"Unser Portfolio macht uns Arbeit, aber keine Sorgen"
Herr Merkens, wie geht es?Danke der Nachfrage, mir geht es gut. Die Zeiten sind herausfordernd, aber bisher kommt die Aareal Bank Gruppe gut durch die Krise. Wie gut kann es denn dem Chef eines Gewerbeimmobilienfinanzierers gehen, der mit einem Portfolio von gut 26 Mrd. Euro in die Coronakrise gegangen ist?Die Aareal Bank Gruppe ist in einem ausgesprochen robusten Zustand in die Krise eingetreten, mit einer sehr komfortablen Kapitalquote und einem sehr guten Risikoprofil, das viel besser aussieht als damals vor der Finanzkrise. Unsere Ausgangslage haben wir auch durch ein aktives De-Risking, also den beschleunigten Abbau von Risikopositionen im vergangenen Jahr, noch einmal deutlich verbessert. Der durchschnittliche Loan-to-Value, um den herum sich der allergrößte Teil unseres Portfolios in einer engen Spanne gruppiert, liegt heute auf einem historisch niedrigen Niveau. Zum Ende des Startquartals waren es 57 %.Ja. Viele Finanzierungen sind kaum gehebelt, das heißt, die Kunden haben deutlich mehr Eigenkapital eingebracht, als dies vor der Finanzmarktkrise 2007/2008 der Fall gewesen ist. Das bedeutet für uns als vorrangigen Gläubiger, dass es einen erheblichen Risikopuffer in Form von Eigenkapital des Kunden gibt. Solange die Kunden – oder teilweise auch wir zusammen mit den Kunden – in der Lage sind, mögliche Liquiditätsengpässe zu überbrücken, werden und müssen wir auch nicht auf einen schnellen Verkauf drängen. Das ist für alle Beteiligten die vernünftigste Option – wenn man davon ausgeht, dass diese Krise nur temporär ist. Alles in Butter also?Unser Portfolio macht uns Arbeit, aber keine Sorgen. Was wir eventuell sehen werden, sind Wertveränderungen der finanzierten Objekte und sicherlich einen – insgesamt verkraftbaren – Zuwachs in der Risikovorsorge. Dafür sind wir aber gewappnet. Wegen des niedrigen Loan-to-Value?Ja, die Startbasis ist einfach sehr niedrig, der Puffer entsprechend hoch. Daher halten wir die eine oder andere Wertveränderung sehr gut aus und können Finanzierungen weiter begleiten. Es gibt auch vereinzelt Kunden, die leisten nun Abschlagszahlungen und bringen weiteres Eigenkapital ein. Dadurch entspannt sich die Situation zusätzlich. Die Effekte des Zinsumfelds insbesondere in Großbritannien und in den USA, wo die Zinsen nun noch einmal deutlich gesunken sind, helfen zusätzlich. Die niedrigen Zinsen wirken sich sowohl auf die Liquidität als auch auf den Wert der Objekte positiv aus. Hinzu kommt für einige unserer Kunden die Möglichkeit, direkt oder indirekt – also über die Mieter – an staatlichen Unterstützungsmaßnahmen zu partizipieren. Und nicht zu vergessen: Bei uns steht nicht nur ein Geschäft, sondern auch ein werthaltiges Asset hinter dem Kredit. Das wissen Immobilieninvestoren auch. Wie läuft das Geschäft derzeit?Wir sehen – trotz eines insgesamt sehr niedrigen Volumens – sogar schon wieder die eine oder andere Transaktion. Die ersten Wertindikationen, die wir seit Beginn der Krise für das Neugeschäft bekommen haben, zeigen naturgemäß Rückgänge. Allerdings schlägt sich die Krise in einigen punktuellen Fällen, in denen ich eigentlich einen harten Reflex erwartet hätte, nur in relativ bescheidenem Ausmaß zu Buche, und die Bewertung der Immobilie zeigt eine nur überschaubare Schwankung. Na ja, ein Drittel des Portfolios entfällt mit 8,5 Mrd. Euro auf Hotels, und in diesem Segment erwarten Investoren einen Anstieg der Kreditausfälle erst dann, wenn Betreiber nach einer Schließung den Betrieb wieder hochfahren wollen und dann Mittel fehlen. Regnet es bei Ihnen schon rein?Nein. Es bewegt sich alles im erwarteten Rahmen. Wir haben als Hotelfinanzierer unterschiedlich gravierende Situationen erlebt: die Finanzmarktkrise, die Terroranschläge vom 11. September und Sars, um nur einige zu nennen. Entscheidend ist letztlich auch hier, wie die wirtschaftliche Erholung aussehen wird. Wie wird sie aussehen?Wir gehen davon aus, dass auf den harten Absturz eine langsame, graduelle Erholung folgt, die in diesem Jahr beginnt und sich im kommenden Jahr beschleunigt fortsetzen wird. Es gibt durchaus schon Anzeichen dafür, dass dieses Szenario so eintreten könnte. Nehmen wir etwa den Hotelbereich: Wenn Sie jetzt etwa in deutsche Ferienregionen wie den Bodensee fahren, stellen Sie fest, dass dort schon jetzt teilweise eine Buchungslage auf Vor-Corona-Niveau besteht. Natürlich trifft dies nicht auf alle Hotels in Deutschland zu. Es bestätigt aber wie auch in anderen Ländern das Muster, dass zunächst die Individual- und Privatreisen einsetzen und die Geschäftsreisen später hinzukommen. Wie der Restart insgesamt gelingt, muss sich zeigen. Dass ein Hotel, das geschlossen ist, keinen Umsatz generiert, ist klar. Umgekehrt ist es aber auch nicht ungewöhnlich, eine Hotelimmobilie auch einmal geschlossen zu halten. In Venedig halten dies im Winter die allermeisten Hoteliers so. Und in den meisten Regionen gibt es saisonale Ausprägungen, für die Liquidität vorgehalten wird und vorgehalten werden muss. Was passiert, wenn die von Ihnen erwartete langsame, graduelle Erholung ausbleibt?Natürlich prüfen wir, ob und wie wir von härteren Szenarien getroffen würden. Ich wünsche es aber uns allen, dass uns solche Szenarien erspart bleiben mögen. Eine wirtschaftliche Entwicklung mit dem Verlauf eines L ist ja auch etwas, was Regierung und Notenbanken fürchten und mit großen Programmen auf breiter Front versuchen zu verhindern – hoffentlich erfolgreich. Das Risiko ist aber, wie wir auch den jüngsten Äußerungen von Europäischer Zentralbank und Federal Reserve zur Konjunkturentwicklung entnehmen können, bei weitem noch nicht gebannt. Rechnen Sie mit Hilfen für die Aareal Bank, welche die negativen Effekte der Krise auf das Institut kompensieren würden, falls es zu einem L-Szenario kommt?Aus heutiger Sicht gibt es keinen Grund für die Annahme, dass wir Hilfen irgendwelcher Art in Anspruch nehmen müssten. Sie sprachen von Kunden, die Bares einschießen. Es wird sicher auch Schuldner geben, die um Stundungen bitten.Wir sind relativ flexibel, mit den Kunden Vereinbarungen zu treffen, wo diese notwendig sind. Dies wird im Moment aber noch nicht häufig nachgefragt, die weitaus meisten Finanzierungen werden bis dato vollkommen normal bedient. Angesichts des Zinsumfelds und der vorliegenden Schätzungen zur Wertentwicklung bin ich zuversichtlich, dass das so bleibt. Es wird in dem einen oder anderen Fall sicherlich unvermeidlich schwierige Situationen geben, aber nicht auf breiter Front. Deshalb sollte das alles durchaus verkraftbar sein. Beteiligt sich die Aareal Bank am Moratoriumsmechanismus, den der Verband der Pfandbriefbanken entwickelt hat?Wir haben die Erstellung des Moratoriums verfolgt, sind an dieser Initiative aber nicht aktiv beteiligt. Wir legen sehr viel Wert darauf, individuelle Vereinbarungen zu treffen. Damit sind wir bisher gut gefahren, und das wollen wir auch weiterhin tun. Das wäre aber nicht möglich, wenn man an eine Moratoriumsvereinbarung gebunden wäre. Die Münchener Hypothekenbank hat angesichts der Krise ihr Ziel fürs Neugeschäft 2020 reduziert, die DZ Hyp hat es ganz kassiert. Hat auch die Aareal Anlass, Abstriche zu machen?Wir steuern das Geschäft nach dem Portfoliovolumen, und wir gehen davon aus, dass wir unser für 2020 formuliertes Ziel von 26 Mrd. bis 28 Mrd. Euro erreichen werden, wenn auch vielleicht durch einen gegenüber der Planung leicht erhöhten Anteil von Prolongationen. Diese Prognose setzt voraus, dass wir noch einiges an Neugeschäft hereinholen, denn ins Jahr sind wir mit einem relativ niedrigen Volumen gestartet. Das waren 26,1 Mrd. Euro zum Ende des ersten Quartals.Dass wir am unteren Rand unseres Zielkorridors liegen, ist auch den Maßnahmen zur Reduktion der Risiken, etwa in Italien, aus dem vergangenen Jahr geschuldet. Diese Maßnahmen, die naturgemäß auch zu einem Rückgang der zinstragenden Aktiva und damit des Zinsüberschusses geführt haben, waren seinerzeit deshalb mancherorts ja kritisch hinterfragt worden. Rückblickend darf ich feststellen, dass das sicher kein schlechtes Timing gewesen ist, um Risiken zu reduzieren. Wir haben damit jedenfalls unsere Position vor dem Ausbruch der Krise zusätzlich gestärkt. Momentan läuft in Sachen De-Risking vermutlich nicht so viel, weil der Markt für notleidende Forderungen eingefroren ist, oder?Noch ist das Jahr nicht zu Ende und das Quartal auch nicht. Vielleicht lässt sich ja doch noch etwas zur Überraschung aller machen. Muss sich die Aareal Bank Gedanken über ihre Strategie machen wegen der Erwartung, dass die Corona-Pandemie den Bedarf an Büros, auf die 28 % des Portfolios entfallen, infolge vermehrter Heimarbeit reduzieren dürfte?Genau so wenig, wie ich in den Abgesang auf den Hotelsektor einstimme, teile ich die düsteren Prognosen für den Büroimmobilienmarkt. Es gibt aus meiner Sicht keinen Grund zu der Annahme, dass es hier nicht ebenfalls zu einer Normalisierung kommen wird. Sicher, Homeoffice hat durch die Krise einen gewaltigen Schub bekommen. Aber zugleich haben die Unternehmen auch gemerkt, wie wichtig der persönliche Austausch ist. Und Konzepte wie Großraumbüros oder Coworking-Spaces werden vor dem Hintergrund der Gesundheitsvorsorge tendenziell unattraktiver beziehungsweise müssen angepasst werden. Wie stark die gegenläufigen Effekte sein werden, ist noch schwer abzuschätzen. Aber die These scheint mir nicht allzu gewagt, dass hochwertige Büroflächen auch in Zukunft gebraucht werden, gerade auch in den guten Lagen der Metropolen, wo wir bevorzugt finanzieren. Können Sie etwas zum Geschäft im zweiten Quartal sagen?Dafür ist es noch zu früh. Sie haben aber keinen Anlass, an Ihren Prognosen fürs Gesamtjahr etwas zurückzunehmen?Die Prognose ist relativ frisch und wurde erst Anfang Mai neu formuliert. Klar ist: Wir müssen sie immer gegen die Entwicklung der Coronakrise spiegeln und stetig verfolgen, ob wir etwas nachzujustieren haben. Zuletzt scheint die Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Krise und der nachfolgenden Erholung wieder zugenommen zu haben. Ob dies nur eine Korrektur zu optimistischer Erwartungen oder aber eine generell andere Einschätzung der Wahrscheinlichkeit der verschiedenen Szenarien reflektiert, ist noch nicht klar. Aus heutiger Sicht gibt es für uns aber keinen Grund, unsere Prognose anzupassen. Wir bleiben also bis auf Weiteres dabei, dass wir im Gesamtjahr 2020 ein deutlich positives Betriebsergebnis für erreichbar halten. Wenige Tage nachdem die Aareal Bank einen Minderheitsanteil an ihrer Software-Tochter Aareon zum Verkauf gestellt hatte, berichteten Sie auf der Hauptversammlung Ende Mai von regem Interesse von Investoren. Wie viele Interessenten sind es denn?Ich hätte mich nicht so geäußert, wenn es nur eine Handvoll potenzieller Interessenten gäbe. Es sind tatsächlich deutlich mehr. Das hatten wir so erwartet. Denn die Aareon ist gerade jetzt ein sehr attraktives Unternehmen, für ihre Kunden ebenso wie für mögliche Partner. Wir gehen davon aus, dass es nach der Krise in der Immobilienwirtschaft einen erhöhten Bedarf an IT-Unterstützung und einen Digitalisierungsschub geben wird – eine Situation, die der Aareon klar in die Hände spielt. Interesse haben Unternehmen, die Branchenexpertise mitbringen und Aareon weiterentwickeln können?Nur zum Geldwechseln würden wir einen solchen Prozess nicht starten. Es geht darum, die Aareon gemeinsam mit einem langfristig orientierten Finanzinvestor als Partner auf ein nochmals höheres Niveau zu bringen, zum Beispiel durch eine Forcierung ihrer M&A-Aktivitäten. Sie sprechen davon, dass eine Entscheidung über einen Investor rasch fallen soll. Berechnet sich das in Wochen oder in Monaten?Innerhalb von ein paar Wochen ist so etwas realistischerweise kaum zu schaffen, viele Monate sollte es aber auch nicht dauern. Wir sind zwar nicht in Eile, und Interessenten sollten die Möglichkeit haben, sich mit dem Geschäft gründlich vertraut zu machen. Zugleich haben aber die Kunden und die Mitarbeiter der Aareon ein berechtigtes Interesse daran, dass sich der Prozess nicht allzu sehr in die Länge zieht. Und die M&A-Opportunitäten in den für die Aareon relevanten Märkten bestehen jetzt. In sechs Monaten sieht das vielleicht schon wieder ganz anders aus. Ist die Transaktion der Versuch, die Bewertung der Aareal Bank am Kapitalmarkt zu verbessern? Die Bank hat ein Kurs-Buchwert-Verhältnis von 0,43 %. Damit steht sie zwar besser da als die deutschen Großbanken. Letztlich aber heißt dies nichts weiter, als dass die Investoren knapp 60 % der Bilanzsumme keinen Wert beimessen.Wenn der europäische Bankensektor insgesamt als Underperformer gesehen wird, kann man sich dem als europäische Bank schwer entziehen. Zugleich lässt sich am Kursverlauf seit unserer Ankündigung ablesen, dass am Kapitalmarkt sehr wohl angekommen ist, dass wir den Verkauf eines Minderheitsanteils ernsthaft betreiben wollen – und dass mit einer solchen Transaktion auch eine zusätzliche Wertsteigerungsperspektive verbunden ist. Mit der Beteiligung eines Minderheitsaktionärs an Aareon reduzieren Sie das Potenzial einer ertragsstarken Tochter und deren stabilisierende Wirkung auf das Geschäftsmodell der Aareal Bank, was auch für die aufsichtlichen Kennziffern relevant ist.Klar ist, dass die Perspektive der Aufsicht, aber auch von Ratingagenturen auf den Diversifikationseffekt durch die Aareon grundsätzlich positiv ist. Eine Transaktion, wie wir sie planen, würde dies allerdings nicht beeinträchtigen, sondern sogar noch stärken. Die Verbindung zwischen Bank und Aareon ist im Übrigen durch langfristige Verträge gesichert. Daran ändert sich nichts. Auch was die Einlagenseite angeht, sollten wir bei richtiger Wahl des Partners, die wir natürlich anstreben, keine Probleme sehen. Ziel ist ja, dass sich insgesamt das Angebot an die Kunden nochmals deutlich verbessert – in Deutschland, in Europa, aber vielleicht auch einmal in eine andere Branche hinein. Die Aareon hat jedenfalls noch erhebliches Wachstumspotenzial, das wir gemeinsam mit einem Partner noch verstärken wollen. Davon würden die Aareon selbst und die Aareal Bank als Mehrheitseigentümerin profitieren – und letztlich auch unsere Aktionäre sowie allen voran auch unsere Kunden. Der Hedgefonds Teleios hat nochmals einen Komplettverkauf von Aareon gefordert. Das ist für die Bank somit nicht relevant.Wir haben alles umfassend geprüft. Der Weg, den wir jetzt eingeschlagen haben, ist dafür im gegebenen Umfeld mit Abstand der beste – sowohl für das Unternehmen als auch für unsere Aktionäre. Dies auch deshalb, weil wir im Falle einer erfolgreichen Transaktion für die wertschaffende Verwendung von Zuflüssen dieser Größenordnung gute Möglichkeiten sehen. Zum einen könnten wir den Wachstumskurs der Aareon gemeinsam mit dem potenziellen Partner zusätzlich unterstützen. Zum anderen dürften sich auch im Bereich Immobilienfinanzierung Opportunitäten ergeben. Nicht zuletzt könnten wir die Gelder auch zum Kapitalmanagement entlang des ganzen Spektrums des regulatorischen Eigenkapitals einsetzen. Wichtig ist dabei auch: Der Einsatz freien Kapitals im Unternehmen ist nicht von den aktuellen und möglichen künftigen Ausschüttungsbeschränkungen der EZB betroffen. Heißt das, die Aareal Bank könnte den Erlös aus dem Verkauf eines Minderheitsanteils an Aareon für eine Sonderausschüttung nutzen?Für uns sind nach Bewertung der Gesamtsituation die dargestellten anderen, wertschaffenden Verwendungsmöglichkeiten prioritär. Im Zuge des Trends zu mehr Nachhaltigkeit sehen sich Versicherer mit Diskussionen über Anlagen in braune Assets konfrontiert, die unweigerlich an Wert verlieren werden. Wie geht die Aareal Bank mit dem Risiko um, braune Immobilien zu finanzieren?Wir messen Nachhaltigkeitskriterien, also dem ESG-Dreiklang Environment, Social und Governance, eine hohe Bedeutung bei. Das können Sie schon daran erkennen, dass ich selbst im Vorstand der ESG-Beauftragte bin. Klar ist: Immobilien, die diesen Kriterien künftig nicht mehr entsprechen, sind höheren Risiken ausgesetzt. Das geht sogar so weit, dass einige Kreditnehmer von uns erwarten, dass unser Kredit bestimmten ESG-Kriterien entspricht. Mit dem Risk Center des Indexanbieters MSCI haben wir für einen Portfolioausschnitt bereits versucht, einen Klima-Value-at-Risk zu berechnen und zu ermitteln, inwieweit unsere Finanzierungen übereinstimmen mit dem Ziel einer Begrenzung der Erderwärmung auf maximal zwei Grad. Tun sie das?Ja, wenn man die zum Zeitpunkt der Finanzierung bereits geplanten, zum Teil schon vereinbarten Sanierungsmaßnahmen mit berücksichtigt, sollten wir sogar etwas besser sein. Wie sieht Ihre Strategie bei Finanzierungen mit schlechter ESG-Bilanz aus? Müssen solche Schuldner wegen höherer Risiken mehr zahlen oder finanzieren Sie diese erst gar nicht?Wir gehen individuell vor, haben aber auch eine klare Tick-Box, um zu prüfen, welche Standards erfüllt werden. Und wenn das überhaupt nicht passt, ist das für uns auch ein Grund, einer Angelegenheit überhaupt nicht näherzutreten. Es gibt aber noch einen anderen interessanten Aspekt, der mir bisher in der Diskussion viel zu kurz kommt. Welchen?Ich denke, dass grundlegende Sanierungen mit dem Ziel einer Verbesserung der Ökobilanz eines Gebäudes aufsichtsrechtlich unterstützt und nicht bestraft werden sollten. Natürlich kann man Sanierungen unter “riskanter” Immobilienentwicklung subsumieren und mit entsprechend hohen Anforderungen ans Eigenkapital belegen. Auf der anderen Seite aber wird man, wenn man ein Gebäude nicht vollständig saniert, auf Sicht kaum den nächsten Klimastandard erfüllen können. Mit der Forderung nach einem generellen grünen Rabatt auf die Eigenkapitalanforderungen hat sich in Europa schon Frankreich bisher nicht gegen die Bedenken Deutschlands durchsetzen können.Von einer Verringerung der Eigenkapitalanforderungen will ich gar nicht reden. Es wäre schon viel gewonnen, wenn Sanierungen nicht zwingend zu einer Erhöhung führen würden. Ordnungspolitisch ist es natürlich schwierig, eine politische Steuerung über Eigenkapitalanforderungen vorzunehmen. Denn es ist wichtiger, zu schauen, welche Risiken es in einem Portfolio gibt. Auch sollte eine Organisation aus eigenem Antrieb in der Lage sein, diese Finanzierungen bereitzustellen. Auf der anderen Seite ist es aber so, dass es in Organisationen oft auch menschelt und es daher eines Anstoßes bedarf, um die Aufmerksamkeit auf bestimmte Themen zu lenken. Haben Sie Ihre Idee schon einmal der Aufsicht präsentiert?Die EZB ist ja schon dabei, das Klimaziel zu unterstützen, und hat Erwartungen ans Risikomanagement formuliert. Ich würde mir nur wünschen, dass wir mit Blick auf diese Anforderungen nicht anfangen müssten, auch bei diesem Thema wieder Hunderte von Berichten an eine Vielzahl von Stellen zu schicken. Das wäre dann auch sicher nicht mehr “klimaneutral”. Das Interview führte Bernd Neubacher.