US-Marktbetreiber ICE lässt von Londoner Börse ab

Verzicht auf Gegenangebot zur Offerte aus Frankfurt - Starke Kursreaktionen

US-Marktbetreiber ICE lässt von Londoner Börse ab

ku/scd/hip/ck Frankfurt – Der bedeutende US-amerikanische Marktbetreiber Intercontinental Exchange (ICE) hat sich entschieden, die beabsichtigte Fusion von Deutscher Börse und London Stock Exchange (LSE) nun doch nicht mit einem eigenen Angebot für die Briten zu torpedieren. ICE-Chef Jeffrey Sprecher ließ bei der Vorlage der Zahlen vom ersten Quartal mitteilen, man habe “derzeit keine Absicht”, eine Offerte für die LSE abzugeben. Sprecher kündigte an, die ICE werde sich auf andere Expansionsoptionen konzentrieren.Die Nachricht löste starke Kursreaktionen aus. Der Kurs der Deutsche-Börse-Aktie zog am Mittwoch um 5,8 % an und am Donnerstag um 0,5 %, während die Notierung der LSE mittwochs 4,2 % nachgab und sich gestern um 1,5 % erholte. Die ICE hatte Anfang März erklärt, man prüfe, ob man ein Gegenangebot vorlege. Noch offen ist, ob sich der Chicagoer Börsenriese CME Group für die LSE interessiert. Die CME hat ihre Absichten bislang noch nicht kundgetan. In London machte sich Enttäuschung breit, weil sich viele Marktteilnehmer erhofft hatten, der LSE-Kurs würde durch eine Übernahmeschlacht in die Höhe getrieben. An der Themse wären nun viele Akteure zufrieden, wenn die Selbstständigkeit der LSE erhalten würde.Die “Daily Mail” kommentierte, es sei ein Fehler gewesen, der Deutschen Börse die Tür zu öffnen. Patrick Young vom Aktionärsberater DV Advisors sagte, das Management der Deutschen Börse verkaufe seine Assets unter Wert. Durch die Fusion würde ein Monopol im Bereich des zentralen Kontrahenten (Central Counterparty) entstehen, das gegen Kartellrecht verstoße und ein weiteres Too-big-to-fail-System schaffe, das die ohnehin schwache Eurozone zusätzlich gefährde.Nach dem Take-over Code darf die ICE nun sechs Monate lang kein Gebot für die LSE abgeben, es sei denn es stellt sich eine signifikante Veränderung der Lage sein. Solch eine Veränderung könnte beispielsweise eine Ablehnung der Fusion durch die Aktionäre der LSE sein.Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Börse, Carsten Kengeter, warnte noch vor der ICE-Erklärung vor den Folgen eines Scheiterns der Fusion. “Wenn diese Organisation nicht gebaut wird, laufen wir Gefahr, dass der europäische Kapitalmarkt wesentlich geschwächt wird”, sagte er. Frankfurt sei der führende Finanzplatz Deutschlands. “Dieses wollen wir verstärken”, so Kengeter.—– Nebenstehender Kommentar- Schwerpunkt Seite 5