Veränderungswille trägt in die Zukunft
ab Düsseldorf
Die National-Bank in Essen fühlt sich zum 100-jährigen Jubiläum fit für die Zukunft. „Nicht weil sie Vergangenheit hat, sondern weil wir veränderungsfähig und -willig sind“, wie Vorstandschef Thomas Lange in seiner Festansprache anlässlich der virtuellen Jubiläumsfeier laut Redemanuskript erklärt. Alles begann am 21. November 1920 mit der Rede von Adam Stegerwald vor Delegierten der Christlichen Gewerkschaften. In dieser Rede verankerte der spätere Mitbegründer der CSU die Notwendigkeit zur Gründung einer eigenen Bank in der bewusst gezogenen Abgrenzung „gegenüber dem großkapitalistischen Bankkonzern“. Die Bankgründung werde sich „zunächst in sehr bescheidenen Grenzen halten, aber auch auf umso solidere Grundlage gestellt sein“, erklärte Stegerwald.
Wenige Monate später, am 24. Februar 1921, erblickte die „Vereinsbank für deutsche Arbeit“ in Berlin das Licht der Welt. Im Oktober 1922 folgte die Sitzverlegung nach Essen – eine Entscheidung, die geschäftlicher Logik entsprang, wie Lange sagt. Damit Hand in Hand ging die Umfirmierung in Deutsche Volksbank, die einen geschäftlichen Anspruch beschreibt. Die neue Bank verstand sich als Sammelbecken für die Spar- und Kapitalkraft der christlich orientierten Arbeitnehmer. Daran sollte sich allen Irrungen und Wirrungen zum Trotz nichts ändern. „Stets bleiben wir bei dem, was wir am besten können: Einlagen nehmen und Kredite gewähren“, macht Lange den Punkt.
Die Bank überstand die Hyperinflation, auch wenn das „Eigenkapital knapp und die bankbetriebliche Erfahrung begrenzt“ war. Zweigniederlassungen entstanden in Berlin, Duisburg, Düsseldorf. Köln, Münster und Saarbrücken. In den 1930-er Jahren brachen Geschäftsvolumen und Bilanzsumme ein, die Werte der Sicherheiten verfielen und letztlich drohte Zahlungsunfähigkeit.
Mit dem Nationalsozialismus fand im Dezember 1933 die letzte Hauptversammlung der Deutschen Volksbank statt, die letztlich in der Umfirmierung zur National-Bank mündete. Mit der Neuausrichtung auf mittelständische Kunden gelingt der Bank die Rückkehr auf den Wachstumspfad. Glücklicherweise sei die Bank zu klein gewesen, um eine aggressive Indienstnahme im nationalsozialistischen Sinne zuzulassen, führt Lange aus. Doch: „Der Mittäterschaft vermochte sich auch unsere National-Bank nicht zu entziehen.“ Auch wenn die Bank nur am Rande mitgewirkt habe, könne das den Schuldvorwurf nur oberflächlich relativieren, ist Lange überzeugt.
Nach dem Krieg gelang es in letzter Minute, die Erlaubnis der britischen Militärregierung zur Fortführung der Geschäfte zu erhalten. Die Zentrale am Theaterplatz in Essen, dort residiert die National-Bank bis heute, wird wieder aufgebaut. Der nachfolgende Aufstieg gelingt. Zwar trüben sich in den 1970-er Jahren im Gefolge der Ölkrise die Rahmenbedingungen ein, doch die Dividende bleibt stark. „Bis heute haben wir keinen Ausfall zu verzeichnen. Welche private Bank kann das von sich sagen?“, lautet Langes rhetorische Frage.
Verlockungen nicht erlegen
Von den mit dem Mauerfall einhergehenden Verlockungen lässt sich die Essener Regionalbank nicht verleiten. „Unsere National-Bank bleibt geschäftlich in Nordrhein-Westfalen. Sie lässt sich nicht von ökonomischen Opportunitäten verführen“, konstatiert der Bankchef und fügt an: „Anfangs belächelt und als gestrig beschrieben, erweist sich die Einschätzung als richtig.“
Zur Jahrtausendwende nutzt die Signal Iduna Gruppe die Chance und übernimmt von der IKB deren Aktienpaket an der National-Bank von gut einem Viertel. Aus Sicht von Lange ein glücklicher Umstand, teilen Signal Iduna und National-Bank doch „geschäftliche und gesellschaftliche Werte“. In ihrer 100-jährigen Geschichte habe sich die Bank stets den Herausforderungen der Zeit gestellt, wobei jede stets größer wahrgenommen wurde, als es die vorangegangene war. „Auch wenn die Bundeskanzlerin die Corona-Pandemie in ihrer Neujahrsansprache als Jahrhundertkrise bezeichnet hat, sind wir für die Zukunft von Zuversicht getragen.“ Die National-Bank sei der Solidität verpflichtet. „Das ist Teil unseres Selbstverständnisses“, verspricht der Bankchef.
„Natürlich haben wir in der Vergangenheit nicht alles richtig gemacht und Risiken falsch eingeschätzt“, räumt der Banker selbstkritisch ein. Getreu der Seefahrererfahrung komme es am Ende jedoch darauf an, dass das Schiff sicher den nächsten Hafen erreiche. „Allen ökonomischen, finanzwirtschaftlichen und aufsichtsrechtlichen Notwendigkeiten zum Trotz – ohne eins geht es nicht: Menschlichkeit und Vertrauen. Hieran wollen wir uns auch in Zukunft messen lassen.“