IM INTERVIEW: OLIVER VINS, VAAMO

"Und da kommen wir ins Spiel"

Frankfurter Robo-Advisor will helfen, Retailkunden der Banken profitabel zu bedienen - Modell folgt dem As-a-Service-Prinzip

"Und da kommen wir ins Spiel"

Die Banken haben erkannt, dass sie mit Nutzung von automatisierter Anlageberatung neue Kundengruppen ansprechen und gleichzeitig Kosten senken können. Die mehr als 20 deutschen Robo-Advisor buhlen nun im Schwenk vom Privatkundengeschäft (B2C) hin zur zusätzlichen Rolle als Lieferant der Banken um Partner aus der Industrie. Das Frankfurter Start-up Vaamo ist dabei Vorreiter in der noch jungen Branche.- Herr Vins, wie ist der Stand bei Vaamos B2B-Partnerschaften über N26 und Santander hinaus?B2B ist für uns ein neues Geschäftsfeld, wo wir uns fokussiert aufstellen wollen. Wir sind mit vielen Banken und Finanzdienstleistern im Gespräch, und da wird noch einiges kommen über die genannten B2B-Kunden hinaus. Wir stellen ein sehr großes Interesse im Markt fest, aber die Gespräche mit größeren Häusern dauern doch etwas länger. Bei Santander hat es neun Monate gedauert von den ersten Gesprächen bis zur Live-Schaltung – und das ging schon sehr schnell. Was man nicht vergessen darf: Auch wir mussten im eigenen Haus einiges aufrüsten in Sachen Compliance und Sicherheit, um als Dienstleister für eine solche Bank tätig zu werden.- Zielen Sie bei Neukunden auf kleinere oder eher auf größere Banken und Assetmanagement-Gesellschaften?Sowohl als auch, das Interesse ist sehr breit gestreut, bei den Assetmanagern aber derzeit noch am geringsten. In den USA ist das bereits anders, da gehen die großen Kapitalsammelstellen doch schon sehr stark in das Thema automatisierte Vermögensverwaltung rein. Viele Banken in Europa haben aber inzwischen erkannt, dass sie mit Robo-Avisory eine neue Zielgruppe angehen und Kosten sparen können. Das ist der Treiber für unser B2B-Geschäft. Denn die Banken sehen eine neue Klientel, die grob gesagt bei 50 000 Euro bis 100 000 Euro Anlagevolumen liegt, und damit den klassischen Retailmarkt abbildet. Und diese Anlagebedürfnisse dieser Kunden kann man dann mit Hilfe von Robo-Advice profitabel bedienen. Unter dem Gesichtspunkt von Mifid II und weiteren Regulierungen ist vielen Banken inzwischen klar, dass sie sich entweder aus dem Geschäft zurückziehen oder eine andere Lösung finden müssen. Und da kommen wir ins Spiel.- Gehen Sie mit separaten Modulen an den Markt?Unsere Stärke ist, und so sind bislang alle unsere Partnerschaften aufgesetzt, dass wir das komplette System betreiben können. Das ist für die eine oder andere Bank ein Paradigmenwechsel, weil sie es gewohnt sind, die Software auf ihren eigenen Servern zu betreiben. Das wollen wir nicht. Vaamo will kein reiner Software-Entwickler sein, sondern Robo-Advice as a Service anbieten. Damit betreiben wir im Prinzip die komplette Wertschöpfungskette und verbinden uns an einer Stelle mit der Bank. Bei Santander ist das besonders innovativ, denn da betreiben wir alles, also inklusive Depotbank, über unseren Partner FFB und Customer Service. Außer das Assetmanagement selbst, das kommt von der Santander.- Das verspricht dann eine höhere Marge für Vaamo, oder?Sagen wir mal so: Da wir hier besonderen Mehrwert liefern, ist das auch mit einer höheren Marge verbunden. Aber für die Banken ist interessant, dass es ihnen viel mehr Flexibilität verschafft. In einer Bank hätten Sie in sechs Monaten nicht mal einen IT-Release. Bei der Agilität stoßen Bankkonzerne an Grenzen, müssen doch so viele Prozessstufen durchlaufen werden. Aber genau in so einem Umfeld bietet unsere Lösung als Software as a Service diese Flexibilität. Manche Banken verstehen das, andere sind noch nicht so weit.- Mit dem B2B-Geschäft entsteht ja ein gewisses Frontloading bei den Kosten von Vaamo. Wie viel wollen Sie denn bei der seit dem Frühjahr laufenden Kapitalerhöhung reinholen?Wir sind den Prozess ein wenig verzögert angegangen und sind noch im Fundraising. Closing wird erst im nächsten Jahr sein, es geht um einen mittleren einstelligen Millionenbetrag. Das ist weniger als anfangs geplant, was auch mit unserem stärkeren Fokus auf B2B zu tun hat. Dort gibt es ein deutlich geringeres Frontloading bei den Kosten als im B2C-Geschäft. Im reinen Endkundengeschäft entstehen am Anfang viel höhere Kapitalaufwendungen, und die Umsätze kommen langsamer rein als im B2B-Geschäft. In dem bekommen wir teilweise Implementierungskosten ersetzt und haben eine höhere laufende Gebühr. Deswegen reduziert sich unser Kapitalbedarf. Bislang haben wir 4,5 Mill. Euro an Equity aufgenommen und können mit dem Schwenk hin zu B2B nun den Kapitalbedarf begrenzen.- Nehmen Sie nur VC-Investoren rein oder auch strategische Investoren?Wir reden offen mit allen Parteien und stellen fest, dass Strategen jetzt mehr Interesse haben als noch vor einem Jahr. Das kommt natürlich aus den Partnerschaften heraus. Was nicht zur Debatte steht, ist eine Mehrheitsbeteiligung für einen Strategen, das versteht sich von selbst. Eine unterschwellige Beteiligung, welche die Partnerschaft untermauert, das können wir uns vorstellen.- Wie viele Kunden hat Vaamo im B2C-Geschäft?Wir haben eine gut vierstellige Zahl aktiver Kunden, die im Schnitt 10 000 Euro angelegt haben. Man kann also triangulieren, wo wir da liegen – auf jeden Fall über 10 Mill. und unter 100 Mill. Euro.- Beabsichtigt Vaamo, das Upgrade hin zur Vermögensverwalter-Lizenz bei der BaFin zu beantragen?Für unser Geschäftsmodell reicht zunächst die IHK-Lizenz als Vermittler. Ob man zusätzlich noch eine BaFin-Lizenz braucht, hängt von den Anlage-Instrumenten ab, die man einsetzen möchte. Diesen Ausnahmetatbestand seitens der BaFin gibt es schon lange, das hat mit Robo-Advisory nichts zu tun. Wenn nur Fonds zum Einsatz kommen, welche die BaFin bereits reguliert, dann braucht sie die Vermittlung nicht auch noch zu regulieren.- Aber ohne BaFin-Lizenz sind Sie doch limitiert in Ihrer Geschäftstätigkeit bei Zusatzservices?Die Diskussion wird meines Erachtens falsch geführt. Das Thema ist, es gibt für beide Geschäftsmodelle eine Daseinsberechtigung, die gab es auch schon vor Robo-Advice. In der Vermittlung habe ich ein sehr einfaches Modell, auch für den Kunden, der nichts aus der Hand gibt, weil nur seine Entscheidungen umgesetzt werden. Dafür muss ich Einschränkungen hinnehmen, beim Rebalancing des Portfolios zum Beispiel. Die Vermögensverwaltung ist ein anderes Geschäftsmodell, da der Kunde die Verwaltung seines Geldes diskretionär in andere Hände gibt. Die Santander hat sich ganz bewusst für “execution only” entschieden, obwohl sie beides machen könnte. Das erkennen wir auch bei weiteren Banken, die gar keine Vermögensverwaltung anbieten wollen. Weil es zu aufwendig für das Kundenerlebnis ist. Wichtig ist, dass man die Abgrenzung zwischen den Geschäftsmodellen kennt und nicht vom einen ins andere rutscht.- Frankfurt ist als Fintech-Standort erwacht. Bringt das Tech Quartier den erhofften Schub?Jein. Es ist auf jeden Fall gelungen, mehr Aktivität in Frankfurt zu entfalten. Einige der damals vorgestellten Konzepte sollen jetzt scheinbar auch umgesetzt werden. Es ist aber schade, dass das Tech Quartier zum Start kleiner ausgefallen ist als ursprünglich gedacht und die etablierteren Start-ups dort nicht wirklich Platz haben, da in erster Linie ein Coworking Space geschaffen wurde. Von der Ausgestaltung her müssen die jungen Start-ups bei schnellem Wachstum rausgehen aus dem Quartier, weil sie in Zusammenarbeit mit Banken andere Anforderungen an Compliance erfüllen müssen. Aber ich denke, das Tech Quartier kann ein guter Nukleus sein.—-Das Interview führte Björn Godenrath.