Massive Zahlungsverzüge am Büromarkt

US-Gewerbeimmobilien trotz Zinssenkungen im Feuer

Ein strukturelles Überangebot beschert dem US-Gewerbeimmobilienmarkt eine tiefe Krise. Das stellt Amerikas Kreditinstitute vor schwere Herausforderungen.

US-Gewerbeimmobilien trotz Zinssenkungen im Feuer

US-Gewerbeimmobilien trotz Zinssenkungen im Feuer

Zahlungsverzüge am Büromarkt erreichen höchstes Niveau seit Finanzkrise – Sorgen um strukturelle Probleme überwiegen Freude über monetäre Lockerung

xaw New York

Die Krise am US-Gewerbeimmobilienmarkt weitet sich trotz der Zinssenkungen der Federal Reserve aus. Bei Krediten für Bürogebäude, die hypothekenbesicherten Wertpapieren zugrunde liegen, ist die Rate der Zahlungsverzüge laut dem Datendienst Trepp im Oktober auf 9,4% geschnellt. Dies bedeutet nicht nur einen Sprung um einen Prozentpunkt gegenüber dem Vormonat – die Schuldner im Segment stehen damit auch so stark unter Druck wie seit der schlimmsten Phase des Markteinbruchs im Zuge der Finanzkrise 2008 nicht mehr. Damit sticht der Büromarkt auch gegenüber anderen Segmenten wie Einzelhandelsladenflächen, Hotels und Industrieanlagen negativ hervor: Im Mittel beläuft sich der Anteil der Zahlungsverzüge bei Gewerbeimmobilienkrediten insgesamt auf 6%.

Hintergrund der Verwerfungen im Büromarkt ist ein Zusammenspiel aus strukturellen Problemen und der restriktiven Geldpolitik der Fed zwischen Anfang 2022 und September des laufenden Jahres. So sorgt der Bauboom des vorangegangenen Jahrzehnts in Metropolen für ein Überangebot an Gewerbeflächen, während der Homeoffice-Trend einen hohen Leerstand in Bürogebäuden nach sich zieht. In einigen der größten Märkte Amerikas von Houston bis San Francisco sind laut dem Immobiliendienstleister Savills 29 bis 37% der Flächen nicht belegt.

Assetqualität unter Druck

Die Schwierigkeiten, selbst bei den noch verbleibenden Mietern Zahlungen einzutreiben, bringt die Gebäudeeigner in Bedrängnis – und damit auch die Banken, die ihnen in rosigeren Marktphasen im großen Stil Kredite ausgestellt haben. Die Analysten von S&P Global warnen davor, dass die Assetqualität in den Bilanzen der US-Geldhäuser in einem Abwärtstrend liege und verweisen neben dem von hohen Ausfallraten geprägten Kreditkartengeschäft auf den Gewerbeimmobilienmarkt als zentrale Problemquelle. 

Auch großvolumige Zahlungsausfälle sind in dem Segment bereits Realität, was dem Markt für hypothekenbesicherte Wertpapiere Volatilität beschert. Und die hohe Anzahl an mitunter prominenten Schuldnern, die mit ihren Mieten im Rückstand sind, lässt laut Analysten erahnen, welche Abschreibungssummen noch auf insbesondere regionale Finanzinstitute zurollen. Zusätzliches Problem: Darlehen, bei denen der Schuldner den Zinsdienst noch leistet, aber die Hypothek an sich letztlich nicht abbezahlen kann, sind in den Daten von Trepp gar nicht enthalten.

Überlebenskampf bis ins neue Jahr

Branchenvertreter haben infolge der Verwerfungen die Losung „Survive till 2025“ ausgerufen – überlebe bis ins kommende Jahr, dann werden die Zinssenkungen der Fed den Markt schon retten. Tatsächlich finanziert sich ein Großteil des Segments über Kredite mit variabler Verzinsung, die an den Interbankenzins Sofr gekoppelt sind und dem kurzfristigen Leitsatz der US-Notenbank eng folgen. Doch einerseits haben die Währungshüter nach ihrem großen Zinsschnitt aus dem September in der abgelaufenen Woche nur zu einer Senkung um 25 Basispunkte gegriffen und sich zum weiteren Kurs bedeckt gehalten. Und andererseits, betonen Analysten, behebt die monetäre Lockerung das Problem des strukturellen Überangebots an Gewerbeimmobilien nicht.

Die Verkaufspreise alter Bürotürme selbst am einst durch Knappheit geprägten New Yorker Markt sind im laufenden Jahr gegenüber der vorherigen Transaktion mitunter um 50 bis 70% eingebrochen. Die UBS hat ein Gebäude an der 50th Street in Manhattan, das einer ihrer Investmentfonds 2006 für 332 Mill. Dollar gekauft und in dessen Renovierung er 76 Mill. Dollar gesteckt hatte, zuletzt über eine Online-Auktion für 8,5 Mill. Dollar verscherbelt. Das Grundstück, auf dem der Turm steht, verkaufte die Schweizer Großbank bereits 2019 für 285 Mill. Dollar an den Real Estate Investment Trust (Reit) Safehold und realisierte damit einen kleinen Gewinn von 6 Mill. Dollar, den die Verluste aus dem Deal aber bei weitem in den Schatten stellen.

Hoher Refinanzierungsbedarf

Zugleich müssen in den Vereinigten Staaten laut Trepp bis Ende 2028 Gewerbeimmobilienkredite im Billionen-Volumen refinanziert werden – und das trotz einer monetären Lockerung noch immer zu hohen Zinsniveaus. Die Summen drohen den Markt zu überfordern, zumal die Alternative einer Refinanzierung über festverzinsliche Kredite weggebrochen ist. Schließlich haben die Fiskalpläne des neu gewählten US-Präsidenten Donald Trump die langfristigen Zinssätze zuletzt stark angeschoben. Dem Gewerbeimmobilienmarkt steht damit wohl noch eine heiße Brandphase bevor.

Ein strukturelles Überangebot beschert dem US-Gewerbeimmobilienmarkt eine tiefe Krise. Die Rate der Zahlungsverzüge bei Bürokrediten ist trotz Zinssenkungen der Federal Reserve auf das höchste Niveau seit der Finanzkrise 2008 geschnellt. Das stellt Amerikas Geldhäuser vor schwere Herausforderungen.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.