Versicherer drängeln am Hybridbondmarkt

Kupons steigen - Gothaer muss 6 Prozent für Nachranganleihe zahlen - Höheres Risiko für Investoren

Versicherer drängeln am Hybridbondmarkt

Die europäischen Versicherer wollen kurz vor dem Start von Solvency II ihre Solvenzquoten päppeln und werfen Nachranganleihen in großer Zahl auf den Markt. Die Investoren freut es, denn die Kupons steigen.Von Antje Kullrich, DüsseldorfEs herrscht fast so etwas wie Torschlusspanik: Die Zahl der Versicherer, die sich vor dem Start der neuen europäischen Aufsichtswelt namens Solvency II am 1. Januar 2016 noch mit frischen Eigenmitteln eindecken wollen, ist groß. Bei der Emission von Nachrangkapital hat das zu einem regelrechten Boom geführt. Bis dato hat die europäische Assekuranz in diesem Jahr bereits Hybridbonds in einem Volumen von rund 15 Mrd. Euro begeben.Doch allmählich zeigt der Markt Sättigungstendenzen. Die Kupons, die vor Monaten für die Branchenriesen noch teilweise unter 4 % lagen, schießen in die Höhe. Die Generali, drittgrößter Versicherungskonzern in Europa, musste vor zwei Wochen den Investoren 5,5 % zugestehen.Für die mittelgroße Gothaer ist es noch teurer geworden. Der Sachversicherer im Konzern, die Gothaer Allgemeine, hat gerade einen Hybridbond platziert, für den sie einen Kupon von 6 % zahlen muss. Mitten in der tiefsten Niedrigzinsphase kommen auf den Kölner Gegenseitigkeitsversicherer damit höhere Finanzierungskosten zu. Denn die neue Anleihe mit einem Volumen von 250 Mill. Euro soll ein altes Papier aus dem Jahr 2006 ersetzen. Das ist jedoch nur mit einem Zinsversprechen von 5,53 % versehen.Neben dem großen Angebot am Markt treiben auch die veränderten Bedingungen die Risikoaufschläge (Spreads). Die neuen Nachränge der Assekuranz bergen mehr Risiko für die Investoren. Damit sie unter dem neuen Aufsichtsregime Solvency II auch vollständig zu den Eigenmitteln gerechnet werden können, müssen sie verschärfte Bedingungen erfüllen. Ihren Bond zum Beispiel kann die Gothaer voll als Tier-2-Kapital anrechnen. Den Investoren allerdings drohen Ausfälle nicht nur im Insolvenzfall. Auch wenn der Versicherer die Kapitalanforderungen nach Solvency II (Solvency Capital Requirement – SCR) zum Zeitpunkt des Zinstermins oder am Rückzahlungsdatum nicht erfüllen, gucken die Gläubiger der Hybridbonds in die Röhre.Auch im vergangenen Jahr waren die Emissionsaktivitäten bereits rege. Das lag daran, dass viele Versicherer das Zeitfenster für das sogenannte Grandfathering nutzten. Die Versicherer konnten bis Jahresende 2014 nach den alten Regeln von Solvency I konzipiertes Nachrangkapital emittieren und dürfen das noch zehn Jahre lang unter Solvency II anrechnen. Opportunität für KleinereGerade für Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, die sich kein frisches Kapital durch die Ausgabe von Aktien holen können, sind Nachranganleihen eine Möglichkeit, Eigenmittellücken zu schließen. “Wir sehen immer mehr kleine Versicherer, die jetzt vor Toresschluss noch etwas machen wollen”, sagt Daniel Grieger von der auf Versicherungspapiere spezialisierten Investmentfirma Twelve Capital in Zürich. Häufig seien das auch Privatplatzierungen, die in den öffentlich zugänglichen Statistiken gar nicht auftauchten.Aus Investorensicht seien die Kupons im Niedrigzinsumfeld teilweise sehr attraktiv, findet Grieger. Nach seiner Meinung zahlten vor allem Versicherer, die für Solvency II ein internes Modell beantragt haben, derzeit einen Risikoaufschlag. Denn sie hätten häufig noch immer keine Klarheit darüber, mit welchen Solvenzquoten sie tatsächlich Anfang Januar in die neue Aufsichtswelt starteten. Für den deutschen Markt zum Beispiel hatte die BaFin erst in dieser Woche erklärt, dass die internen Modellierer voraussichtlich erst im Dezember mit den Genehmigungsschreiben rechnen könnten. Moody’s rechnet mit mehrDie Ratingagentur Moody’s erwartet in den kommenden zwei Jahren einen weiteren Fluss von Bond-Emissionen. Die Analysten sehen als Treiber den Druck auf die Versicherer, ihre Eigenkapitalrenditen zu verbessern. Dadurch würden zahlreiche Unternehmen animiert, einen Teil ihres harten Eigenkapitals gegen Hybridkapital auszutauschen, dass bis zu gewissen Obergrenzen vollständig auf das nötige Solvenzkapital angerechnet werden kann.Als weiteren Treiber bezeichnen die Ratingspezialisten den aus ihrer Sicht anhaltenden M & A-Trend in der Assekuranz. Die Konzerne könnten das Nachrangkapital zur Finanzierung nutzen.