Vergleichsplattformen auf dem Vormarsch
Vergleichsplattformen auf dem Vormarsch
Check24 baut dominante Marktstellung aus, zeigt Umfrage von Investors Marketing – CEO Mihm betont aber Wert der Filiale
fir Frankfurt
Rein digitale Finanzanbieter erfreuen sich zunehmender Beliebtheit, zeigt eine Umfrage der Beratungsgesellschaft Investors Marketing. Vorstandschef Oliver Mihm warnt davor, deshalb klassische Filialmodelle abzuschreiben.
Die Popularität von Vergleichsplattformen wie Check24 fordert Banken zunehmend heraus. Die Hälfte der für eine Privatkundenstudie Befragten gibt aktuell an, solche Portale zu nutzen und damit deutlich mehr als 2022, als dies noch 38% von sich behaupteten. 2.054 Bankkunden in Deutschland hat die Frankfurter Beratungsgesellschaft Investors Marketing im Februar und März befragen lassen.
Bequem und einfach
Absoluter Spitzenreiter bei den Vergleichsportalen ist Check24, das 49% nutzen. Vor drei Jahren taten dies noch 37%. Weit abgeschlagen folgt einzig die Raisin-Plattform Weltsparen, von der 3,4% angeben, sie zu verwenden. Da Check24 sich nicht nur als Informationsquelle, sondern fortschreitend auch als Abschlusskanal durchsetze, dessen Beliebtheit vor allem auf Einfachheit, Transparenz und die breiten Auswahlmöglichkeiten zurückzuführen sei, drohe klassischen Instituten hier Ungemach. Viele etablierte Häuser seien mit ihren Angeboten weit entfernt von der Leichtigkeit und Bequemlichkeit, die Plattformen böten, heißt es in der Studie.
„Je mehr Menschen Vergleichsplattformen nutzen, desto größer ist die Gefahr des Verlusts der Kundenschnittstelle“, sagt der Vorstandsvorsitzende von Investors Marketing, Oliver Mihm. Sie seien weiter auf dem Vormarsch, die Nutzung steige kontinuierlich. „Dieser Trend wird sich linear fortsetzen“, so Mihm. „Vergleichsplattformen kann sich niemand entziehen, denn Kunden nehmen sie zunehmend in Anspruch."
Banken sollten Präsenz zeigen
Für die Banken bedeute das, sich der Herausforderung zu stellen, eine Strategie für den Umgang mit den Plattformen zu entwickeln und zudem ihr eigenes Geschäft zu stärken. Mihm empfiehlt, auf den Plattformen Präsenz zu zeigen und zu versuchen, dort einen Teil der potenziellen Kundschaft zu erschließen, die andernfalls ohnehin für das eigene Geschäft verloren wäre. Allemal besser ist es ihm zufolge, sich mit Plattformanbietern die Erträge zu teilen als diese Menschen erst gar nicht zu erreichen und leer auszugehen.
Kommunikation verbessern
Auch wenn es viele Banken und Sparkassen mit ihren Produkten und technologischen Möglichkeiten in puncto Kundenerlebnis vielleicht nicht mit jüngeren Wettbewerbern aufnehmen könnten, so gibt es Mihm zufolge noch andere Optionen, positive Erlebnisse zu vermitteln. „Viele Finanzinstitute können sich auf kommunikativer Ebene verbessern, stehen sie doch nur mit 25 bis 30% ihrer Kunden im aktiven Austausch", erklärt er.
Die Banken müssten sich fragen, ob sie mit allen Kunden in wertschätzender Art und Weise kommunizieren und ihnen das Gefühl geben, willkommen zu sein und nicht nur etwas verkaufen zu wollen. „Durch Mailings zu AGB und Entgeltanpassungen baue ich jedenfalls keine Kundenbeziehung auf“, gibt der CEO zu bedenken.
Durch Mailings zu AGB und Entgeltanpassungen baue ich jedenfalls keine Kundenbeziehung auf.
Oliver Mihm, Vorstandsvorsitzender von Investors Marketing
Akzeptanzsprung
Auch wenn Kunden verstärkt digitale Finanzdienstleistungen in Anspruch nehmen, so ist die Veränderung im Dreijahreszeitraum 2022 bis 2025 nirgends so ausgeprägt wie bei den Vergleichsplattformen. Bei Anbietern von digitalen Geldanlagen wie Trade Republic, Scalable oder Flatex hat die Nutzung allerdings am rasantesten zugelegt: 12% auf 21%, also ein Sprung von neun Prozentpunkten, binnen drei Jahren. Mobile-Payment-Anbieter nutzen nun 25% der Befragten, nach 21% im Jahr 2022. Hier ist vor allem Paypal gefragt, doch auch Google Pay und Apple Pay erfreuen sich zunehmender Beliebtheit.
Als Treiber der Veränderung gelten demnach Kunden im Alter bis Ende 20, die zunehmend Apple Pay oder Google Pay verwenden. „Wer diese Kundengeneration langfristig binden will, muss auf durchgängig digitale, mobile und kontextbezogene Services setzen“, so die Studienautoren. Doch auch in der Altersgruppe ab 30 finde Apple und Google Pay wachsenden Zuspruch.
Rein digitale Angebote zu unterbreiten, sei allerdings nicht genug, befindet Investors Marketing. Vielmehr sei das Erlebnis ausschlaggebend, die Customer Experience. Neue Wettbewerber wie Trade Republic verstünden sich darauf, „gezielt mikrosegmentierte Zielgruppen mit maßgeschneiderten Lösungen anzusprechen“. Datenbasierte Personalisierung, mobile Apps und Echtzeitkommunikation seien deren Mittel, Filialen spielen selbstredend keine Rolle.
Beratung vor Ort
Aus all dem die einseitige Hinwendung zu Onlineangeboten abzuleiten, lehnt Mihm jedoch ab. „Kunden wollen sukzessive mehr digitale Leistungen nutzen. Das heißt im Umkehrschluss aber nicht, dass sie gänzlich auf persönliche Beratung und einen Austausch vor Ort, in der Filiale, verzichten wollen.“ So wünscht Mihm zufolge etwa jeder Dritte bei wichtigen finanziellen Entscheidungen wie Baufinanzierungen das persönliche Gespräch mit dem Bankberater.

Rückversicherungspunkt
Einerseits sei es zwar richtig, digitale Kanäle auszubauen, andererseits müssten Filialbanken aber aufpassen, nicht auf das zu verzichten, was sie haben. „Das eine oder andere Institut begeht den Fehler, nicht mehr in Filialen zu investieren und sie als reinen Kostenfaktor zu betrachten. Für einen relevanten Teil der Kunden sind sie jedoch Erlebnis- und Rückversicherungspunkte.“
Vorteile klassischer Anbieter
Das kann herkömmlichen Anbietern im Vergleich mit ihren jüngeren Herausforderern zum Vorteil gereichen. „Wir haben es bei Trade Republic gesehen. Wenn der Markt volatil wird, kann einiges zusammenbrechen und die Erreichbarkeit per Hotline oder E-Mail ist nicht notwendigerweise gewährleistet." Der Neobroker war wie manch andere auch in Bedrängnis geraten, weil US-Präsident Donald Trump durch seine Zollankündigungen die Finanzmärkte durcheinandergewirbelt hatte. Kunden hatten teils keinen Zugriff auf ihre Handelsapps oder nur mit Verzögerungen Transaktionen vornehmen können.
Langsame Veränderung
Mihm verweist darauf, dass etwa ein Drittel der Bevölkerung Filialen als Rückversicherung für Fälle wie diese schätze, die sie aufsuchen könnten, wenn sie wollten. „Diesen Vorteil sollten Filialbanken nicht zu schnell aufgeben.“ Für einen erheblichen Teil der Bevölkerung hätten Bankniederlassungen ihre Bewandtnis. „Vor 30 Jahren wurde das Internet Banking eingeführt, und noch immer gibt es Menschen, die in die Filiale gehen. Man darf nicht unterschätzen, wie manifest Kundenverhalten ist“, gibt Mihm zu bedenken. Die Privatkundenstudie wird er am Montag beim 19. IM-Symposium in Frankfurt vorstellen, bei dem die Zukunft des Bankings im Vordergrund steht.
Rein digitale Finanzanbieter erfreuen sich zunehmender Beliebtheit, zeigt eine Umfrage der Beratungsgesellschaft Investors Marketing. Vorstandschef Oliver Mihm warnt jedoch davor, deshalb klassische Filialmodelle abzuschreiben.