Ungebrochene Dynamik am Green-Bond-Markt

Investieren, wo der Nutzen am größten ist

Ungebrochene Dynamik am Green-Bond-Markt

Was haben der brasilianische Papierhersteller Klabin, die größte chinesische Bank ICBC und der britische Energieversorger SSE gemeinsam? Alle drei Unternehmen haben kürzlich einen Green Bond emittiert und dazu beigetragen, dass sich das Volumen dieses Marktsegments während der letzten drei Jahre vervierfacht hat. Für 2017 prognostiziert Bloomberg, dass das Green-Bond-Emissionsvolumen auf mehr als 130 Mrd. US-Dollar wachsen sollte. Gemessen an den Zahlen des gesamten Anleihemarktes sind dies zwar nur 2 %. Im Vergleich zu den Vorjahreszahlen von 99,1 Mrd. US-Dollar zeigt sich jedoch die Dynamik dieses Marktes, der dieses Jahr sein zehnjähriges Bestehen feiert. Anleihen mit UmweltnutzenDoch was genau ist ein Green Bond? Green Bonds sind Anleihen, mit denen ökologische und klimarelevante Projekte finanziert werden. Beispiele sind Investitionen in erneuerbare Energien, die Energieeffizienz, sauberen Transport und die Wasserreinhaltung. 2014 haben sich Finanzmarktteilnehmer unter Führung der International Capital Market Association (ICMA) zusammengefunden und unverbindliche Leitlinien, die Green Bond Principles, formuliert. Diese definieren die folgenden vier Kernkomponenten von Green Bonds: die Verwendung der Emissionserlöse, die Projektbewertung und -auswahl, das Management der Emissionserlöse und die Berichterstattung.Im Gegensatz zu einem Label sind die Green Bond Principles unverbindliche Handlungsempfehlungen, die den Anlegern den Zugang zu Green Bonds erleichtern und Best Practice für Emittenten bieten sollen. Die Frage, wie groß der effektive Umweltnutzen eines Projekts ist, muss also von den Anleihekäufern selbst geklärt werden, wobei die unterschiedlichsten Fragen zu beantworten sind: Kann zum Beispiel ein Kohlekraftwerk ein grünes Projekt sein? Wie lässt sich der Nutzen grüner Investments konkret messen? Welche Aspekte spielen bei der Beurteilung eines Wasserinvestments eine Rolle? Die Beantwortung dieser Fragen wird immer wichtiger, da einerseits immer mehr Unternehmen als Emittenten Staaten und Agenturen ablösen und sich der regionale Fokus von zumeist europäischen Industrienationen in Schwellenländer verschiebt.China ist heute der führende Emittent von Green Bonds. Waren China und chinesische Emittenten vor 2016 überhaupt nicht in diesem Markt aktiv, belief sich deren Emissionsvolumen 2016 auf 36 Mrd. US-Dollar, was mehr als einem Drittel des gesamten Volumens entspricht. Zudem zeigt sich am Beispiel Chinas, wohin die Reise im Green-Bond-Markt gehen wird – nämlich in Schwellenländer. Hintergrund ist, dass grüne Schwellenländeranleihen einerseits die Renditebedürfnisse von Investoren erfüllen können. Andererseits gelten sie als sinnvolle Lösung zur Finanzierung der Energiewende in den Regionen, indenen die Wirkung am größten ist. Ist also das nächste Eldorado für Anleger grün und ein Segment, in dem man Rendite mit gutem Gewissen erwirtschaften kann? Ganz so einfach ist es nicht. Erstens sind Green Bonds Anleihen, bei denen die zu finanzierenden Projekte zwar identifiziert, aber nicht verbindlich abgegrenzt werden. Geht ein Emittent grüner Bonds in Konkurs, was durchaus möglich ist, haben Inhaber dieser Anleihen dieselben Rechte wie die Inhaber konventioneller Papiere. Ein Beispiel ist die Insolvenz des spanischen Energieversorgers Abengoa im vergangenen Jahr.Für Investoren bedeutet dies, dass ein gutes Green-Bond-Management Nachhaltigkeitsaspekte und ein vorausschauendes Rentenmanagement inklusive einer detaillierten Analyse der Bonität von Emittenten miteinander kombinieren muss. Zudem sollten Anleger wissen, dass die Preise und Renditen der Anleihen eines bestimmten Emittenten im selben Rang identisch sind – unabhängig davon, ob es sich um einen Green Bond handelt oder nicht. Letztlich sind Investoren weder einem geringeren noch einem höheren Kreditrisiko ausgesetzt.Die Marktpreise für Green Bonds sind zudem nicht nur das Ergebnis rationaler Analysen. Sie sind auch Folge der Angebots- und Nachfragesituation, wobei die Nachfrage heute den Markt dominiert. Im Vergleich zu traditionellen Bonds kann dieses Ungleichgewicht zu engeren Geld-Brief-Spannen bei Green Bonds desselben Emittenten führen. Dieser Trend wird wahrscheinlich wegen des stärkeren Engagements Institutioneller für die Energiewende eine Weile anhalten. Dabei spielen auch neue rechtliche Vorgaben eine immer stärkere Rolle. Dies erklärt auch die Anstrengungen von Emittenten, die Transparenz bei Green Bonds zu verbessern und so ihre Investorenbasis zu verbreitern.Doch welche Vorteile bringen Investoren Green Bonds konkret? Einerseits erlauben sie es, Mittel gezielt in Projekte zu lenken, die einen Umweltnutzen bieten und im Einklang mit eigenen Klimastrategien zu investieren. Andererseits können Bond-Investoren im Rahmen ihrer Engagement-Politik Einfluss auf Emittenten nehmen und Impulse auf deren Geschäftsmodell ausüben. Dies war bisher in der Regel Aktieninvestoren vorbehalten. Wenn Investoren den Klimawandel als eine der größten Herausforderungen erachten, können sie die Emittenten bevorzugen, die sich mit Blick auf dieses Megathema frühzeitig positionieren und zu den Gewinnern von morgen zählen sollten.Vergleicht man den breiten Anleihemarkt mit dem Green-Bond-Universum, wird man früher oder später erkennen, dass Green Bonds weniger herabgestuft werden und somit eine bessere Wertentwicklung aufweisen als der Gesamtmarkt. Die Emission von Green Bonds heißt letztlich nichts anderes, als dass das Management das Klimaproblem ernst genommen hat. Ratingagenturen integrieren inzwischen das Klimarisiko in ihr klassisches Rating und sorgen so dafür, dass dem Thema die erforderliche öffentliche Aufmerksamkeit zukommt. Dieser Vorteil wird sich aber nur dann materialisieren, wenn die Projekte wirklich grün sind und das Management eine Umwelt- und Klimastrategie verfolgt, die diesen Namen verdient. Die Erfahrung zeigt, dass man genau analysieren muss, um nicht schwarzen Schafen unter den Emittenten mit einer findigen PR-Strategie aufzusitzen.Es ist zu erwarten, dass der Trend zur Verbreiterung der Emittentenbasis, zu einem höheren Emissionsvolumen und zu einer breiteren geografischen Diversifikation anhalten wird. War 2015 das Jahr mit der Ausweitung des Emittentenkreises auf Unternehmen und 2016 das der Schwellenländer, steht 2017 unter dem Zeichen staatlicher Emittenten. 2018 könnte zu dem Jahr werden, in dem die Marktteilnehmer ein detaillierteres Rahmenwerk für den Green-Bond-Markt formulieren.Dieser Rahmen kann von politischer Seite kommen – beispielsweise von China oder Europa, wo die Europäische Kommission an diesem Thema arbeitet, von der ICMA und den Green Bond Principles, wo derzeit die Frage nach einem Label diskutiert wird, oder von Regulatoren oder Aufsichtsbehörden. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass Mark Carney von der Bank of England als einer der Ersten öffentlich zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die Finanzstabilität sprach.—Marie-Anne Allier, Fixed Income Deputy Global CIO bei Amundi Paris