IM INTERVIEW: HELMUT SCHLEWEIS

"Unser Institutssicherungssystem funktioniert"

Der DSGV-Präsident über die Nord/LB, die Sparkassenzentralbank, den Haftungsverbund, die blau-gelbe Superbank und die Adrenalinproduktion des Körpers

"Unser Institutssicherungssystem funktioniert"

– Herr Schleweis, wie hat sich Ihr Leben in den ersten 15 Monaten als DSGV-Präsident verändert?Es ist spannender und, was den Terminkalender angeht, noch fremdbestimmter geworden.- Was vermissen Sie?Seit ich DSGV-Präsident bin, habe ich kein Fußballstadion mehr von innen gesehen. Die Sparkasse Heidelberg ist seit vielen Jahren Partner der TSG 1899 Hoffenheim. Als Fan bin ich sehr gerne nach Sinsheim ins Stadion gegangen. Aber Berlin ist schon sehr reizvoll, vor allem wenn die Familie an der beruflichen Veränderung teilnimmt.- Was haben Sie in Ihrem neuen Amt dazugelernt?Neu ist die Erfahrung, dass man nie davon ausgehen kann, ein Ergebnis erreicht zu haben, weil sich die Lage innerhalb kürzester Zeit wieder drehen kann. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Nehmen Sie zum Beispiel Edis, die europäische Einlagensicherung. Da müssen wir immer wieder sehr wachsam sein, damit jeder seine eigene Verantwortung wahrnimmt und nicht anderen in die Taschen greift. Eine Menge gelernt habe ich auch über Menschen.- Nämlich?Ich habe in der Politik viele interessante Menschen kennen gelernt. Und ich habe auch Menschen neu kennen gelernt, von denen ich geglaubt hatte, sie schon zu kennen. Man erlebt eben positive und manchmal weniger positive Überraschungen. Die Themenvielfalt in meinem heutigen Amt ist natürlich viel breiter und spannender als im auch keineswegs langweiligen Leben eines Sparkassendirektors: unterschiedlichste politische, regulatorische, gesellschaftliche und Marktthemen. Nicht zuletzt hatten wir in dieser Zeit auch zwei Landesbanken intensiver zu betreuen.- Da haben Sie auch die Dezentralität und Meinungsvielfalt Ihrer Gruppe kennengelernt?Die kannte ich schon. Ich war acht Jahre Bundesobmann der Sparkassenvorstände und vorher Landesobmann in Baden-Württemberg. Die Gremienarbeit, die Diskussionen und demokratische Entscheidungsprozesse in unserer Organisation – das alles war mir vertraut. Aber sicher macht es einen Unterschied, ob man sich den DSGV von außen oder von innen anschaut. Das gehört zu den angenehmen Überraschungen: Wie der Verband mit seiner Vielzahl wirklich toller Experten funktioniert, wie sachkundig, engagiert und lebhaft an Themen gearbeitet wird. Das war mir vorher so nicht bewusst.- Und wie lebt es sich mit den mächtigen und selbstbewussten Regionalfürsten?Die Kolleginnen und Kollegen kenne ich auch schon etwas länger und arbeite gut mit ihnen zusammen. Was mich in unserer Organisation stört, ist das manchmal stark ausgeprägte Mitteilungsbedürfnis. Sie, Herr Wittkowski, meinen ja, dass öffentliche Diskussionen zum Charme unserer Gruppe beitragen. Mir persönlich wäre es mitunter lieber, wenn man sich andere Vorstellungen eher persönlich sagt. Vorhaben können auch zerschossen werden, indem man sie zur Unzeit publik macht. Mir missfällt auch ein bisweilen etwas fahrlässiger Umgang mit den Namen von Personen und Instituten. Ich selbst habe zum Beispiel in der Diskussion über eine Sparkassenzentralbank nie Namen von Instituten genannt.- Die Namen stehen doch in Ihrem Konzept.Ich habe sie nie öffentlich genannt. Man muss aufpassen, dass man durch öffentliche Nennungen nicht einzelne Institute beschädigt oder Kunden verunsichert. Da bin ich sehr konservativ.- Und fahrlässiger Umgang mit Namen von Personen?In der Nachfolgefrage an der Spitze der DekaBank wurden Namen öffentlich gehandelt, die bei mir nie auf dem Zettel standen. Da frage ich mich: Wer tut das und warum?- Die Namen saugen sich Journalisten nicht aus den Fingern.Das behaupte ich auch nicht. Ich habe durchaus eine Vorstellung von den Mechanismen des Showbusiness.- Welches Zwischenfazit ziehen Sie zur Auffanglösung für die Nord/LB?Wir haben ein ordentliches Zwischenergebnis erzielt. Die gefundene Lösung ist sachgerecht, es ist gelungen, das Maximum für die Bank herauszuholen, deren künftiger Spielraum durch die getroffenen Vereinbarungen bestimmt wird. Eines ist aber sehr wichtig, worüber wenig geschrieben wird: Wir haben bei der HSH Nordbank und bei der Nord/LB in kürzester Zeit zweimal den Beweis erbracht, dass unser Institutssicherungssystem funktioniert. In beiden Fällen gab es komplexe und langwierige Verhandlungen, in denen alle Beteiligten ihre Positionen nachhaltig vertreten und dann gemeinsam ihre Verantwortung wahrgenommen haben.- Jetzt läuft die wettbewerbsrechtliche Prüfung durch die EU-Kommission.Die EU-Kommission war über alle Zwischenstände informiert, sie muss aber zunächst einmal das fertige Konzept für die Nord/LB sehen, das ja erst seit wenigen Tagen vorliegt. Dieses Konzept wird die Kommission sorgfältig prüfen, sie wird sich jedes Instrument inklusive der Finanzgarantien anschauen, eine Menge Fragen stellen und manches Detail plausibilisiert haben wollen. Das ist eine komplexe Aufgabe.- Wie geht es derweil für die Bank weiter?Die Nord/LB wird von den Risiken der maritimen Wirtschaft befreit sein. Dann muss der Plan der Bank in ein funktionierendes neues und risikoärmeres Geschäftsmodell umgesetzt werden. Das ist im gegebenen Umfeld zweifellos eine Herausforderung.- Gibt es aus Brüssel Signale hinsichtlich der Verfahrensdauer?Nein.- Wie viel Kraft hat diese Aktion die Organisation über das Finanzielle hinaus gekostet?Eine solche Aktion bedeutet für alle Beteiligten in vielfacher Hinsicht einen enormen Kraftakt, zumal sich die Themen HSH und Nord/LB zeitlich noch überlappt haben. Die Regionen haben unterschiedliche Erfahrungen mit eigenen und mit fremden Landesbanken, es gibt dementsprechend viele Sichtweisen auf das Thema. Hinzu kommt die Arbeitsbelastung. Allein der Dokumentationsaufwand ist riesig. Die zuständigen Mitarbeiter des DSGV und der Sicherungsreserve der Landesbanken sind nun mal nicht beliebig multiplizierbar. Zum Glück produziert der Körper in solchen Situationen ausreichend Adrenalin.- Wie sehr wurde die Solidarität der Gruppe strapaziert?Ein Haftungsverbund ist kein Vollkaskosystem, in dem der eine Gas gibt, und wenn etwas passiert, zahlen die anderen. Deshalb darf es nicht leicht sein, auf das Geld anderer zugreifen zu können. Die Entscheidung für die Unterstützung im konkreten Fall fiel einstimmig. Das beantwortet Ihre Frage. Aber in einer Gruppe wie der unsrigen muss auch jeder die ihm oder ihr obliegenden Vermögensinteressen wahren.- Welche Konsequenzen ergeben sich für den Haftungsverbund?Nach meiner Überzeugung gibt es für den Haftungsverbund weder Änderungsbedarf noch eine Änderungsmöglichkeit.- Es wird doch zu einem Problem, dass es immer weniger Landesbanken gibt. Die sind Konkurrenten und haften füreinander.Der Befund, dass die Sache komplizierter wird, ist ja nicht falsch. Aber wer den Haftungsverbund in Frage stellt, muss das auch in letzter Konsequenz zu Ende denken.- Man kann die Landesbanken nicht einfach rauswerfen?Sparkassen und Landesbanken sind eng miteinander verwoben, denken Sie daran, dass die DekaBank und die Landesbank Berlin zu 100 % den Sparkassen gehören und Mitglied in der Sicherungsreserve der Landesbanken sind. Wenn man die Themen gänzlich durchdringt, erkennt man: Niemand kann ein Interesse daran haben, das gemeinsame Haftungssystem aufzulösen. Und bedenken Sie bitte auch, dass so etwas immer eine Nachhaftung auslösen würde. Die Sparkassen können sich nicht einfach aus ihrer Haftung für die Landesbanken befreien. Das ist Science-Fiction.- Ihre Sparkassenzentralbank wäre eine Antwort auf dieses Problem?Wenn faktisch alle deutschen Sparkassen haften müssen, dann müssen sie alle auch bestimmen können, was in einem solchen Institut geschieht. Eine gemeinsame Sparkassenzentralbank bringt deshalb Eigentum und Haftung zur Deckung und leistet einen entscheidenden Beitrag für die Identität von Kunden und Eigentümern. Das schafft Vorteile für unsere Kunden und Stabilität in der Gruppe.- Woher nehmen Sie die Zuversicht, dass Sie etwas erreichen können, woran Ihre Vorgänger von Helmut Geiger bis Georg Fahrenschon gescheitert sind?Sie haben Recht: Ich habe kein Copyright auf die Idee als solche. Über die Frage, ob unsere Gruppe ein Zentralinstitut braucht oder zwei oder drei Landesbanken, ist schon oft diskutiert worden. Nun braucht jede Idee ihre Zeit. Und wenn sich ein Window of Opportunity öffnet, muss man vorbereitet sein. Ich weiß nicht, ob das Fenster letztlich aufgeht, aber ich habe das Gefühl, dass es schon ein bisschen hereinzieht. Jenseits des operativen Tagesgeschäfts, das wir wirklich gut können, besteht heute die Chance, unsere Strukturen zu optimieren. Der Weg ist superschwierig und wird nicht von heute auf morgen zum Ziel führen, das weiß ich. Aber mein Job ist es, auch Themen voranzutreiben, die nicht der Erweiterung des Freundeskreises dienen.- Bereuen Sie nicht, dieses Fass aufgemacht zu haben?Keinen Moment. In einer Branche, die weltweit auf vielfache Weise herausgefordert wird, kann es kein Weiter-so geben. Die Idee für eine Sparkassenzentralbank ist in unserer Gruppe heute fast allgegenwärtig, obwohl ich sie nicht jeden Tag schüre. Die Sparkassenvorstände unterstützen sie und sagen: Ja, genau das brauchen wir. Sie haben ja auch die Jahrespressekonferenzen unserer Regionalverbände besucht. Da gibt es viele Ideen, wie es weitergehen kann. Manche wollen auch gar nicht mitmachen. Was niemand will, auch ich nicht, ist die “Superlandesbank”.- Eine dieser Ideen ist, mit einem Dreierbündnis aus DekaBank, Helaba und Berlin Hyp zu starten.Ich bleibe dabei, bei diesem Thema nicht öffentlich über einzelne Institute zu reden. Was ich sagen kann: Gerade zu Beginn eines solchen Projekts versucht jeder, seine Pflöcke einzuschlagen. Das ist nicht verboten.- Wie gehen Sie jetzt vor?Ich werde ein Zielbild präsentieren, wie das Institut inhaltlich aussehen soll. Die Sparkassen müssen eine sichere Erwartung haben, was genau diese Zentralbank machen soll, wie sie zu steuern ist, welches Risiko sie darstellt und so weiter. Auf welchem Weg wir dorthin kommen, ist dann die zweite Frage. Da bin ich flexibel.- Wie weit sind Sie mit Ihrem Zielbild?Ziemlich weit.- Verraten Sie es unseren Lesern.Zwei Gesichtspunkte sind entscheidend: Welche Funktionen soll das Institut haben, und wie kann dieses Geschäftsmodell auskömmliche Erträge sowohl für die Zentralbank selbst als auch für die Sparkassen generieren. Das haben wir prüfen lassen. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Es kann funktionieren. Die Ertragspotenziale sind, auch wenn man vorsichtig rechnet, absolut gegeben. Das Institut muss ja als Dienstleister seiner 100-prozentigen Eigentümer keinen übermäßigen Renditeerwartungen entsprechen. Es muss allerdings sein Eigenkapital erwirtschaften.- Welche Funktionen soll die Sparkassenzentralbank abdecken?Um einige Beispiele zu nennen: Die Zentralbank muss die Kompetenzen der Gruppe im Auslandsgeschäft bündeln, damit wir unser großes Potenzial hier deutlich besser ausschöpfen. Schöpfen wir es nicht aus, profitieren unsere geschätzten Wettbewerber. Das Gleiche gilt für das Private Banking. Das Institut muss den Sparkassen, wo erforderlich, den Zugang zum Kapitalmarkt eröffnen. Und auch im Assetmanagement, einem stark skalengetriebenen Geschäft, ließen sich in der Organisation noch Synergien heben.- Würde die Zentralbank eigenes Kundengeschäft betreiben?Nach meiner Überzeugung braucht die Bank auch ein eigenes Kundengeschäft, aber komplementär zu den Sparkassen. Sie würde den Sparkassen – ihren Eigentümern – damit keine Konkurrenz machen. Ab einer bestimmten Größe will der Kunde sowieso eine zweite Adresse dabeihaben, vor allem wenn er ins Ausland geht.- Warum sollten die beteiligten Bundesländer sich aus den Landesbanken zurückziehen?Wir haben über viele Jahre sehr gut mit den Bundesländern in der Trägerschaft von Landesbanken zusammengearbeitet. Allerdings sind die Aufgaben und damit auch die Interessen von Sparkassen und Bundesländern unterschiedlich. Und sogar die Interessen der Bundesländer untereinander sind sehr unterschiedlich. Deshalb finde ich es überlegenswert, die Interessen zu entflechten, damit jeder seine Aufgaben besser erfüllen kann. Für mich steht im Vordergrund, wie ich unsere Gruppe als Ganzes in eine gute Zukunft führen kann: Was brauchen die Sparkassen, um am Markt dauerhaft wettbewerbsfähig zu sein und wirtschaftlichen Erfolg zu haben, zumal uns die Themen Niedrigzins und Regulatorik absehbar noch länger erhalten bleiben werden. Auch die Digitalisierung, mit der wir nicht schlecht aufgestellt sind, wird uns weiter fordern.- Kann man die langwierige und komplexe Sanierung und Restrukturierung der Nord/LB mit einem großen strategischen Wurf verknüpfen?Man muss die Lösung eines akuten Themas sicher von der Vision trennen. Die Frage, wer wann bei diesem Wurf dabei sein will und kann, wird sowieso nicht in allen Bundesländern einheitlich beantwortet werden. Niedersachsen hat nicht ausgeschlossen, bei dem Projekt mitzumachen, wenn es zustande kommt. Im Moment gibt es dort andere Prioritäten.- Wo würde die Sparkassenzentralbank ihren Sitz haben? In Frankfurt?Der Finanzplatz Frankfurt wird immer ein Sitz sein müssen – das muss aber nicht der alleinige Standort sein. Aber auch darüber wird es noch interessante Diskussionen geben.- In der privaten Säule der Kreditwirtschaft wird auch an einer “Superbank” gearbeitet. Wenn sie zustande käme: Was würde das für den deutschen Bankenmarkt und für die Sparkassen bedeuten?Sie kennen mich als überzeugten Marktwirtschaftler und als ebenso überzeugten Anhänger des Dreisäulensystems. Der deutschen Volkswirtschaft tut es gut, wenn alle drei Säulen gesund sind. Ich wünsche daher allen, dass sie in der Lage sind, das zu tun, wofür Banken da sind: der Wirtschaft zu dienen. Unsere mittelständisch geprägte Wirtschaft wiederum braucht ein Bankwesen, das zu ihr passt. Sie würde ganz sicher nicht so gedeihen, wenn wir nur Großbanken hätten. In welcher Struktur andere Säulen ihrer Aufgabe am besten gerecht werden, will ich von außen nicht beurteilen. Wir bekennen uns zum fairen Wettbewerb. Er ist in Deutschland zwar knochenhart, aber er hält fit und kommt den Kunden zugute.- Die Sparkassen gelten aber als “mitschuldig” an den Fusionsüberlegungen von Deutscher Bank und Commerzbank. Es wird behauptet, die blau-gelbe Fusion sei nötig, weil Banken in Deutschland keine Sparkassen übernehmen können.Falsche Behauptungen werden auch durch regelmäßige Wiederholung nicht richtig. Es heißt ja immer, Banken könnten in Deutschland kein Geld verdienen. Schauen Sie sich unsere Zahlen und jene der Kreditgenossen, übrigens auch die von einzelnen privaten Banken, an. Die Sparkassen haben 2018 trotz des Zinsumfelds eine Eigenkapitalrendite von über 7 % erwirtschaftet, und unsere Kernkapitalquote lag oberhalb von 16 %. Wer in Deutschland als Bank kein Geld verdient, sollte die Fehler bei sich selbst suchen. Ich beurteile die Effektivität eines Marktes vom Kunden her. Und der Bank- oder Sparkassenkunde wird in Deutschland mit Finanzdienstleistungen umfassend und im internationalen Vergleich sehr preisgünstig versorgt.- Dennoch steht die gerade auch von Aufsichtsseite erhobene Kritik im Raum, die deutschen Banken und Sparkassen seien ertragsschwach.Das lasse ich in dieser Verallgemeinerung nicht gelten. Unsere Zahlen sprechen dagegen. Jedes Institut steht selbst in der Verantwortung, sein Geschäftsmodell so auszurichten, dass es ertragreich ist. Dazu könnte allerdings auch die EZB einen bedeutenderen Beitrag leisten.- Dazu scheint Herr Draghi nicht bereit zu sein.Ich gestehe zu, dass es die EZB schwer hat, mit ihrer Politik dem gesamten Euroraum gerecht zu werden. Präsident Draghi hat bestimmten Staaten Zeit gekauft, damit sie ihre Hausaufgaben erledigen. Ich kann leider nicht erkennen, dass diese Zeit genutzt wurde. Die EZB hat sich jetzt selbst in eine schwierige Lage manövriert. Welche Munition hätte sie denn noch, wenn es zu einer Krise käme? Japanische Verhältnisse können wir in Europa nicht gebrauchen.- Wäre den Sparkassen mit einem abgestuften Zinssatz oder einer Befreiung von Negativzinsen innerhalb bestimmter Betragsgrenzen geholfen?Das wäre hilfreich. Es passt übrigens auch gar nicht zusammen, wenn heute laut über die Aktivierung des antizyklischen Kapitalpuffers nachgedacht wird. Auf der einen Seite Gas geben, auf der anderen auf die Bremse treten – was soll das?- Welche Signale sollen von Ihrem “Familientreffen” Mitte Mai in Hamburg ausgehen?Das Motto des 26. Deutschen Sparkassentages lautet “Gemeinsam allem gewachsen”. Dies ist eine klare Botschaft nach innen. Es ist aber noch stärker ein Versprechen an unsere Kunden. Sparkassen sind in Zeiten sehr großer industrieller Veränderungen vor rund 200 Jahren gegründet worden, um jedem Einzelnen die Chance zur wirtschaftlichen und damit gesellschaftlichen Teilhabe zu eröffnen. Deshalb sind wir bis heute öffentlich-rechtlich. Und diese Aufgabe wird im Zeitalter von Globalisierung und Digitalisierung noch wichtiger. Deshalb brauchen wir eine klare Vorstellung für die Zukunft: Was aus unserer Geschichte und unseren Werten heraus müssen wir tun – und was aber auch gerade nicht, selbst wenn andere es tun.- Sparkassen sind aber auch Wirtschaftsunternehmen.Ja, aber bei uns geht es aus den genannten Gründen eben nicht nur um Fragen von Betriebswirtschaft. Gute wirtschaftliche Ergebnisse sind bei uns zwingende Voraussetzung, aber kein Selbstzweck. Mir liegt sehr daran, dass wir die Haltung wieder in die heutige Zeit hineinbuchstabieren. Ich möchte, dass der Wert von Sparkassen nicht nur ökonomisch bemessen wird. Das wollen wir bei der Politik in Erinnerung rufen, der Öffentlichkeit unter Beweis stellen und uns daran selbst messen. Dazu dient der Sparkassentag!- Sie erwarten hohen Besuch: unter anderem von Bundeskanzlerin Merkel und Vizekanzler und Finanzminister Scholz.Darauf freuen wir uns – umso mehr, weil ich wahrnehme, dass die Politik neues Interesse am Finanzsektor entdeckt hat. Ich denke, dass die Politik weiß, dass zu einer funktionierenden Wirtschaft eine funktionierende Kreditwirtschaft gehört und dass das Pendel der Regulatorik vom Extrem der Deregulierung nach der Finanzkrise zu stark in die andere Richtung ausgeschlagen ist. Die Chance, darüber intensiver in den Dialog mit der Politik zu treten, wollen wir beim Sparkassentag nutzen.—-Das Interview führte Bernd Wittkowski.