Vergütungsverordnung bleibt eine komplexe Angelegenheit
BaFin konsultiert Fragen und Antworten zur Institutsvergütungsverordnung
Von Florian Frank und Nicole Fischer
Vergütungsberichte und interne Prüfberichte können aufeinander referenzieren. Vergütungsberichte von übergeordneten Instituten müssen jedoch auch die Ergebnisse zur gruppenweiten Einhaltung der Vergütungspolitik enthalten.
In die langangekündigte Überarbeitung der Auslegungshilfe zur Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV) ist Bewegung gekommen. Mit den „Fragen & Antworten“ (FAQ) legte die BaFin am 21. Juni 2023 ein neues Format vor, das auf den ersten Blick kürzer und praxisorientierter wirkt. Weniger komplex wird die Vergütung in den Instituten damit aber nicht. Der Umfang der vergütungsregulatorischen Informationen bleibt unverändert groß, denn die bisherige Ausführungshilfe vom 16. Februar 2018 verliert nicht vollständig ihre Gültigkeit. Formell soll sie zwar abgelöst werden, faktisch gelten nicht in den FAQ aktualisierte Auslegungen und Verwaltungspraxen aber weiter.
Ermittlung von Sachbezügen
In der Sache enthalten die neuen Vorschläge sowohl Klarstellungen als auch Vereinfachungen und Aktualisierungen zu ausgewählten Themen. Sie ziehen aber erneuten Aufwand für die Unternehmen nach sich, zumindest zunächst Vergütungsinstrumente zu prüfen und bei Bedarf anzupassen. Hilfreich für die Praxis sind die vorgesehenen Vereinfachungen. Hierzu zählt beispielsweise die Vorgehensweise bei der Ermittlung von individuellen Sachbezügen bei komplexer Zurechenbarkeit. Hier kann zukünftig die Gesamtsumme durch die Anzahl der Begünstigten geteilt werden. Außerdem kann auf die unter § 8 InstitutsVergV erforderlichen Stichproben zur Prüfung der Einhaltung des Absicherungsverbots von Risikoträgern verzichtet werden, wenn eine zeitnahe Bestätigung vorliegt, dass es im Markt keine entsprechenden Derivate gibt. Die Stichprobe kann bei öffentlich-rechtlichen Sparkassen und Genossenschaftsbanken unter BaFin-Aufsicht sogar komplett entfallen.
BAV, Claw-back und Abfindungen
Zu zahlreichen Anforderungen sehen die FAQ erneut sehr detaillierte Hinweise vor, so z. B. zur betrieblichen Altersversorgung: Mit Blick auf die Volatilität von Pensionsrückstellungen wird nunmehr klargestellt, dass etwaige negative Zuführungen von Pensionsrückstellungen mit null anzusetzen sind.
Sehr ausführlich sind die Ausführungen zu negativen Erfolgsbeiträgen, die u. a. zur Folge haben werden, dass Malus- und Claw-back-Vereinbarungen von den Instituten in Zukunft deutlich klarer zu definieren sind, gleichzeitig enthalten die FAQ aber auch hilfreiche konkrete Beispiele, z. B. zur Auslegung von „erheblichen Verlusten“, die dann anzunehmen sind, wenn die Notwendigkeit von Ad-hoc-Mitteilungen erfüllt ist oder sie den Umfang von mindestens 1% des Eigenkapitals ausmachen. Bei mehreren Verlusten in einem Jahr ist die Summe zu bilden.
Liegt sitten- oder pflichtwidriges Verhalten vor, besteht für Maluskomitees bzw. das Aufsichtsgremium nur noch Ermessensspielraum bei Festsetzung der Höhe einer Sanktionierung, nicht zum Sachverhalt selbst. Obwohl anerkannt wird, dass sich nicht alle Malus- und Claw-back-relevanten Fälle vorab spezifizieren lassen, ist die Zielsetzung erkennbar, diskretionäre Auslegungen zu minimieren.
Abfindungen werden wie bereits erwartet sehr ausführlich in den FAQ aufgegriffen. Grundsätzlich sind Abfindungen bei fristloser Kündigung, bei befristeten Verträgen oder freiwilligem Austritt unzulässig. Anlass und Höhe von Abfindungen dürfen keinen Anreiz zu unangemessener Risikoübernahme bieten, auch hierfür werden Beispiele genannt, insbesondere wird auf die üblicherweise befristeten Geschäftsleiterverträge Bezug genommen (Stichwort Ruhegeld).
Die Rolle des Vergütungsbeauftragten erfährt in Summe eine Stärkung: Bei mindestens zehn Risikoträgern unterhalb der Geschäftsleitung ist die Rolle in Vollzeit auszuüben. In Teilzeit muss die Rolle mindestens 50% der Beschäftigung ausmachen. Die Rolle kann außerdem nicht auf zwei Personen aufgeteilt werden. Es steht im Ermessen des Vergütungsbeauftragten, an Sitzungen des Vergütungskontrollausschusses teilzunehmen.
Spot-Boni und Konzernboni
Klargestellt werden vor allem die Regelungen zu Spot-Boni und Konzernboni, allerdings weitestgehend im Rahmen der bisherigen Umsetzungen in der Praxis: Konzernboni bleiben unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, bewegen sich aber vollständig innerhalb der Vergütungsregulatorik, Gleiches gilt für Spot-Boni. Für Risikoträger bleiben Spot-Boni unzulässig. Hier erhalten in der Praxis bereits etablierte Vorgehensweisen nunmehr eine Legitimation. Selbstverständlich fallen sämtliche dieser Sonderformen variabler Vergütung unter die §7-Prüfung. Im Rahmen Letzterer gilt es zukünftig auch zu berücksichtigen, wenn sich eine negative Entwicklung des Unternehmens bereits abzeichnet. Im Gegenzug dazu fallen Prämien aus dem betrieblichen Vorschlagswesen nicht unter den Vergütungsbegriff – dürfen aber nicht dazu genutzt werden, die Vergütungsregelungen zu umgehen.
Ausblick
Die Q&A hat die BaFin bis 4. August zur Konsultation gestellt. Die Vorschläge beinhalten keine grundlegenden Umwälzungen. Institute sollten dennoch ihre Vergütungspraktiken und Regelwerke nach Abschluss der Konsultation überprüfen. An einigen Stellen lösen die FAQ Anpassungsbedarf aus, etwa bei z. B. Malus- und Claw-back-Prozessen. Von den Erleichterungen werden nicht alle Institute profitieren – aber eine diesbezügliche Prüfung lohnt sich beispielsweise mit Blick auf Sachbezüge und die Prüfung der Einhaltung des Absicherungsverbots.
In Summe nimmt sich die BaFin das der Vergütungsregulatorik immanente Proportionalitätsprinzip zu Herzen: Erleichterungen betreffen vor allem weniger komplexe oder kleinere Institute, während der höhere Umsetzungsaufwand sicher bei den bedeutenden Instituten liegen wird.