Restschuldversicherung

Versicherer reichen Verfassungsbeschwerde gegen Ein-Wochen-Sperre ein

Die deutschen Versicherer wenden sich mit einer Verfassungsbeschwerde gegen neue Vertriebsvorgaben für Restschuldversicherungen. Eine Wochensperre für den Vertragsabschluss verstoße gegen EU-Vorgaben, argumentiert der Branchenverband GDV. Im Rechtstreit kommt es darauf an, was mit „Bündelung“ genau gemeint ist.

Versicherer reichen Verfassungsbeschwerde gegen Ein-Wochen-Sperre ein

GDV kämpft für Restschuldversicherungen

Bundesverfassungsgericht soll Bruch mit EU-Recht bestätigen – Knackpunkt ist einwöchige Wartefrist für Vertragsabschluss

jsc Frankfurt

Die deutschen Versicherer wenden sich mit einer Verfassungsbeschwerde gegen neue Vertriebsvorgaben für Restschuldversicherungen. Eine Wochensperre für den Vertragsabschluss verstoße gegen EU-Vorgaben, argumentiert der Verband GDV. Im Rechtstreit kommt es darauf an, was mit „Bündelung“ genau gemeint ist.

Die einwöchige Wartefrist für den Abschluss von Restschuldversicherungen verstößt nach Lesart des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) gegen europäische Vorgaben: Der Branchenverband habe mit 22 weiteren Versicherern und Banken Verfassungsbeschwerde eingereicht, wie der GDV am Montag bekanntgab. Laut dem stellvertretenden Hauptgeschäftsführer Moritz Schumann sind die Vorgaben „europarechtswidrig“.

Der Verband beruft sich auf den Wortlaut der EU-Verbraucherkreditrichtlinie. „Die Mitgliedstaaten erlauben Bündelungsgeschäfte, untersagen jedoch Kopplungsgeschäfte“, gibt Artikel 14 Absatz 1 vor. Eine Restschuldversicherung darf also nicht Voraussetzung für einen Kreditvertrag sein, jedoch dürfen beide Verträge zusammen angeboten werden.

Exegese einer EU-Verordnung

Gemäß der Begriffsbestimmung von „Bündelungsgeschäft“ ist der Abschluss des Kreditvertrags „in einem Paket gemeinsam mit anderen gesonderten Finanzprodukten oder -dienstleistungen“ möglich. Der GDV schließt daraus, dass einer „zeitgleicher Abschluss“ möglich sein muss. Das Wort „zeitgleich“ findet sich im EU-Regelwerk allerdings nicht.

Der GDV will eine „reelle Chance“ erkannt haben, dass das Bundesverfassungsgericht sich der Sichtweise des Verbands anschließt. Auch weitere Klagewege stehen im Verband zur Diskussion. So zielt der Verband auf eine „Entscheidung vor dem Europäischen Gerichtshof“, wie er auf Nachfrage festhält. Konkret wird der Verband dabei allerdings nicht.

Langer Streit prägt Branche

Die Fronten im Streit über Restschuldversicherungen sind verhärtet: „Stark überteuert, häufig löchrig und teils vollkommen unnötig“ sind die Verträge aus Sicht des finanzkritischen Vereins Bürgerbewegung Finanzwende. Der Bund der Versicherten zählt die Restschuldverträge zu einer Gruppe aus „unsinnigen Versicherungen“. Umfangreiche Abschlussklauseln, Wartezeiten und hohe Beiträge im Vergleich zur versicherten Leistung sind demnach prägend.

Auch die Finanzaufsicht BaFin moniert Mängel: Zwar gehe die Freiwilligkeit des Abschlusses einer Restschuldversicherung aus den schriftlichen Unterlagen hervor, wie die Aufsicht nach verdeckten Testkäufen im vergangenen Jahr berichtete. „Eine mündliche Information über die Freiwilligkeit des Abschlusses bei der Beratung ist jedoch – primär bei den Kreditinstituten – nicht in jedem Fall erfolgt.“ Auch fühlten sich die Testkunden in einigen Fällen unter Druck gesetzt, den Vertrag zu unterzeichnen, wie die BaFin festhält.

Preise fielen nach Provisionsdeckel

Der Anteil der Versicherungsfälle liegt nach einer zugehörigen Umfrage unter Banken bei weniger als 3%. Die Beiträge liegen derweil in einer Musterrechnung für eine Kreditsumme von 10.000 Euro und einer Versicherungsdauer von fünf Jahren bei 961 Euro für einen Kunden von 35 Jahren. Für einen älteren Kunden liegt die Summe sogar noch höher. Auch war die Beitragshöhe ein Jahr vor der Einführung des Provisionsdeckels demnach höher. Die BaFin ermittelt für die Beispielrechnung einen Preisrückgang von 16% zwischen den Jahren 2021 und 2022.

Die Branche wehrt sich bereits seit Jahren gegen die Kritik: Sowohl Banken als auch Versicherer legten „Selbstverpflichtungen“ auf, um Standards in der Branche auf freiwilliger Basis zu etablieren. Verständliche Unterlagen, Teilerstattung bei Kündigung, ein klarer Hinweis auf Freiwilligkeit und ein Hinweis auf Leistungsausschlüsse in der Beratung sind demnach Punkte, die zahlreiche Unternehmen in Aussicht stellen.

Millionenbeträge gehen durch die Lappen

Für die Branche geht es um viel Geld: 29% aller Ratenkredite sind im Jahr 2023 nach einer Umfrage des Bankenfachverbands, der kreditausreichende Banken vertritt, mit einer Restschuldversicherung versehen. Auch der langjährige Durchschnitt liegt in dieser Größenordnung.

Der Provisionsdeckel wiederum führt bereits zu Mindereinnahmen vermittelnder Konsumkreditbanken. So berichtet die Teambank aus der Gruppe der Kreditgenossen von rückläufigen Erträgen in Höhe von 22 Mill. Euro im Jahr 2023, wie im Geschäftsbericht der Mutter DZ Bank zu lesen ist. Bereits im Vorjahr gab der Provisionsüberschuss aus diesem Grund nach.

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