Europäische Verbriefungsinitiative kommt nicht in die Gänge
Verbriefungsinitiative kommt nicht in die Gänge
Hohe Eigenkapitalbelastung und komplexe Due-Diligence-Vorschriften sorgen nach wie vor für Zurückhaltung der Anleger
wbr/mmk Frankfurt
Angesichts der wachsenden politischen Unterstützung dafür, dass die Banken mehr den Verbriefungsmarkt nutzen, um Kapital für die nachhaltige Transformation freizusetzen, fordert die Branche mehr Unterstützung von der Politik. Es gelte Probleme zu lösen, die bislang die Marktteilnehmer noch bremsen, etwa die als falsch bemessen bewerteten Eigenkapitalbelastungen oder die aufwändigen Sorgfaltspflichten.
Einiges davon wird durch die von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA und der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA angekündigten Änderungen angegangen, z.B. die Regeln für die Offenlegung von Daten und den Risikoselbstbehalt. Vor dem Hintergrund der geringen ABS-Emissionen ist die Branche jedoch der Ansicht, dass grundlegendere Änderungen erforderlich sind – was nur auf Ebene der Gesetzgeber (Level 1) möglich sei.
„Die EU-Kommission sieht die Notwendigkeit einiger Änderungen, aber das Problem bei der Wiederaufnahme des Level-1-Textes ist, dass das Parlament und der Rat auf Änderungen drängen könnten, die der Entwicklung des Marktes abträglich sind“, sagt Rob Koning, Direktor der Dutch Securitisation Association. Derzeit liege der Schwerpunkt auf Änderungen der Datenanforderungen auf Level 2, also etwa der Frage, für welche Assetklassen Daten auf Kreditebene wirklich erforderlich sind und weniger strenge Datenvorgaben für private Verbriefungsvorlagen.
Verzerrte Marktsituation
Im Oktober 2022 veröffentlichte die EU-Kommission einen Bericht über die Funktionsweise der EU-Verbriefungsverordnung, entschied sich aber gegen eine Überprüfung. Eines der Argumente war, dass die billige Finanzierung durch die EZB während der Pandemie die Banken davon abgehalten hat, sich über den ABS-Markt zu finanzieren, was es schwierig mache, die Wirksamkeit der Verordnung zu beurteilen.
Der niederländische Verband für Verbriefungen sowie Organisationen wie die Europäische Bankenvereinigung (EBF), Prime Collateral Securitisation (PCS) und True Sale International schrieben daraufhin an die EU-Kommission, das Parlament und den Rat und wiesen darauf hin, dass einige Aspekte der Verordnung falsch ausgelegt seien.
In der Kritik stehen die strengen Anforderungen an die Sorgfaltspflicht von Banken, Vermögensverwaltern und institutionellen Anlegern, die ABS-Tranchen kaufen. Ein Anleihehändler bezeichnet die Vorgaben als eine „ellenlange Liste“ schriftlicher Verfahren, in denen Kennzahlen wie der Prozentsatz von Krediten, die mehr als 30, 60 und 90 Tage überfällig sind, Ausfallquoten, Vorfälligkeitsquoten, Kredite in der Zwangsvollstreckung sowie die branchenmäßige und geografische Diversifizierung geprüft werden müssen. Für andere spezifische Anlageklassen gibt es demnach keine vergleichbaren Vorschriften.
Wie ein Redner bei einer Podiumsdiskussion auf dem jüngsten TSI-Kongress in Berlin anmerkte, sind die Chancen auf die von der Branche geforderten Veränderungen gering, da im nächsten Jahr ein neues Europaparlament gewählt wird. „Dann werden wir einer neuen Gruppe von Leuten den Verbriefungsmarkt erklären müssen, die dann Konsultationen einleiten“, gab er sich mit Blick auf die kommenden zweieinhalb Jahre pessimistisch.
Die EU ist nach wie vor viel stärker von Bankkrediten abhängig als beispielsweise die USA, wo die Kapitalmärkte 70 % der Finanzierung für Unternehmen bereitstellen. In der EU liegt dieser Anteil bei 30 %. In Anbetracht der entscheidenden Rolle der Banken bei der Kreditvergabe wäre die Fähigkeit, Aktiva über True-Sale-Transaktionen aus ihren Bilanzen herauszulösen oder zumindest das Risiko über synthetische Transaktionen zu übertragen, von großer Bedeutung.
Regulatorische Ungleichgewichte
Die Notwendigkeit, Bankkapital freizustellen, wurde auch in einem gemeinsamen Papier anerkannt, das Mitte September von den deutschen und französischen Finanzministern Christian Lindner und Bruno Le Maire veröffentlicht wurde. Auf der Grundlage der Lehren aus der Finanzkrise habe die EU ihren Regulierungsrahmen zwar verbessert, aber durch einige regulatorische Ungleichgewichte würde das volle Potenzial von Verbriefungen eingeschränkt, heißt es darin.
Die Gelegenheit der noch laufenden Überprüfung von Solvabilität II sollte genutzt werden, um weitere Änderungen noch in dieser Legislaturperiode zu beschließen. Und „längerfristig könnte eine umfassendere Reform des Regulierungsrahmens für Verbriefungen notwendig sein“, um das Instrument zu fördern, das zur Finanzierung der europäischen Wirtschaft beitrage. Frankreich und Deutschland wollen demnach Bereiche identifizieren, in denen Änderungen angebracht seien, und diese Themen vorantreiben.
Die Verbriefung würde helfen, den gigantischen Finanzierungsbedarf für die grüne Transformation zu decken. Obgleich diese Erkenntnis sich zunehmend durchsetzt, beklagt die Branche fehlende Unterstützung der Politik.