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Unicredit-Chef Mustier führt mit harter Hand und Stoff-Elch

Von Gerhard Bläske, Mailand Börsen-Zeitung, 8.8.2018 Zum Italienischlernen hatte er anscheinend noch immer keine Zeit. Doch sonst hat Unicredit-Chef Jean Pierre Mustier offenbar alles richtig gemacht. Der Aktienkurs stieg nach Vorlage der...

Unicredit-Chef Mustier führt mit harter Hand und Stoff-Elch

Von Gerhard Bläske, MailandZum Italienischlernen hatte er anscheinend noch immer keine Zeit. Doch sonst hat Unicredit-Chef Jean Pierre Mustier offenbar alles richtig gemacht. Der Aktienkurs stieg nach Vorlage der Halbjahreszahlen jedenfalls kräftig an. Sowohl bei den Kostensenkungen als auch beim Abbau der faulen Kredite und beim Verkauf von Assets, die nicht zum Kerngeschäft gehören, kam der Franzose gut voran. Mit einer Kosten-Ertrags-Relation von 53,6 % kann sich die Bank mehr als sehen lassen. Für das Gesamtjahr 2019 hat sich Mustier eine Eigenkapitalrendite von mehr als 10 % vorgenommen.Das alles ist höchst erstaunlich. Denn als Mustier vor zwei Jahren als CEO angeheuert wurde, war der Job ein Himmelfahrtskommando. “Es gab ein Systemrisiko”, sagt er dazu im Nachhinein. Der asketische Fallschirmspringer fackelte damals nicht lange. Als Nichtitaliener war er relativ schmerzfrei. Er nahm keine Rücksichten und stellte alles auf den Kopf. Mustier tauschte das Management aus und machte klar Schiff: Das Institut vermeldete zunächst einen hohen zweistelligen Milliardenverlust. Die entstandene Kapitallücke stopfte er mit einer gigantischen Kapitalerhöhung von 13 Mrd. Euro. Mustier verordnete Unicredit eine Rosskur. Der Abbau von 14 000 der 100 000 Jobs ist größtenteils abgeschlossen. 790 der geplanten 944 Filialschließungen sind vollzogen. Non-performing Loans wurden auch dann abgestoßen, wenn der Verkauf nur wenig Ertrag brachte. Beteiligungen etwa am Pfandhaus Monte di Pietà, am Windenergieunternehmen ERG, an der polnischen Bank Pekao wurden ebenso verkauft wie der Vermögensverwalter Pioneer. Die Töchter HypoVereinsbank sowie Bank Austria werden an einer extrem kurzen Leine geführt. Mustier führt Unicredit mit harter Hand und mit Elch Elkette. Das (weibliche) Stofftier ist immer dabei, hatte aber am gestrigen Dienstag angeblich “hitzefrei”. Es soll intern das Zugehörigkeitsgefühl zu dem Institut stärken, hat er mal erklärt. Das war vermutlich nicht Mustiers Idee. Sollte der Elch jedoch auch ein Glücksbringer sein, so ist das Kalkül aufgegangen. Schon nach einem Jahr zahlte Unicredit wieder eine Dividende. Heute steht die Bank so gut da, dass sie immer wieder als Käufer etwa der Commerzbank oder aber als Fusionspartner der Société Générale (SocGen) gehandelt wird. Dort hat Mustier den Großteil seines Berufslebens verbracht. Er galt lange als Kandidat für den CEO-Posten. Doch dann stolperte der damalige Chef-Investmentbanker der SocGen über den Skandal um den Händler Jérôme Kerviel, der die Bank 4,9 Mrd. Euro kostete. Die französische Finanzaufsicht warf dem Vater von zwei Söhnen Insiderhandel vor und verurteilte ihn zu einer Strafe von 100 000 Euro. In höchster NotMustier beteuerte stets seine Unschuld. Doch er hatte keine Chance mehr auf den CEO-Posten. Er widmete sich dem Beratungsgeschäft, arbeitete bei sozialen Organisationen wie Fairtrade und ging schon einmal zur Unicredit. 2011 holte ihn Dieter Rampl nach Mailand. Der Investmentbanker blieb bis 2014 und stellte das Investment Banking wieder auf die Beine. 2014 wechselte er zurück nach Paris, wo er bei der Fondsgesellschaft Tikehau als Partner einstieg – bis ihn die Unicredit-Verantwortlichen in höchster Not zurückholten.Noch ist seine Mission nicht beendet. Doch bevor Mustier die nächsten Schritte angeht, wird er sich vermutlich ein paar Tage Ruhe gönnen. In der Regel macht er das in der Nähe von Chiavari an der italienischen Riviera. Ob ihn Elkette dorthin begleitet, ist nicht bekannt.