US-Ratingagentur knöpft sich Europas Banken vor

Gesenkte Ausblicke setzen Aktienkurse unter Druck

US-Ratingagentur knöpft sich Europas Banken vor

lee/hip Frankfurt/London – Die US-Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) hat den Kreditausblick zahlreicher Banken aus ganz Europa gesenkt und damit Kursverluste ausgelöst. Der europäische Branchenindex Euro Stoxx Banks gab zum Wochenschluss fast 4 % nach. Besonders hart traf es die Commerzbank: Ihre Bonitätsnote wurde um eine Note auf “BBB+/A-2” herabgesetzt – bei weiterhin negativem Ausblick. Damit steht sie gleichauf mit der Deutschen Bank, deren “BBB+/A-2”-Rating die Analysten zwar bestätigten, den Ausblick jedoch von stabil auf negativ senkten. Unverändert blieb auch das Rating der Helaba (A/A-1) trotz eines nunmehr negativen Ausblicks. Die Ratings von DZ Bank, Apobank, DZ Hyp und DVB sowie DekaBank ließen sie gänzlich unangetastet. “Wir glauben, dass ihre Mitgliedschaft in diversifizierten und stabilen Finanzgruppen zu einer stärkeren Widerstandskraft und Robustheit gegen diesen wirtschaftlichen Schock führen könnte”, hieß es. US-Banken bleiben verschont Selbst in dem Basisszenario, dass die Wirtschaft in im Herbst wieder an Fahrt gewinnt, erwartet S&P, dass die Gewinne der europäischen Banken, die Qualität der Assets und in manchen Fällen auch die Kapitalausstattung bis Ende des Jahres und in das kommende Jahr hinein bedeutend schwächer sein werden. “Banken auf der ganzen Welt werden im Jahresverlauf infolge der Corona-Pandemie, des Ölpreisschocks und der gestiegenen Volatilität unweigerlich mit einer negativen Ratingdynamik konfrontiert sein”, schreiben die Analysten. Aus diesem Grunde wurde der Ausblick für zahlreiche Institute gesenkt, auch wenn Ratingherabstufungen die Ausnahme blieben.Ins Auge fällt jedoch, dass die US-Ratingagentur bislang keinerlei Schritte zu einer Neubewertung der Kreditwürdigkeit oder des Ausblicks der Banken auf ihrem Heimatmarkt unternommen hat, obwohl die Coronakrise dort nicht minder heftig wütet als in Europa. Nun kann man den US-Banken zugutehalten, dass sie im Schnitt weitaus profitabler und daher auch besser kapitalisiert sind als ihre europäischen Wettbewerber. Zugleich ist ihr Öl-Exposure besonders ausgeprägt, und der rasante Anstieg der Risikovorsorge im ersten Quartal deutet darauf hin, dass die beginnende Rezession in den USA schwer zu schaffen machen wird.Offenbar fiel den Analysten von S&P das Urteil im Falle der europäischen Banken leichter, obwohl die meisten von ihnen noch keine Quartalszahlen vorgelegt haben. So senkten die Analysten etwa den Ausblick für fast alle größeren französischen Finanzgruppen von BNP Paribas (“A+/A-1”), BPCE (“A+/A-1”) über Crédit Agricole (“A+/A-1”) bis Crédit Mutuel (“A+/A-1”) von stabil auf negativ. Lediglich bei Société Générale (“A/A-1”) blieb der erst vor zwei Wochen gesenkte Ausblick stabil. Den Banken in den Beneluxländern bescheinigen die Analysten ebenfalls einen sich verfinsternden Ausblick. Die Ratings von ING Groep (“A-/A-2”), KBC (“A+/A-1”), Rabobank (“A/A-1”) und NIBC (“BBB+/A-2”) behielten sie jedoch bei einem von stabil auf negativ gesenkten Ausblick bei.Auch in Großbritannien stufte S&P Global Ratings mit Blick auf die Coronakrise den Ausblick auf die Bonitätsentwicklung der großen Bankengruppen herab. Betroffen waren die Dachgesellschaften von Barclays (“BBB/A-2”), Lloyds Banking Group (“BBB+/A-2”), Royal Bank of Scotland (“BBB/A-2”), Santander UK (“BBB/A-2”) und Virgin Money (“BBB-/A-3”) sowie die Building Society Nationwide. Das Abwärtsrisiko bleibe bedeutend, schrieben die Analysten dazu. Die inländische Kreditausfallquote könnte im laufenden Jahr auf 100 Basispunkte steigen. Das wäre das Fünffache des in den vergangenen sechs Jahren beobachteten Niveaus. Im kommenden Jahr wäre im Falle einer Erholung ein Rückgang auf 67 Basispunkte möglich. Damit läge die Ausfallquote aber immer noch etwas über dem langjährigen Durchschnitt.HSBC Holdings (“A/A-1”) hatten die Kreditanalysten bereits einen negativen Ausblick verpasst. Das moderate Exposure zu Großbritannien und Europa von Standard Chartered (“BBB+/A-2”) sorgte dafür, dass sie die Bank, die einen Großteil ihres Geschäfts in Asien macht, verschonten. Der Ausblick auf die Entwicklung ihrer Zahlungsfähigkeit ist aus Sicht von S&P stabil.