"Unsere Vision ist eine grüne Hausbank"
Die Umweltbank will ihre Kundenzahl bis zum Jahr 2026 auf 250 000 mehr als verdoppeln. Den nötigen Rückenwind soll unter anderem die Einführung eines Girokontos geben. Vorstandssprecher Jürgen Koppmann will die Umweltbank so in Richtung einer grünen Hausbank entwickeln.Von Michael Flämig, Nürnberg “Wir wollen uns öffnen und in Richtung einer echten Hausbank entwickeln”, sagte Umweltbank-Vorstandssprecher Jürgen Koppmann im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. So solle die Zahl der Kunden bis zum Jahr 2026 auf 250 000 mehr als verdoppelt werden. Das Nürnberger Institut, deren Kunden im Schnitt 49 Jahre alt sind, zielt dabei auf den Nachwuchs, der gegenwärtig gegen die Klimapolitik auf die Straße geht: “Eigentlich wären dies wunderbare Kunden für uns, aber sie kennen uns nicht.” Daher müsse die Umweltbank, die sich bisher als Zweitbank für ökologisch bewusste Berufstätige positioniert hat, ein bisschen jünger und moderner werden: “Unsere Vision ist eine grüne Hausbank.”In den vergangenen zwei Jahren dagegen sank die Kundenzahl von 115 000 (2016) auf 113 700 (2018). Es sei angesichts der Kapitaldecke auch gewünscht gewesen, nicht zu expandieren, sagte Koppmann. Nachdem die Bank im Jahr 2019 erstmals seit 2001 wieder eine Kapitalerhöhung platzierte, sieht sie sich dagegen jetzt für Wachstum gut gerüstet. Bis Ende September stieg die Kundenzahl wieder auf mehr als 115 000. Die harte Kernkapitalquote betrage 9,7 %, sagte Koppmann. Die gesamte Eigenkapitalquote liege bei 14,3 % und damit gut zwei Punkte über der aufsichtsrechtlichen Vorgabe. Diesen Stand wolle man weiterhin halten. Bis Ende nächsten Jahres sei dies durch Thesaurierung möglich. Grundsätzlich gelte bis zum Jahr 2026, dass es weitere Kapitalzuführungen geben könnte, sagte Koppmann. Er hat dabei jedoch vor allem Nachrangkapital im Blick.Das Wachstumsziel begründete der Vorstandssprecher damit, dass aufgrund der Regulierungsdichte hohe Fixkosten zu tragen seien. Dies gelinge besser mit einem höheren Geschäftsvolumen, das allerdings leicht unterproportional zum Kundenwachstum zulegen werde. Außerdem wolle die Umweltbank mit ihren grünen Produkten mehr Menschen erreichen, um die Wirkung für die Umwelt zu erhöhen. Hemmschuh ITKoppmann ist sich bewusst, dass die Bank mit dem Kurswechsel ein Risiko eingeht. Schließlich ist die Konzentration auf wenige Produkte dafür mitverantwortlich, dass die Nürnberger im vergangenen Jahr eine exzellente Aufwand-Ertrags-Relation von 32,7 % abliefern konnten und zuvor sogar unter 25 % landeten. “Es ist die Aufgabe, den Spagat zwischen Beschränkung und Öffnung zu gestalten”, erklärte KoppmannKernelement der Neupositionierung ist ein Girokonto für Privatkunden. “Es wird frühestens im Jahr 2021 eingeführt”, sagte Koppmann. Im Frühjahr allerdings hatte die Bank die Markteinführung noch für das Jahr 2020 angekündigt. Die Verschiebung erklärte der Vorstandssprecher mit Herausforderungen im IT-Bereich: “Die Komplexität in der Technik ist oft größer als zum Start eines Projekts angenommen.” Schließlich müssten neue Produkte auch tadellos funktionieren. In der Praxis sei die Digitalisierung die größte Herausforderung der Bank. Kredite an VerbraucherWeitere Produktinitiativen, die im aktuellen Jahr den Kunden angeboten werden sollten, kommen ebenfalls später in den Verkauf. Sie sind für das Jahr 2020 geplant. An der Spitze steht ein ökologischer Verbraucherkredit. “Wir wollen damit die Finanzierung kleinerer Investitionen rund um das Haus ermöglichen”, sagte Koppmann. Beispielsweise könnten die Kunden Geld aufnehmen für eine Heizungsmodernisierung. Darüber hinaus bereitet die Umweltbank einen eigenen ökologischen Investmentfonds vor, der von einer bisher nicht genannten Luxemburger Adresse gemanagt wird. “Er wird Anfang 2020 starten und unter unserer neuen Marke Umweltspektrum vertrieben”, sagte Koppmann. Bisher verkauft die Umweltbank lediglich Fonds anderer Anbieter. Außerdem ist eine Crowdinvesting-Plattform geplant.Zusätzliche Ertragschancen ortet die Umweltbank durch den massiven Ausbau von Beteiligungen in den Gebieten soziales Wohnen und erneuerbare Energien. Die Umweltprojekt AG als 100-prozentige Tochter der Umweltbank investiere in zusätzliche Vorhaben: “Der Vorteil ist, dass wir dort nicht ausschließlich an der schrumpfenden Zinsmarge hängen, sondern an den Chancen von Projekten beteiligt sind.” Die Bank selbst sei derzeit mit Eigenmitteln in Höhe von knapp 16 Mill. Euro an der Umweltprojekt AG beteiligt. Dieses Volumen solle weiter wachsen, sei aber durch die Großkreditgrenze für die Umweltbank beschränkt. Unter anderem deswegen habe man eine Unternehmensanleihe an der Umweltprojekt AG über 20 Mill. Euro für die Kunden aufgelegt, die voraussichtlich schnell gezeichnet sein werde. Gewinn unter DruckTrotz Rückenwind für das Provisionsergebnis und Chancen im Beteiligungsportfolio wird es nach Ansicht von Koppmann dauern, bis die Umweltbank an frühere Profitabilitätsniveaus anknüpfen kann: “Die Jahre des steten und steilen Ertragswachstums sind vorbei.” Bis zum Jahr 2015 habe die Umweltbank von einem steigenden Volumen bei guter Zinsmarge profitiert. Während sie wie andere Kreditinstitute im Frühjahr noch davon ausging, dass die Zinsspanne eine Bodenbildung zeigt und anschließend wieder ansteigen könnte, ist nun auch in Nürnberg Ernüchterung eingekehrt. “Man muss davon ausgehen, dass die Zinsspanne in der aktuellen Größenordnung von 1,2 % bis 1,3 % bleiben wird”, sagte Koppmann. Die Umweltbank wolle dies mit weiterem Wachstum ausgleichen.Koppmann erklärte, trotz der neuen Zinssituation müssten Privatkunden derzeit keine Negativzinsen zahlen. Von Anfang nächsten Jahres an treffe dies jedoch Firmenkunden, die mehr als 200 000 Euro bei der Umweltbank angelegt hätten. In den vergangenen Monaten seien der Bank wiederholt hohe Summen von institutionellen Anlegern angeboten worden, die Umweltbank-Kunden hätten werden wollen, um Verwahrentgelte zu vermeiden. Das Institut habe dies nicht angenommen.Die Risikosituation der Bank schätzte Koppmann als sehr gut ein. Die Kreditausfälle seien nur sehr gering, schließlich entwickle sich der Immobilienmarkt und auch der Bereich erneuerbare Energien positiv. Probleme habe die Umweltbank nur, wie andere Geldgeber auch, im Segment Biogas.Neuigkeiten im Markenstreit mit dem Ex-Großaktionär und Umweltbank-Gründer Horst Popp und seiner Ehefrau gibt es laut Koppmann nicht. Die Angelegenheit liege bei Gericht. In der Summe geht es um 4 Mill. Euro. Die Zusammenarbeit mit dem neuen Großaktionär GLS Bank, der im Alltagsgeschäft ebenfalls die Ökologie-Kundschaft bedient und mit dem die Umweltbank-Verwaltung im Jahr 2018 über die Besetzung von Aufsichtsratsposten stritt, sei gut, erklärte Koppmann: “Wir sind gut befreundet.” Die Umweltbank vertreibe mittlerweile einen Fonds der GLS. Grundsätzlich gelte aber: “Bei aller Freundschaft werden beide Banken ihre Eigenständigkeit beibehalten. Das tut nicht nur den Unternehmen, sondern auch dem Markt gut.” “Wir sind das Original”Eine Zusammenarbeit auf europäischer Ebene mit anderen nachhaltig orientieren Banken hält Koppmann für sinnvoll. Erste Initiativen im Rahmen der “Global Alliance for Banking on Values” seien bereits auf dem Weg. Die EU-Pläne für eine “grüne” Finanzwirtschaft sieht Koppmann mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Zwar sei das Ansinnen im Grundsatz zu begrüßen. Aber es bestehe die Gefahr, dass man sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einige: “Wir aber wollen unseren höheren Standard halten.” Die Umweltbank registriere, dass mittlerweile viele andere Banken auf den Markt für nachhaltige Geldanlage drängten. Dies werde einen gewissen Einfluss haben. Aber: “Wir sind das Original.” Die Menschen honorierten dies.Die Börsennotierung der Umweltbank – sie wird im Premium-Freiverkehrssegment m:access der Börse München gehandelt – hält Koppmann für zwiespältig. Einerseits bringe sie Sichtbarkeit und neues Kapital. Andererseits sei es für ein kleines Unternehmen mit rund 200 Mitarbeitern eine anspruchsvolle Aufgabe, den mit der Notierung verbundenen Pflichten nachzukommen. An einen Abschied von der Börse sei dennoch nicht gedacht: “Wir werden es so beibehalten.” In der Bewertung, die aktuell bei dem gut 1,2-fachen des Buchwertes liegt, sei Luft nach oben.