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United-Aktionäre feiern Mourinhos Entlassung

Von Björn Godenrath, Frankfurt Börsen-Zeitung, 19.12.2018 "Der Klub bedankt sich bei José für seine Arbeit in der Zeit bei Manchester United und wünscht ihm Erfolg für die Zukunft." Mit diesen spröden Worten verabschiedete der von den Anhängern als...

United-Aktionäre feiern Mourinhos Entlassung

Von Björn Godenrath, Frankfurt”Der Klub bedankt sich bei José für seine Arbeit in der Zeit bei Manchester United und wünscht ihm Erfolg für die Zukunft.” Mit diesen spröden Worten verabschiedete der von den Anhängern als “Red Devils” bezeichnete Fußballclub seinen Übungsleiter José Mourinho, eine Legende der Trainergilde, die bislang überall Erfolg hatte, seit er mit dem FC Porto vor fünfzehn Jahren die ganz große internationale Fußballbühne mit dem Gewinn des Champions-League-Titels betrat.Aber die aktuelle Saisonbilanz war mit Platz 6 und 19 Punkten Rückstand auf Spitzenreiter FC Liverpool viel zu dürftig, hinzu kam ein Dauerstreit mit Mittelfeld-Star Paul Pogba, der als Franchise Player ein großes Investment der börsennotierten Fußball AG darstellt – die an der Nyse notierte Manu-Aktie legte 5 % zu, als die Meldung von Mourinhos Demission über die Ticker ging.Dabei hatte Mourinho mit seinem erratischen Verhalten schon lange um seinen Rausschmiss gebettelt, was darin gipfelte, dass er nach der letzten Niederlage vom Wochenende im Disput mit einem Reporter in der für ihn typischen Arroganz ein resignatives “ich kann die Saison nicht mehr reparieren” äußerte. Sofern dem 55-Jährigen keine justiziablen Pflichtverletzungen nachgewiesen werden, darf er eine Abfindung von geschätzt 25 Mill. Euro kassieren – der Kontrakt lief noch bis Mitte 2020.Dabei hat die Liaison von Mourinho mit Old Trafford nie so richtig funktioniert. Mehr als den Ligapokal und die Europa League hat er in seiner Amtszeit – für die ein Kursminus von 12 % zu Buche steht – seit dem Sommer 2016 bei United nicht gewonnen. Das ist nicht der Anspruch in Manchester und der US-Eigner, die auf die Titel in der Premiere League und der Champions League erpicht sind. Aber die innerstädtische Konkurrenz von City hat aufgerüstet, ebenso Liverpool mit Trainer Jürgen Klopp, der sich als Herzblut-Straßenfußballer “the normal one” definiert und damit die Antithese bildet zum “special one”, als den sich Mourinho selbst im Glanz früherer Erfolge titulierte. Es ist eine Ironie des Schicksals, dass Mourinho seine finale Niederlage gegen Klopps Team kassierte, was auch einer sporttaktischen Aufarbeitung bedarf.Denn Mourinhos bevorzugte Formation ist das 4-2-3-1; dabei weiß doch jeder, der etwas von Fußball versteht, dass die Dreierkette hinten im modernen Kick mit den schnellen Außenspielern (die sind dann leicht nach vorn verschoben) seit geraumer Zeit das effektivere Mittel sind, um auf dem Platz die dominante Position mit frühem Pressing oder schnellem Umschaltspiel einzunehmen – Fans von Eintracht Frankfurt können das schön unter der Regie von Trainer Adi Hütter bestaunen. Privatfehde mit PogbaHatte Mourinho also inzwischen aufgrund seiner Dickköpfigkeit vielleicht ein wenig den Anschluss verloren oder gibt das Spielermaterial nicht mehr her? Mit Pogba, Lukaku sowie einigen englischen Auswahlkickern ist schon Klasse vorhanden – aber wie soll da eine Einheit auf dem Platz stehen, wenn Mourinho mit dem Schlüsselspieler eine Privatfehde führt? Pogba ist eine Diva und aus dem Machtkampf als Sieger hervorgegangen. Der Franzose war für eine Ablösesumme von 105 Mill. Euro plus üppigem Gehaltspaket (jährliches Salär: 17 Mill. Euro) nach England gekommen. Analysten erwarten für 2019 einen Manu-Umsatz von 779 Mill. Dollar, weitere Steigerungen hängen stark vom Abschneiden in der Champions League ab, die ihre Ausschüttungen ab der kommenden Spielzeit noch mal kräftig steigert.Ohne Mourinho gibt es für den dynamischen Kicker, der mit Frankreich unter Regie des autoritären Trainers Didier Dechamps Weltmeister wurde, nun aber keine Entschuldigungen mehr. Er muss Manu zumindest unter die ersten vier in der Premier League bringen. Betreut wird die Mannschaft von Ex-Profi Michael Carrick nur über die Feiertage, heißt es, dann soll der Mourinho-Nachfolger feststehen. In britischen Medien träumt man von Zinedine Zidane – aber ob der sich den englischen Winter antun will, um eine bereits verkorkste Saison zu Ende spielen zu lassen, da dürfte der Anreiz gering sein. Wer auch immer es wird, der Club mit der weltweit attraktivsten Fußballmarke dürfe für die kommende Spielzeit die Schatulle für eine Transferoffensive öffnen. Vielleicht kann ja sogar die wiedergenesene Club-Legende Sir Alex Ferguson mit Verantwortung übernehmen, analog wie Borussia Dortmund einen Matthias Sammer eingebunden hat.Ob Mourinho noch mal einen Top-Spot im internationalen Fußball landen kann? Solange er erfolgreich war, konnte er sich Pyschospielchen inklusive kalkulierter Ausraster leisten, aber jetzt dürften viele in Frage stellen, ob die Methode Mourinho noch zeitgemäß ist. Andererseits kann im Fußball-Geschäft immer alles ganz schnell gehen, sind die Clubs bei der Nachfolgesuche manchmal nicht so zimperlich, wenn der Öffentlichkeit schnell ein Fahndungserfolg präsentiert werden muss. Portugals GloriaÜber Mourinhos Karriere als Spieler muss man nur wissen, für welche Vereine er aufgelaufen ist: Rio Ave, CF Belenses, GD Sesimbra und Com. Industria gehören nicht zur ersten Garde in Portugal, das mit Benfica Lissabon und dem FC Porto vor der Geldexplosion der Champions League Clubs hatte, die auch höchste Weihen erreichten – man denke nur an die Ära Eusebio, der bei der WM 1966 brillierte. Einen Teil dieser Historie prägte ja auch Mourinho: Mit dem FC Porto gewann er 2003 den Uefa Cup und dann in der folgenden Saison die Champions League.