelder beim Verstoß gegen Meldepflichten nach dem Wertpapierhandelsgesetz können je nach Art des Verstoßes auf bis zu 10 Mill. Euro, 5 % des Umsatzes oder das Zweifache des erlangten Vorteils steigen. Derzeit liegen die Bußen meist in der Größenordnung von mehreren 100 000 Euro. Außerdem soll die künftig obligatorische Veröffentlichung abschreckend wirken.