MIFID II NIMMT FORM AN

Verbraucherschützer fordern strenge Qualitätskriterien

Verbraucherzentrale Bundesverband: Lobbyisten haben sich durchgesetzt - Provisionsverbot in Großbritannien und den Niederlanden hat positive Auswirkungen

Verbraucherschützer fordern strenge Qualitätskriterien

gbe Frankfurt – Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) übt harsche Kritik an den Vorschlägen zur Ausgestaltung der überarbeiteten Finanzmarktrichtlinie Mifid II, welche die European Securities and Markets Authority (ESMA) an die EU-Kommission geschickt hat. Die Verbraucherschützer stoßen sich vor allem daran, dass die Aufseher bei den Anforderungen an die provisionsbasierte Beratung zurückgerudert sind.Während es zu Beginn der ersten Konsultationsphase im vergangenen Mai zunächst so aussah, als würde die ESMA sehr scharfe Anforderungen an die Zulässigkeit der Annahme von Provisionen formulieren, sind die Aufseher nun mit den Vorschlägen für die technischen Standards des Regelwerks zurückgerudert. Zum Hintergrund: Nachdem sich in Brüssel EU-Kommission, Europaparlament und Europäischer Rat über den Gesetzestext – den sogenannten Level I – geeinigt haben, arbeiten Behörden wie die ESMA die Details der Regelwerke im Rahmen des sogenannten Level II aus. Die Aufseher schicken diese Details in Form von Vorschlägen für technische Standards dann an die EU-Kommission, welche sie gemeinsam mit Parlament und Rat verabschiedet.Der Level-I-Text der Mifid sieht zum Leidwesen der Verbraucherschützer kein Provisionsverbot vor. Auf dem Level II wollte die ESMA aber zunächst durchsetzen, dass Provisionen nur dann angenommen werden dürfen, wenn sie die Qualität der Beratung steigern. Die Aufseher hatten einen Katalog von Fällen vorgelegt, in denen sie nicht von einer Qualitätssteigerung ausgehen – und dementsprechend sollte in diesen Fälle eine Provisionsannahme verboten werden.Wichtigster Punkt dieser Negativliste war, die Annahme von Provisionen zu untersagen, wenn diese für die Finanzierung des ordentlichen Geschäftsbetriebs verwendet werden – was im deutschen wie auch im französischen Banksektor Usus ist. Aus Sicht der Finanzbranche wäre dieser Passus daher einem faktischen Provisionsverbot gleichgekommen, und sie hat daher interveniert, um die Passage streichen zu lassen. Europaparlamentarier Markus Ferber (CSU), Berichterstatter für die Richtlinie, unterstützte das Anliegen der Lobbyisten – und die ESMA hat den umstrittenen Punkt nun gestrichen.”Die Kriterien, die übrig geblieben sind, taugen nichts”, moniert Dorothea Mohn, Leiterin Team Finanzen beim VZBV. “Dann hätten wir uns die ganze Übung auch sparen können.” Mohn verweist darauf, dass der Gesetzgeber mit der Mifid II eigentlich eine Schwachstelle der Mifid I ausbügeln wollte. Die erste Markets in Financial Instruments Directive sah vor, die Annahme von Provisionen zu verbieten, wenn sie nicht der Qualitätsverbesserung der Beratung dient. “Dann ist man automatisch davon ausgegangen, dass ein Fließen von Provisionen bedeutet, dass die Qualität der Beratung verbessert wird”, so Mohn.Die Praxis habe aber gezeigt, dass dem nicht so sei. Tatsächlich beauftragte die Kommission die ESMA, bei der Ausgestaltung der Mifid II festzulegen, in welchen Fällen von einer Qualitätsverbesserung durch Provisionen auszugehen ist. “Mit den Kriterien, die ESMA jetzt der Kommission vorschlägt, sind wir nun wieder auf dem Stand der Mifid I”, sagt Verbraucherschützerin Mohn. “Konsequenter wäre es gewesen, bei den Kriterien zu bleiben, die ESMA im ersten Entwurf vorgesehen hat.”Der VZBV hat daher in einem Schreiben an die Mifid-Berichterstatter im Europaparlament auf seine Bedenken hingewiesen und vorgeschlagen, den umstrittenen Passus zu verändern, anstatt ihn ganz zu streichen. Er würde dann lauten: “Eine Gebühr, Kommission oder ein nichtmonetärer Vorteil steigert die Qualität der Beratung nicht, wenn er genutzt wird, um Güter und Dienstleistungen zu finanzieren, die für den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb notwendig sind, oder wenn diese von einer sehr kleinen Zahl anderer Marktteilnehmer gezahlt wird.” Die Verbraucherschützer betonen zudem die positiven Effekte der in Großbritannien und den Niederlanden bestehenden Provisionsverbote – während die Finanzbranche von negativen Auswirkungen spricht.