Varengold-Mitgründer will Deal in Cum-ex-Prozess
Varengold-Mitgründer will Deal
Ex-Bankchef Yasin Qureshi zu Cum-ex-Geständnis bereit
ak Bonn
Der Mitgründer der Varengold-Bank Yasin Sebastian Qureshi strebt in seinem Cum-ex-Verfahren eine Verständigung mit Gericht und Staatsanwaltschaft an. Zum Prozessauftakt vor dem Landgericht Bonn berichtete der Vorsitzende Richter Michael Nehring über mehrere Gespräche zwischen seiner Kammer, Staatsanwaltschaft und Verteidigung im Vorfeld des Verfahrens. Qureshi sei laut seinen Anwälten zu einem Geständnis sowie einer Schadenwiedergutmachung bereit, sofern er auf eine Bewährungsstrafe hoffen könne.
Qureshi droht Einziehung von Cum-ex-Gewinnen
Nach bisherigem Stand geht das Gericht von einer Freiheitsstrafe aus, die über den für eine Bewährung möglichen zwei Jahren liegen würde. Die Staatsanwaltschaft wäre bei einem Geständnis mit einer Strafe zwischen zwei Jahren und neun Monaten und drei Jahren und neun Monaten einverstanden. Eine Einigung halten die Parteien für möglich. Qureshi droht zudem eine Einziehung von 1,6 Mill. Euro aus Cum-ex-Gewinnen.
Es dürfte das erste Mal sein, dass sich in einem Cum-ex-Strafprozess die Parteien früh verständigen. Vor allem bei den ersten Verfahren zu den in Summe milliardenschweren Griffen in die Steuerkasse von Vertretern der Finanzbranche hatten die Ankläger Vereinbarungen kategorisch abgelehnt.
92 Mill. Euro Gesamtschaden
Dem Banker und Fintech-Gründer Qureshi wird vorgeworfen, in der Spätphase von Cum-ex illegale Aktienkreisgeschäfte rund um den Dividendenstichtag zusammen mit dem Londoner Assetmanager Duet sowie den Steueranwälten Hanno Berger und dessen Kanzleipartner S. betrieben zu haben. Mit dem „Caerus II Equity“-Fonds prellten die Beteiligten laut Anklage 2010 die Staatskasse durch ungerechtfertigte Steuerrückzahlungen um 92 Mill. Euro. In der vergangenen Woche wurde Duet-Gründer Henry Gabay dafür von einer anderen Kammer des Bonner Landgerichts zu einer Haftstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt. Sein früherer Partner bei Duet erhielt drei Jahre und sechs Monate. Beide müssen je knapp 2 Mill. Euro aus Tat-Erträgen zurückzahlen.
Qureshi ist außerdem noch für Cum-ex-Geschäfte im Jahr 2011 angeklagt. Hier organisierte die auf Cum-ex-Transaktionen spezialisierte Ballance-Gruppe die Handelsgeschäfte, Varengold vermittelte einen Teil der Investoren. Doch die verloren praktisch ihren gesamten Einsatz, da von geplanten 123 Mill. Euro Cum-ex-Gewinnen nur noch 1,4 Mill. Euro realisiert werden konnten. Die Finanzbehörden waren aufmerksam geworden.
Qureshi soll sich aktiv eingeschaltet haben
Denn ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums aus dem Dezember 2010 hatte Cum-ex-Geschäfte in der bisherigen Form für die Dividendensaison 2011 fast unmöglich gemacht. Die geplante Struktur über einen irischen Fonds namens Beach, für den Varengold einen Großteil der Investorengelder eingeworben hatte, wurde zu risikoreich. Mithilfe von Ballance, die auch schon in den Cum-ex-Geschäften der Warburg-Bank eine wichtige Rolle gespielt hatte, wurden acht US-Pensionsfonds einbezogen. Denn Varengold, so die Ankläger, habe die Investorengelder unbedingt einsetzen wollen.
Qureshi sei nicht nur über alle wesentlichen Vorgänge informiert gewesen, so die Staatsanwaltschaft am Dienstag, sondern habe sich im April 2011 auch aktiv eingeschaltet und ein Rechtsgutachten besorgt, um einen beunruhigten Investor zu überzeugen. Später zeigte sich, dass die Sorge berechtigt war: Nur noch die erste Steuerrückforderung im Mai war erfolgreich, alle späteren lehnte die Finanzverwaltung ab.
Für den Prozess gegen Qureshi sind bislang rund 30 Sitzungstermine anberaumt. Am kommenden Dienstag könnte es schon zu einer wichtigen Weichenstellung für den Ausgang des Verfahrens kommen. Auf dem Terminplan steht eine Einlassung des heute 50-jährigen Angeklagten.