Im BlickfeldBankenkrise

Verkauf von Signature-Portfolio erhöht Druck auf US-Immobilien

Die Bankenkrise belastet den US-Immobilienmarkt: Die Gebote für das milliardenschwere Kreditportfolio der kollabierten Signature Bank liegen weit unter Nennwert.

Verkauf von Signature-Portfolio erhöht Druck auf US-Immobilien

Verkauf von Signature-Portfolio lastet auf US-Immobilien

Gebote für Kredite von kollabierter Regionalbank liegen weit unter Nennwert – Analysten warnen vor jahrelangem Einfluss auf Preise

Eine der meistbeachteten Transaktionen des Jahres erhöht den Druck auf den angeschlagenen US-Immobilienmarkt. So zieht der Verkauf des milliardenschweren Kredit- und Assetportfolios der kollabierten Signature Bank derzeit Gebote von bis zu 40% unter Nennwert an. Kurz nach Wochenstart könnte laut Insidern ein offizieller Gewinner einer Auktion um Teile der Darlehen feststehen, die durch Wohnungen in New York City besichert sind. Das führende Gebot soll dabei von der Fondsmanagement-Sparte des Immobilienentwicklers Related Companies sowie zwei Non-Profit-Organisationen kommen und 70 Cent auf den Dollar betragen.

Historische Zusammenbrüche

Die Signature Bank geriet im März unter Zwangsverwaltung durch den staatlichen Einlagensicherungsfonds FDIC – einer der Höhepunkte der Krise unter regionalen Geldhäusern, die Investoren über Monate in Atem hielt. Kurz zuvor war die Silicon Valley Bank kollabiert, Anfang Mai folgte die First Republic Bank. Damit standen binnen kurzer Zeit drei der vier größten Bankzusammenbrüche in der Geschichte der Vereinigten Staaten fest. Nur Washington Mutual war noch schwerer, als sie 2008 in die Zwangsverwaltung geriet. Nun droht die Krise auch Monate nach den Verwerfungen aus dem Frühjahr an den Finanzmärkten noch tiefgreifendere Auswirkungen zu entfalten.

Denn die Auktion der Signature-Immobilienkredite zeigt auf, in welch schlechtem Zustand sich der New Yorker Markt für Wohnungen unter kommunaler Mietkontrolle befindet. Rund die Hälfte der Assets aus dem Portfolio der kollabierten Bank basieren auf Apartments, die von städtischen Preisregulierungen betroffen sind. Im Jahr 2019 beschlossene Gesetzesänderungen des Staats New York erschweren es bedeutend, die Mieten für diese Wohnungen zu erhöhen.

Damit durchkreuzten Politiker in Albany die Pläne vieler Spekulanten, die sich unter der vorherigen Regulierung Wohngebäude gesichert hatten, um dank Sanierungen aus der Preisstabilisierung auszubrechen. Eine Reihe an Eigentümern kam in der Folge dem Zinsdienst auf ihre mehrere 100 Mill. Dollar schweren Kredite nicht mehr nach, der Wert der Immobilien begann zu erodieren.

Die massiven und in schneller Folge beschlossenen Zinserhöhungen der Federal Reserve erhöhten den Druck ab dem Frühjahr 2022 noch erheblich. Der Wertverfall in einigen Gebäuden beläuft sich laut Eigentümerverbänden auf bis zu 70%. Investoren fürchten, dass es auch nach Abschluss der Signature-Auktion zu weiteren Verlusten kommt.

Allerdings plant die FDIC, weiterhin 95% an den Signature-Kredit- und Assetpools zu halten, die mit mietkontrollierten Wohnungen zusammenhängen. Denn die Behörde ist satzungsmäßig dazu verpflichtet, die Bezahlbarkeit für Mieter mit niedrigem bis mittleren Einkommen zu sichern. Zudem will sie künftig wieder von einem graduellen Anstieg der Immobilienwerte profitieren.

Metropolen wie New York ringen mit einer hohen Leerstandsquote in Bürogebäuden. Foto: Mairo Cinquetti/SOPA Images via ZUMA Press Wire.

Unterdessen fällt die Lage am Gewerbeimmobilienmarkt noch schwieriger aus. Schließlich war Signature einer der führenden Finanzierer der Kategorie in den Vereinigten Staaten, laut dem Datendienstleister Trepp kam das Geldhaus zum Zeitpunkt des Kollapses allein in New York auf einen Marktanteil von 12%. Die Verkäufe aus dem Signature-Portfolio stellen mit einem Volumen von 33 Mrd. Dollar zusammengenommen nun die mit Abstand größte Gewerbeimmobilientransaktion des Jahres dar.

Hungrige Distressed-Investoren

Angeblich hat der Private-Equity-Riese Blackstone in Partnerschaft mit dem Assetmanager Rialto Capital eins der vielversprechendsten Gebote abgegeben, das allerdings ebenfalls einen hohen Discount beinhaltet. Auch andere Distressed-Investoren haben sich nach einem Jahr mit geringer Deal-Aktivität in Stellung gebracht, um von Abschlägen im Rahmen der Auktion zu profitieren. Nach Ansicht von Analysten dürften dies die Preise im Segment auf Jahre hinaus beeinflussen.

Dabei ist der Markt ohnehin schwer angeschlagen. Der Bauboom des vorangegangenen Jahrzehnts sorgt in vielen Metropolen – insbesondere im Süden der Vereinigten Staaten – für ein strukturelles Überangebot an Gewerbeflächen. Verschärft wird der Überhang durch den Homeoffice-Trend aus Coronazeiten. Denn auch nach der Hochphase der Pandemie kehren die Arbeitnehmer nur in äußerst schleppendem Tempo in die Büros zurück. Laut dem Datendienst Kastle schwankt die Belegungsquote im Durchschnitt zehn führender US-Großstädte seit Monaten um die Marke von 50%.

Refinanzierungswelle voraus

Die Liquiditätssituation der Vermieter ist folglich angespannt. Im gesamten Bürosegment ist die Quote der Defaults auf Hypothekenkredite laut Trepp im Oktober auf 5,75% geschnellt. Ein Jahr zuvor lag sie noch bei 1,75%. Damit ist die Rate der Zahlungsausfälle zuletzt deutlich schneller gestiegen als in anderen Gewerbeimmobilien-Segmenten – im angeschlagenen Gastgewerbe und im Einzelhandel zeigen sich sogar leichte Rückgänge. Auf den Büromarkt rollen indes noch bedeutende Herausforderungen zu: Laut dem Vermögensverwalter American Century müssen über die nächsten drei Jahre Gewerbeimmobilienkredite im Volumen von rund 1,5 Bill. Dollar refinanziert werden.

Dabei werden die Schuldner nach Ansicht von Branchenkennern allerdings höhere Zinsen in Kauf nehmen müssen, da die Fed über das Ende ihres aktuellen Restriktionskurses hinaus noch höhere Leitzinsen für längere Zeit signalisiert habe. Dies dürfte laut Analysten auch die Käufer der Kredite aus dem Signature-Portfolio noch vor Probleme stellen.

FDIC in der Kritik

Die FDIC, die den Immobiliendienstleister Newmark Group mit der Auktion beauftragt hat, ist indes selbst in die Kritik geraten. Marktteilnehmer werfen der Einlagensicherung vor, sie hätte die Probleme bei der Signature Bank und den anderen kollabierten Instituten früher erkennen müssen. Interne Untersuchungen machen auch die zahlreichen Abgänge behördlicher Prüfer dafür verantwortlich.

Der politische Druck auf FDIC-Chef Martin Gruenberg wächst. Foto: Jemal Countess/UPI Photo via Newscom picture alliance.

Die personelle Knappheit soll auch darauf zurückzuführen sein, dass Mitarbeiterinnen die Behörde in Scharen verlassen. Zuletzt berichtete das "Wall Street Journal" über ein "toxisches Arbeitsumfeld". Es sei regelmäßig zu Fällen sexueller Belästigung und Diskriminierung gegen Frauen gekommen.

Dadurch ist Behördenchef Martin Gruenberg unter Druck geraten: Ehemalige und aktuelle Mitarbeiter werfen ihm vor, er habe nach Vorwürfen gegen Führungskräfte nicht konsequent durchgegriffen oder Beschuldigte sogar befördert. In einer Videobotschaft an Kollegen entschuldigte sich Gruenberg für das schlechte Arbeitsumfeld bei der FDIC. Trotz Rücktrittsforderungen republikanischer Politiker will der Demokrat offenbar an der Behördenspitze verbleiben.

Von Alex Wehnert, New York
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