Union Investment warnt vor ESG-Blase

Spartenchef: Fondshaus muss Skeptiker würdigen - Auch Privatleute greifen zu

Union Investment warnt vor ESG-Blase

jsc Frankfurt – Die Fondsgesellschaft Union Investment warnt die Branche vor Fehlgriffen in der nachhaltigen Kapitalanlage. Die Auswertung diverser Daten zu Umwelt- und Sozialaspekten und zur Unternehmensführung, kurz ESG, diene nicht allein dem Zweck, Chancen zu erkennen, sondern solle auch zeigen, wo Aspekte der Nachhaltigkeit kein positives Signal darstellten, sagte Henrik Pontzen, Leiter für ESG im Portfoliomanagement, vor Journalisten in Frankfurt. Die Adresse der Volks- und Raiffeisenbanken integriert derzeit ESG-Kriterien in die Verwaltung sämtlicher Fondsvermögen und verknüpft dabei eine spezielle Datenbank mit Prozessen und Systemen. Die Einwände skeptischer Kollegen schützten dabei vor einem einseitigen Blick, betonte er. “Wenn wir Integration verstehen als einen ausschließlichen Fokus auf die positiven Chancenversprechen, dann werden wir als Branche eine Blase bauen.”ESG-Aspekte haben laut Pontzen zwei Seiten: Zum einen dienten sie als Analyseinstrument, zum anderen setze Union Investment als Teil der genossenschaftlichen Finanzgruppe ein ethisches Verständnis um. Nach welchen Kriterien die Experten dabei Unternehmen ausschließen, blieb aber im Detail offen. Pontzen hob den Ermessensspielraum der Experten hervor. Volkswagen etwa landet wegen einer mangelhaften Führung und Überwachung zwar nicht in ausdrücklich nachhaltigen Fonds, allerdings in gewöhnlichen Produkten. Ein Fokus auf Batteriefahrzeuge spreche zugleich für eine nachhaltige Ausrichtung des Autokonzerns, sagte Pontzen. Vom brasilianischen Minenbetreiber Vale hat sich die Gesellschaft im März dieses Jahres derweil getrennt, nachdem zuvor hunderte Menschen bei einer Schlammlawine ums Leben gekommen waren.Neben institutionellen Investoren entdeckten zunehmend auch private Sparer das Nachhaltigkeitssegment, sagte Vorstandsmitglied Alexander Schindler. Gut ein Drittel des Neugeschäfts an Privatleute – im ersten Halbjahr rechnerisch also ungefähr 1,4 Mrd. von 4,1 Mrd. Euro – entfalle derzeit auf nachhaltige Fonds. Zu dem Vorhaben der EU, neben einem Klassifizierungssystem für nachhaltige Anlageziele (“Taxonomie”) auch eine Beratungspflicht zur Nachhaltigkeit im Fondsvertrieb einzuführen, positionierte sich Schindler nicht konkret. Ein zu feingliedriges Regelwerk könne aber ein Produktsegment lähmen, sagte er. Zu Wochenbeginn hatte die Finanzinitiative Forum Nachhaltige Geldanlagen mit anderen Vereinen die Forderung nach einer detaillierten Regulierung bekräftigt (vgl. BZ vom 4. September). Union Investment gehörte wie andere größere Adressen nicht zu den Unterzeichnern.Zuletzt hat es im Fondshaus Bewegung gegeben: Während Pontzen im Januar von HSBC kam, hatte der frühere Nachhaltigkeitschef Ingo Speich die Gesellschaft nach 14 Jahren verlassen und im April die Führung des Segments beim Sparkassenhaus DekaBank übernommen.