LEITARTIKEL

Verbände und ihre Alphatiere

Der Bankenverband in Kalamitäten, der VÖB mit runderneuerter Führung neu positioniert, der BVR im Übergang vom alten Präsidenten zur neuen Präsidentin, der DSGV nach einer überflüssigen "Nachfolgediskussion" vor der Wiederwahl seines Vormanns Georg...

Verbände und ihre Alphatiere

Der Bankenverband in Kalamitäten, der VÖB mit runderneuerter Führung neu positioniert, der BVR im Übergang vom alten Präsidenten zur neuen Präsidentin, der DSGV nach einer überflüssigen “Nachfolgediskussion” vor der Wiederwahl seines Vormanns Georg Fahrenschon – in den Spitzenverbänden der deutschen Kreditwirtschaft ist mächtig was los, wenn es um die eigenen Spitzen geht. Nur der säulenübergreifende Verband deutscher Pfandbriefbanken (VDP) scheint in sich zu ruhen. Der Wechsel im Präsidentenamt von Jan Bettink zu Louis Hagen vor eineinhalb Jahren ging geräuschlos über die Bühne, und der seit 2009 amtierende Hauptgeschäftsführer Jens Tolckmitt, wiewohl regelmäßig für noch herausgehobenere Aufgaben im Gespräch, ist ohnehin die Stabilität in Person.Doch der Reihe nach. Für die fettesten Schlagzeilen in puncto Personalia sorgte der Bundesverband deutscher Banken (BdB), die Organisation von mehr als 200 höchst heterogen zusammengesetzten privaten Instituten vom Privatbankier bis zur Großbank, von A wie Aareal Bank bis Z wie Ziraat Bank. Den faktischen Rauswurf eines verdienten und weit über Mitgliedschaft und Mitarbeiter hinaus anerkannten Hauptgeschäftsführers hat man schließlich nicht alle Tage. Folglich sorgt der “gefreiwilligte” Abgang von Michael Kemmer in der ganzen Branche weiter für lebhafte Diskussionen – und vielfach auch für Unverständnis.Mit dem seit April 2016 amtierenden Präsidenten Hans-Walter Peters und dem vor sieben Jahren angetretenen Kemmer trafen zwei Alphatiere aufeinander. Letzterer steht indes nicht für die Attitüde, “mir ist egal, wer unter mir Präsident ist”. Wer aber einem Rangniederen das Feld überlässt, sollte sich hinterher nicht beklagen, dass dieser zu präsent sei. Peters fiel bei der Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank durch Abwesenheit auf – manche sagen: als erster Bankenpräsident seit Menschengedenken. Erinnerlich ist auch eine Veranstaltung in Frankfurt zu den Lehren aus zehn Jahren Finanzkrise im Juli, für die der Berenberg-Chef als Diskutant angekündigt war, seinen Platz auf dem Podium aber sehr kurzfristig Kemmer einnehmen musste. Der große Kommunikator – nie um ein paar druckreife Aussagen verlegen – ließ sich nicht zweimal bitten. Die jüngsten geldpolitischen Entscheidungen der EZB kommentierte nun der Präsident höchstpersönlich. So viel Zeit sollte auch sein, selbst wenn man als Bankchef gerade in einer Phase regulatorischer, strategischer und rechtlicher Herausforderungen einem extrem zeit- und kraftraubenden Hauptberuf gerecht werden muss.Dass angesichts der aktuellen Ereignisse die Debatte über einen hauptamtlichen Präsidenten, die so alt ist wie der 1951 gegründete Bankenverband, neu hochkommt, war abzusehen. Der zurzeit “präsidentenlose” (aber keineswegs führungslose) Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), wo Uwe Fröhlich am 1. November zur DZ Bank gewechselt ist und Nachfolgerin Marija Kolak erst im Januar antreten wird, hat mit seinen Fulltime-Präsidenten ebenso gute Erfahrungen gemacht wie der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV), dessen Mitglieder am Mittwoch Fahrenschon für weitere sechs Jahre im Amt bestätigen werden. Ob dieses Modell funktioniert, hängt allerdings neben der Mitgliederstruktur – sie ist, was die Sache leichter macht, bei BVR und DSGV homogener – vor allem von den handelnden Menschen ab. Jedenfalls ist die Schlussfolgerung, jetzt müsse beim BdB ein Hauptamtlicher ran, nicht zwingend.Der Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) lebt vor, wie ein ausbalanciertes Führungsgespann harmonieren und sich wechselseitig ergänzen kann, ohne gegeneinander in Konkurrenz zu treten. So ist der VÖB als Interessenvertretung der Landes- und Förderbanken mit dem pragmatischen, angenehm unorthodox daherkommenden Präsidenten Johannes-Jörg Riegler – der BayernLB-Chef steht seit einem Jahr an der Verbandsspitze -, Vize Otto Beierl und der in der Zunft wie bei den Medien hoch angesehenen, im Juli vom BdB übergelaufenen Hauptgeschäftsführerin Iris Bethge hervorragend aufgestellt. Zuvor hatte schon das Trio Gunter Dunkel, Beierl und Liane Buchholz überzeugende Arbeit geleistet.Starker Präsident im Ehrenamt und starke Persönlichkeit als operative Spitze: Das ist möglich, wie die Beispiele VÖB und VDP zeigen. Den privaten Banken ist zu wünschen, dass es Peters mit dem in der Öffentlichkeit weithin unbekannten Führungsdoppel Andreas Krautscheid und Christian Ossig gelingt, den BdB angemessen, auch für das breite Publikum wahrnehmbar zu repräsentieren. Zum Repräsentieren gehört Präsenz.——–Von Bernd WittkowskiDie Beispiele VÖB und VDP zeigen, dass die Kombination aus Präsident und Hauptgeschäftsführer(in) gut funktionieren kann. Es kommt auf die Menschen an.——-