Unter dem Strich nicht schädlich
Trotz niedriger und negativer Zinsen hat sich die Ertragslage der deutschen Kreditinstitute in den vergangenen Jahren stabilisiert. Wie die Bundesbank in ihrem aktuellen Monatsbericht nachweist, überwiegen die positiven Effekte der expansiven Geldpolitik bislang die Belastung durch den negativen Einlagenzins. lee Frankfurt – Die Bundesbank entkräftet in ihrem aktuellen Monatsbericht die zum Teil scharfe Kritik der heimischen Bankenlobby an der schädlichen Wirkung des geldpolitischen Kurses der Europäischen Zentralbank (EZB) auf ihre Ertragslage. Wie die Volkswirte in der Publikation herausarbeiten, hat die Mitte 2014 erfolgte Einführung eines negativen Einlagenzinssatzes die Erträge der deutschen Kreditinstitute bislang nicht geschmälert – was vor allem den positiven Effekten der expansiven Geldpolitik geschuldet war. Ändern könnte sich das jedoch durch die konjunkturellen Folgen der Coronakrise, die bereits in den ersten zwei Quartalen zu einem Anstieg der Risikovorsorge geführt hat.Wie es in der Untersuchung heißt, haben die Banken zwar durchaus recht, wenn sie beklagen, dass der negative Einlagenzinssatz die Zinsmargen im Kredit- und Einlagengeschäft schmälert. Diese Ertragsbelastung habe auch damit zu tun, dass die Banken lange gezögert hätten, bevor sie die negativen Zinsen an die Kunden weitergereicht hätten. Dies sei insbesondere im Privatkundengeschäft der Fall gewesen, das ungleich größer ist als das Einlagengeschäft mit Unternehmen.Den Vorwurf, die Geldpolitik mache es den deutschen Banken beinahe unmöglich, Geld zu verdienen, lassen die Volkswirte indes nicht gelten. Denn die negativen Effekte des Strafzinses würden durch die positiven Auswirkungen der expansiven Geldpolitik auf das Bewertungsergebnis mehr als ausgeglichen. Das Bewertungsergebnis beinhaltet die Risikovorsorge, die dank Hochkonjunktur auf historischen Tiefständen verharrte.Ein weiterer Grund für die stabile Ertragslage sei die deutliche Ausweitung des Kreditgeschäfts. Dies habe zwar bereits seit der Finanzkrise im Verhältnis zur Bilanzsumme der Banken an Bedeutung gewonnen. Mit dem Beginn der Ära der negativen Zinsen sei es aber auch in absoluten Zahlen gewachsen, was sowohl der steigenden Bereitschaft der Banken zur Kreditvergabe als auch der starken Kreditnachfrage geschuldet gewesen sei. Wettbewerb und NiedrigzinsLaut Bank Lending Survey, einer vierteljährlich von der Bundesbank durchgeführten Umfrage zum Kreditgeschäft unter 34 Banken, war das niedrige Zinsniveau für die Kreditnehmer der wichtigste Treiber. Seitens der Banken förderte der zunehmende Wettbewerb die Bereitschaft zur Kreditvergabe, auch wenn dies mit einem Druck auf die Margen einherging. Einen zusätzlichen Beitrag zur Ertragsstabilisierung leistete nach Ansicht der Volkswirte der Abbau von Schuldverschreibungen in den Bankbilanzen. Offenbar nutzten insbesondere die Landesbanken, aber auch andere Institute das Anleihekaufprogramm der EZB im Rahmen von Portfolioanpassungen zu einem markanten Abbau von Schuldverschreibungen deutscher öffentlicher Haushalte.Zudem haben die Institute nach Erkenntnissen der Bundesbank die Fristentransformation im Kredit- und Einlagengeschäft ausgeweitet. Während Sichteinlagen zunehmend an Bedeutung gewannen, rückten längere Kreditlaufzeiten demnach in den Hintergrund. Dies habe die durch den Negativzins unter Druck geratenen Zinsmargen gestützt. Risiken steigenUnter dem Strich kommt die Bundesbank zu dem Schluss, dass die in Deutschland besonders umstrittenen geldpolitischen Instrumente die von der EZB beabsichtigte Wirkung im deutschen Banksystem erzielt hätten. Wegen der Coronakrise steige zwar die Wahrscheinlichkeit, dass sich der negative Einlagenzinssatz ungünstig auf die Kreditvergabe deutscher Banken auswirke. Dieses Risiko werde jedoch gemindert durch die verschiedenen staatlichen und geldpolitischen Hilfsmaßnahmen sowie die aufsichtsrechtlichen Erleichterungen, die in den Monaten seit dem Ausbruch der Pandemie in Europa beschlossen wurden.